Ich, Heinrich VIII.
Bett, während Maria sich zurückzog und sich in ein Nachtgewand kleidete. Katharina und ihre Zofen warteten, bis sie, in einen prächtigen Schlafrock gehüllt, wieder zum Vorschein kam, und gaben ihr dann majestätischen Schritts das Geleit zum Bett, wo sie sie rücklings auf das seidene Laken legten und ihr Haar glätteten.
Dann erschien der Duc de Longueville am Fußende des Bettes; er trug eine rote Hose und Stiefel, die man ihm nun feierlich auszog und säuberlich Seite an Seite aufstellte. Unterstützt von Wolsey und Brandon stieg er seitlich auf das Bett, legte sich neben Maria nieder und berührte ihren Fuß mit seinem nackten Bein. In dieser Stellung verharrte er, während die Zuschauer ihn aufmerksam betrachteten. Erzbischof Warham spähte über sie hin und verkündete feierlich: »Die Ehe ist vollzogen!« Sodann brachen die Zeugen in Jubel aus und überschütteten Maria und de Longueville mit einem Regen von Blumen.
De Longueville setzte sich auf und begann zu scherzen. »Schneller ging’s als bei einem Fünfzehnjährigen, und dabei bin ich doch eines Alters mit Seiner Hoheit! Wäre dies alles, was man dabei fühlt, so fände sich kaum ein Mann, der zu solchem Behuf vom Felde nach Hause eilte!«
Maria erhob sich errötend (wie es einer sittsamen Braut zukam) vom ehelichen Lager und kleidete sich zum dritten Mal um, in ein Ballkleid diesmal, denn Bankett und Ball sollten gleich folgen. Die Gäste strömten in Scharen zum Bankettsaal, derweil Wolsey, Katharina, de Longueville und ich zurückblieben und auf Maria warteten.
»Gut gemacht«, sagte ich. »Du hast mitgeholfen, eine Königin zu schaffen. Es wird das Bankett zweier Königinnen werden – der Königin von England und der Königin von Frankreich.« Ich hoffte, Katharina damit zu schmeicheln; ich hatte den spanischen Botschafter von all diesen Feierlichkeiten absichtlich ausgeschlossen, was sie erbost hatte.
»Wäre Eure andere Schwester nur auch hier; dann wären es drei Königinnen«, war ihre belanglose Antwort; wenn sie entschlossen war, sich unnahbar zu zeigen, dann sollte es so sein. Ich wandte mich an de Longueville.
»Ihr seid nun ein freier Mann. König Ludwig hat das Lösegeld für Euch gezahlt.« Und ein fettes Sümmchen war es gewesen; ich hatte es sogleich in meine Privatschatulle fließen lassen. »Wenngleich ich sagen muss, dass Ihr Eure ›Gefangenschaft‹ in französischem Stil verbracht habt.«
Er lächelte und beantwortete dann meine unausgesprochene Frage. »Ja. Mistress Popincourt geht mit mir. Ich werde sie in meinen Gemächern im Louvre unterbringen.« De Longueville hatte sich – natürlich – während seines kurzen Aufenthalts bei uns mit einer Geliebten versehen. Ich kam zu dem Schluss, es sei höchste Zeit, dass ich es gleichfalls tat.
Maria trat zu uns, blendend schön in einem Kleid aus königsblauer Seide.
Wolsey verneigte sich tief. »Ihr strahlt wie die Engel auf den Gemälden der italienischen Meister«, murmelte er. »Ganz blau und golden.«
»Meine Königin.« De Longueville verbeugte sich.
Maria machte ein erschrockenes Gesicht. Die Verwandlung der Tudor- Prinzessin in die französische Königin war schnell gegangen, und sie war vollkommen.
Katharina ging zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Nun sind wir Schwesterköniginnen«, sagte sie.
Zu fünft betraten wir den Bankettsaal, wo uns die ganze Gesellschaft erwartete: Glühende Farbflecke vor dem sahnigweißen Stein der Halle. Das Kerzenlicht schimmerte vergrößert auf den Vergoldungen allenthalben.
Maria wurde wieder und wieder gefeiert. Ich führte den ersten Tanz mit ihr an: Bruder König und Schwester Königin. Ich wusste, wir boten einen atemberaubenden Anblick; die Jugend und die Kraft und die Farben ließen uns übermenschlich erscheinen. Tatsächlich war mir an jenem Abend, als sei ich mehr als ein gewöhnliches Menschenwesen, jedenfalls mehr als das, was ich sonst war mit all meinen Grenzen und Empfindsamkeiten.
Katharina tanzte nur die getragene Basse Danse und die Pavane, jene einleitenden Tänze, bei denen die ganze Gesellschaft ihre Garderoben zur Schau trug. Sie war jetzt im achten Monat, und alles war gut verlaufen. Ich sorgte dafür, dass ihr Thronsessel mit zusätzlichen Samtkissen gepolstert war und dass sie eine Fußbank für ihre geschwollenen Füße
hatte.
Somit stand es mir frei, zu tanzen, mit wem es mir beliebte, und es waren viele Frauen da, die mir gefielen. Katharinas Hofdamen, vor allem die Ehrenjungfern,
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