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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Heinrich war beunruhigend.
    Meine Gemahlin hatte ein Monstrum geboren. Meine Geliebte einen gesunden Sohn.
    Es war klar: Gott sandte mir eine Botschaft. Sie war so laut, dass nicht einmal ich darüber hinweggehen konnte.
    Ich verbrachte den Rest dieses langen Sommertages im Kloster. Bessie entschlummerte; sie schlief den Schlaf der Jugend und der Gesundheit, ungestört von Gewissensqualen, erschöpft von natürlicher Körperlichkeit.
    Die Priorei war eine hübsche kleine Gemeinde. Sie schmiegte sich in die leicht welligen Hügel von Essex, inmitten von grünen Anhöhen. Alles erschien mir geordnet und über das Alltägliche erhaben. Ich wanderte durch die Ställe, durch das Kräutergärtlein der Küche, den größeren Gemüsegarten. Alles war in vortrefflicher Ordnung, als könne jeden Augenblick der Herr erscheinen und eine Haushaltsinventur verlangen. Indem er die Angeln des Tores zwischen dem Kräuter- und dem Küchengarten polierte, hieß ein unbekannter Bruder Gott selbst willkommen – denn wer wusste, wann Er kommen würde?
    Aber zugleich war die Behausung des Priors so ausgestattet, dass sie den Eindruck von Luxus vermittelte. Der Prior würde behaupten, dies diene dem Kloster zu Ehren. Aber ehrte man damit Christus? Würde Christus über ein Daunenbett verfügen – für den Fall, dass Gäste kämen? Gleichwohl würden ihm Gäste gewiss willkommen sein. Und wir sind geheißen, uns für sie bereitzuhalten. Was aber verlangt Er von uns – ein Daunenbett oder eine Strohschütte?
    Heinrich Fitzroy wurde in der Kapelle der Priorei getauft – ein zierliches Ding mit Steinmetzarbeiten, die wie Klöppelspitze aussahen –, und Bessie und ich waren dabei zugegen. Wolsey war Pate, und Bessies Schwester Katherine sowie eine Nonne aus dem nahe gelegenen Konvent von Chelmsford waren die Patinnen. Sein Taufkleid kam von der Familie Blount, genäht und gestickt von einer Frau auf den von ihren Ahnen ererbten Ländereien in Lincolnshire. Sie würden Heinrich Fitzroy zu einer Familienlegende machen. Das war gut so, denn ich konnte ihm wenig bieten. Da war es gut, dass sie ihm viel zu bieten hatten.
    Ich stand vor Bessie und hielt sie umschlungen.
    »Wir haben einen Sohn«, sagte ich. »Das verbindet uns für alle Zeit.«
    »Nicht, wie ich es mir wünsche, in unseren Herzen. Ach, Heinrich, ich …«
    Ich hielt ihr die Hand vor den Mund. Da ich ihr mein Herz nicht geben konnte, wollte ich das ihre nicht haben. Dergleichen konnte man mir nicht anvertrauen.
    »Bessie, du hast mein Bestes bekommen.«
    Ich berührte ihr Haar – ihr wunderbares, volles Haar.
    Ich hatte die Wahrheit gesagt. Sie hatte mein Bestes bekommen, und es war ein trauriges, krummes Ding, mein Bestes. Aber wir hatten einen Sohn.

XXVIII
    W olsey und ich saßen in einem privaten Zimmer in York Place. Obwohl es Juli war und die sommerlichen Geräusche von der Themse durch das offene Fenster zu hören (und die Gerüche zu riechen) waren, machte Wolsey keinerlei Zugeständnis an die Jahreszeit. Der karmesinrote Satin seines Gewandes war granatfarben verfärbt, wo der Schweiß hindurchgedrungen war, aber nur der spanische Fächer, dessen er sich bediente, wies darauf hin, dass ihm warm sei. Es war ein großer Fächer, wie man ihn bei spanischen Tänzen benutzte; Katharina hatte ihn einmal zum Geschenk gemacht, um so zu tun, als sei sie ihm wohl gesonnen.
    »Franz hat verloren«, sagte er. »Das Geld hat nicht gereicht.« Er deutete auf den Brief, der diese Neuigkeit enthielt.
    »Gut.« Jedes Goldstück, das in Franz’ Schatulle fehlte, machte mich froh. »Es war töricht von ihm, es in dieser Weise hinauszuwerfen.« Maximilian war gestorben und hatte das Amt des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches unbesetzt hinterlassen. Franz hatte versucht, die Stimmen der deutschen Kurfürsten zu kaufen, aber Karl hatte ihn überboten. Jetzt war Karl Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Spanien. Niemand war überrascht – außer Franz.
    »Der Habsburger Knabe steht fest mit einem Fuß in Spanien und mit dem anderen in Deutschland«, sagte Wolsey leise.
    »So kann er auf ganz Frankreich pissen.« Ich lachte über meinen Schuljungenscherz.
    Wolsey lächelte nachsichtig. »Ja.«
    »Was hat es eigentlich auf sich mit diesem verrückten Mönch?«, fragte ich unvermittelt, denn ich sah, dass Wolsey nicht auf der Hut war. So etwas machte mir Spaß, aus Gründen, die ich gar nicht erst erforschen möchte.
    »Der Deutsche? Luther?«
    »Ja, der. Ich würde gern

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