Ich hasse dich - verlass mich nicht
Einzel- oder Gruppensitzungen oder in der Familientherapie eingesetzt werden. Die meisten dieser Methoden leiten sich aus zwei Hauptrichtungen ab: aus der psychodynamischen Psychotherapie und der kognitiven Verhaltenstherapie. Bei der erstgenannten dienen Gespräche über die Vergangenheit und Gegenwart zum Aufdecken von Mustern, die möglicherweise eine produktivere Zukunft aufbauen können. Diese Form der Therapie, bei der mehrere Sitzungen pro Woche stattfinden, ist intensiver und wird normalerweise über einen längeren Zeitraum fortgesetzt. Eine effektive Therapie muss ein strukturiertes, beständiges Format mit klaren Zielen haben. Dennoch muss sie auch Flexibilität bieten, damit sie sich den ändernden Anforderungen anpassen kann. Beim kognitiven Verhaltensansatz steht das Ändern der aktuellen Denkprozesse und sich wiederholender Verhaltensweisen, die den Patienten lähmen, im Mittelpunkt. Diese Art der Therapie beschäftigt sich weniger mit der Vergangenheit. Die Behandlung ist stärker auf die Probleme ausgerichtet und oft zeitlich begrenzt. In einigen Therapieprogrammen werden beide Behandlungsrichtungen kombiniert.
Unabhängig von der Struktur versucht der Therapeut die Patienten dazu anzuleiten, ihre Erfahrungen zu untersuchen. Er dient praktisch als Prüfstein für neue Verhaltensweisen. Schließlich akzeptiert der Patient seine eigenen Wahlmöglichkeiten im Leben und ändert sein Selbstbild, das bisher darin bestand, dass er sich als Schachfigur betrachtete, die von Mächten außerhalb seines Kontrollbereichs bewegt wurde. Ein großer Teil dieses Prozesses entsteht aus der primären Beziehung zwischen Therapeut und Patient. Während der Therapie entwickeln beide intensive Gefühle, die als Übertragung und Gegenübertragung bezeichnet werden.
Übertragung
Die Übertragung bezieht sich auf die unrealistischen Projektionen von Gefühlen und Haltungen des Patienten, die dieser früher mit anderen wichtigen Menschen in seinem Leben erlebt hat, auf den Therapeuten. Der Patient kann beispielsweise wütend auf den Arzt werden, was nichts mit der realen Aussage des Arztes zu tun hat, sondern mit dem Gefühl, dass der Arzt wie die Mutter ist, die in der Vergangenheit im Patienten viel Zorn ausgelöst hat. Eine Patientin könnte das Gefühl haben, dass sie sich in ihren Therapeuten, der in ihrer Fantasiewelt eine allmächtige, beschützende Vaterfigur darstellt, verliebt hat. An sich ist die Übertragung weder negativ noch positiv; aber sie ist immer eine Verzerrung, eine Projektion vergangener Emotionen auf aktuelle Objekte.
Die Borderline-Übertragung ist wahrscheinlich sehr unbeständig, wie jeder Aspekt des Lebens des Patienten. Der Betroffene wird den Therapeuten in einem Moment als fürsorglich, kompetent und ehrlich sehen und im nächsten als betrügerisch, unaufrichtig und gefühllos. Diese Verzerrungen machen die Etablierung einer Allianz mit dem Therapeuten sehr schwierig. Aber gerade der Aufbau und die Aufrechterhaltung dieser Allianz ist der wichtigste Teil jeder Therapie.
Im Anfangsstadium der Therapie sehnt sich der Borderline-Patient nach der Nähe des Therapeuten und fürchtet sie gleichzeitig. Er möchte umsorgt werden, hat aber Angst, erdrückt und kontrolliert zu werden. Er versucht den Arzt dazu zu verführen, dass er sich um ihn kümmert, und rebelliert gegen dessen Versuche, »sein Leben zu kontrollieren«. Wenn der Therapeut gegenüber seinen Schimpftiraden standhaft und unbeirrt bleibt, entwickelt sich eine Objektkonstanz – der Borderline-Patient vertraut darauf, dass der Therapeut ihn nicht verlassen wird. Von dieser anfänglichen Vertrauensbasis aus kann die Borderline-Persönlichkeit neue Beziehungen wagen und vertrauensvollere Kontakte etablieren. Zu Anfang kann der Erhalt derart neuer Freundschaften für die Borderline-Persönlichkeit jedoch schwierig sein, da sie möglicherweise in der Vergangenheit den Aufbau neuer Verbindungen als eine Form von Treulosigkeit empfunden hat. Sie befürchtet vielleicht sogar, dass ihr Partner, Freund oder Therapeut eifersüchtig und zornig wird, wenn sie ihre sozialen Kontakte erweitert.
Wenn der Patient Fortschritte macht, richtet er sich mit einer behaglicheren, vertrauensvolleren Abhängigkeit ein. Gegen Ende der Therapie kann es jedoch wieder zu Unruhe in der Beziehung kommen. Möglicherweise sehnt er sich zurück zu seinen früheren Verhaltensweisen und ist böse, weil er weitermachen muss; er fühlt sich vielleicht wie ein Schwimmer,
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