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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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einmal seine ›Fünfundneunzig Thesen‹ lesen, die er zu Wittenberg an die Kirchentür genagelt haben soll. Beschafft mir doch eine Kopie davon. Ihr wisst, ich habe Vergnügen an der Theologie.« Mehr als Wolsey selbst, möchte ich behaupten.
    »Jawohl, Eure Majestät. Er hat damit einigen Aufruhr in Deutschland verursacht. Die Kirche dort war – nun, ziemlich korrupt. Und Papst Leo – wirklich, es war töricht von ihm, dass er versucht hat, Geld für seine neue Basilika zu sammeln, indem er Ablässe verkaufte. Ich weiß wohl, es schien ganz einfach zu sein, aber es war doch allzu durchsichtig. Zumal da das ganze Projekt einer neuen Peterskirche fragwürdig war. Viele aufrechte Leute sehen die Notwendigkeit dazu ganz und gar nicht ein. Das alles war überhaupt Papst Julius’ Idee. Und dann starb Julius und ließ Leo in der Tinte sitzen!«
    »Wie rücksichtslos. Der einzige Ausweg für Leo besteht darin, dass er auch stirbt. Aber die Kirche könnte in der Tat eine Reformation vertragen …« Gegen meinen Willen erinnerte ich mich an die Priorei von St. Lawrence mit ihren fetten, weltlichen, manierierten Mönchen. Da war kein Luther unter ihnen. Da gab es keine gequälten Seelen. »Die Priorei von St. Lawrence, die Ihr fördert, ist ein Beispiel dafür.«
    Er fächelte sich mit raschen Bewegungen Kühle zu, und das parfümierte Holz verströmte seinen Duft. »War es dort nicht zu Eurer Zufriedenheit? War es unsauber? War die Unterkunft nicht bequem?«, fragte er beunruhigt.
    »Doch, doch. Aber es schmeckte dort mehr nach dem Palast des Herodes denn nach der Herberge zu Bethlehem.«
    »Ich gedenke es bald zu schließen«, sagte er hastig, »und mit dem Ertrag das College zu gründen, das ich zu Oxford geplant habe.«
    »Ach ja. Cardinal’s College. Die reichen Mönche weichen also armen Gelehrten. Gut. Und … Mistress Blount? Habt Ihr …?« Ich ließ meine Frage im Raume schweben.
    »Sie wurde vor zwei Wochen verheiratet. Ich musste sie einem meiner Mündel anvermählen, aus Lincolnshire. Ich habe mir Zeit genommen, Eure Majestät, und mich umgesehen, aber ich musste mich schließlich begnügen. Das Vermögen ist stattlich.« Er zuckte entschuldigend die Achseln.
    »Wer war es denn?«
    »Gilbert Tailboys.« Er schwieg einen Augenblick lang. »Der Sohn des verrückten Lord Kyme.«
    »Lord Kyme wurde vor zwei Jahren für wahnsinnig erklärt! Ich erinnere mich an das Gerichtsverfahren!«
    »Ja. Sein Vermögen ging deshalb auf seinen Sohn Gilbert über, obgleich Lord Kyme immer noch am Leben ist.«
    »Ist es – dieser Wahnsinn – was für eine Art ist es?«
    »Ich glaube nicht, dass er erblich ist.«
    Aber er war es vielleicht doch. In seiner Jugend war Lord Kyme auch völlig normal erschienen. Beim Heiligen Blute, wozu hatte ich Bessie da verurteilt? Zur Ehe mit einem Mann, der jederzeit den Verstand verlieren konnte?
    »Es war nicht leicht, sie zu verheiraten, Eure Majestät. Es konnte nur jemand sein, dessen Hintergrund ein wenig zweifelhaft war.«
    Wie der ihre. Meinetwegen.
    »Wo sind sie jetzt?«
    »In Lincolnshire. Dort wohnen sie auf Skelyngthorpe Castle, am Rande des großen Waldes vom Kyme.«
    Begraben in der Wildnis des Nordens, und der einzige Gefährte ein Mann mit beginnendem Irrsinn.
    Bessie, verzeih mir.
    Nein, sie konnte mir nicht verzeihen. Ich würde es auch nicht tun, hätte jemand mir solches Unrecht zugefügt.
    »Wo ist mein Sohn?«
    Wiederum das unbehagliche Eingeständnis, dass etwas schief gegangen sei. »Bei seiner Mutter.«
    »Aber …« Ich hatte befohlen, er solle als Mündel in Wolseys Obhut bleiben.
    »Sie hat um ihn gebettelt, Eure Majestät. Also erlaubte ich ihr, ihn bei sich zu behalten, bis er entwöhnt ist. Dann wird er zu mir kommen. Ich habe sie ein Dokument dieses Inhalts unterschreiben lassen«, versicherte er mir.
    »Es wird unmöglich sein, ihn zurückzuholen.«
    »Schwierig, aber nicht unmöglich. Der Vorteil solcher Entfernung vom Hofe liegt darin, dass niemand von seiner Existenz erfahren muss – es sei denn, Ihr wolltet, dass es bekannt wird.«
    »Ja.« Das stimmte. Weshalb vor Katharinas Nase mit ihm prahlen? Sein Dasein wäre nichts als eine beständige Qual für uns beide, während er Bessie vielleicht ein wenig Freude bringen könnte.
    Ich wünschte nicht länger über dieses schmerzliche Thema zu sprechen. Es war abgeschlossen für alle Zeit.
    »Das Zusammentreffen mit Franz«, sagte ich.
    Wolsey verstand immer, was ich meinte. »Ihr werdet es kaum glauben, aber

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