Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
Vom Netzwerk:
auf die er lange draufschaute. Eine Art Cary Grant für Arme. Er war allerdings ein Egomane, sondergleichen. Er konnte einfach nicht verstehen, dass Marlene ihn verschmähte.
    „So eine schöne Frau sollte nicht allein sein.“
    So abgedroschene Sätze purzelten aus seinem aalglatten Gesicht, auf dessen Nase immer eine silberfarbene Brille klebte. Marlene runzelte die Stirn und sagte, ihr Interesse an Männern sei erloschen. Es täte ihr leid.
    Walter Turner hielten diese Aussage nicht davon ab, lange Zeit ununterbrochen um Marlene zu werben. Wenn ich Zeuge dieser Anmachen wurde, weil ich zufällig im Radverleih war, drehte ich fast durch. Mich nahm der Typ keinesfalls ernst. Ich war ein Laufbursche für ihn. Ein Nichts. Unsichtbar.
    „Lass doch den Zausel“, sagte Marlene immer, wenn ich hinterher dreinschaute wie ein Schluck Wasser.
    „Ich liebe dich. Du bist mein König.“
    Genau das hat sie gesagt und dabei geschmunzelt. Irgendwann gab der Turner auf, aber nur, weil er eine gefunden hatte, die sich von seinem Getue beeindrucken ließ. Ich fragte Marlene auch nach meinen Vorgängern. Sie war nicht besonders gesprächig, was das anging. Es täte nichts zur Sache. Was war, das war, sagte sie immer.
    Nur einmal in einem schwachen Moment erzählte sie mir von ihrer Jugendliebe. Einem gewissen Thomas. Der aber schon lange fortgezogen war. Dieser Thomas war laut Marlene der schönste Junge, den sie jemals gesehen hatte. Sie waren wohl fast Kinder, aber verbrachten sämtliche Zeit zusammen. Bis er eben fortzog. Mehr weiß ich darüber nicht. Nur dass ich bis heute auf den Namen Thomas allergisch bin wie auf Bienenstiche.
    Als der Frühling langsam in Sicht kam, beschlossen wir tatsächlich nach meiner Ausbildung wegzugehen. In eine andere Stadt oder ein anderes Land. Was weiß ich. So langsam vertraute Marlene der Situation, und ich glaube, sie konnte sich ein Leben ohne mich damals nicht mehr vorstellen.

    Mir taten die Augen weh, vom Lesen. Immer wieder nickte ich ein. Diese Geschichte mit Emma war mir zuwider. So bedrängt zu werden, war das Schlimmste. Ich konnte es selber kaum glauben, aber Louis tat mir leid, und ich ärgerte mich über meine Mutter, die sich dermaßen ängstlich verhalten hatte. Allerdings war das etwas, dass endlich zu ihr passte. Was ich verstand. Ich wusste ja, wie ihre Moralvorstellungen ausgesehen hatten ... und dass ihre Liebe zu Louis einen unvorstellbaren inneren Kampf in ihr ausgelöst haben muss.
    Im Traum erschienen mir sämtliche Personen, die neuer-dings in meinem Leben eine Rolle spielten. Louis, Luise, Mikkel, Stefan. Niemand hatte einen Kopf. Ich wusste trotzdem, wer zu welchem Rumpf gehörte. Meine Versuche allen zu sagen, dass ihre Köpfe fehlten, gingen schief. Dann merkte ich, dass ich selbst keinen hatte. Schweißgebadet wachte ich auf und konnte wieder lange nicht einschlafen.

9. Vorahnung
    Die alte Dame an der Rezeption wünschte mir alles Gute. Ich hatte den Eindruck, dass ich der einzige Gast war. Während der gesamten Zeit hatte ich niemanden zu Gesicht bekommen. Kein einziger Ton war durch die Wände in mein Zimmer gedrungen. Ich zahlte einen Betrag, der so gering war, dass ich mich schämte, und versprach, bald wiederzukommen. Obwohl ich mir das kaum vorstellen konnte.
    An meinem Polo klebte ein Zettel hinter dem Scheibenwischer. „Geh in den Zeitungsladen. Dort ist etwas für Dich hinterlegt. L.“ Was konnte das sein? Die Dame im Kiosk überreichte mir einen gefütterten Umschlag. Darin befand sich eine CD, die offensichtlich selbst gebrannt war und kein Cover hatte.
    Ich schob sie erst in den CD-Player, als ich die Stadt eine Weile hinter mir gelassen hatte. Luise hatte das Lied mit Ray Charles auf CD gebrannt. Wir hatten dazu getanzt. Es war zwölf mal hintereinander zu hören. Und zwar in Schleife. Ich freute mich dermaßen, dass ich vergaß auf mein Tempo zu achten. Das Tacho zeigte einhunderzwanzig Kilometer die Stunde an. Und das in einer Ortschaft. Ich trat ordentlich auf die Bremse.
    Auf der Fahrt dachte ich über Marlene und Louis nach. Und darüber, ob Emma ihre Beziehung zerstört hatte. Obwohl man eine Zerstörung ja wohl auch erstmal zulassen musste. Jemanden so offensichtlich zu vergöttern, wie Emma Louis Kampen, war mir völlig fremd. Sich an jemanden zu hängen, bei dem man sich schon sehr viel vormachen muss, damit man sich einbilden konnte, zurückgeliebt zu werden, war doch psychotisch. Beängstigend.

    Ich war nicht mal fünf Tage von zu

Weitere Kostenlose Bücher