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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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keine Brüder, die ihn fördern könnten – die beiden könnten einander helfen.«
    »Du fährst also fort, deinen Bankert zu erhöhen!«, entgegnete sie. »Vergiss ihn! Er ist ein Teil deiner Vergangenheit! Warum blickst du immer zu ihm zurück, wenn wir doch eigene Söhne haben werden?«
    »Wenn wir welche haben, werde ich sie als Thronerben ehren. Fitzroy ehre ich als meinen Sohn und als Knaben, der Aufmerksamkeit und Zuneigung braucht. Genau wie Henry Howard. Sie werden beide arg vernachlässigt.«
    »Heinrich, der barmherzige Samariter«, höhnte sie – oder täuschte ich mich? »So sehen andere dich nicht.«
    »Wenn du Königin sein willst«, erinnerte ich sie, »musst du aufhören, dir darüber den Kopf zu zerbrechen, wie das unwissende Volk dich sieht. Deine Sorge soll sein, wie Gott, der alles sieht, dich wahrnimmt.«
    Schweigend verspeisten wir das Kaninchen – es war köstlich mit Kräutern gewürzt, die ich nicht erkannte. »In zwei Tagen tritt das Parlament zusammen«, sagte ich dann. »Sie werden über die Gesetzesvorlagen hinsichtlich unserer Ehe und Elisabeths Thronfolge beschließen.«
    Dies ist der Augenblick, wollte ich fortfahren. Der Augenblick, da meine Liebe zu dir Gesetz wird und die Missachtung dieses Gesetzes Verrat. Meine private Leidenschaft war zu einer Sache des gesetzgebenden Gremiums geworden.
    »Der Eid, der abgelegt werden soll … als Erstes wird das Parlament ihn leisten.«
    »Und dann jedermann«, fügte sie leise hinzu.
    »Es wird nichts weiter nötig sein, als dass … dass der Schwörende erklärt, dass Elisabeth die Erbin des Thrones sei, sofern wir nicht noch Söhne haben werden.«
    »So einfach. Wie viele Worte?«
    »Zwanzig, dreißig. Aber … es steht Bedeutsames hinter den Worten. Wir wissen, was es ist. Es wird einige, vielleicht viele geben« – wie viele? –, »denen es womöglich schwer fallen wird, den Eid zu leisten.«
    »Weil sie nicht die Worte des Eides hören, sondern die gedachten Worte, die dahinter stehen.«
    »Ja.«
    Das Essen war beendet. Die Reste, die Teller boten wie bei allen beendeten Mahlzeiten einen widerlichen Anblick. Ich konnte den Tisch nicht schnell genug verlassen. So erhob ich mich, und wir begaben uns zu einer gepolsterten Bank am anderen Ende des Zimmers. Ich läutete, auf dass man die Reste des Essens entferne.
    »Der Eid ist mein Liebesschwur an dich«, beteuerte ich. »Er ist das größte Opfer, das ich dir darbringen kann.«
    Sanft legte sie mir die Hand auf die Schulter.
    In diesem Augenblick kam der Diener herein, um abzuräumen, und wir erstarrten in unseren Worten und Taten, aber nicht in unseren Gedanken.
    »Du wirst nicht zurückweichen?«, fragte sie. »Auch wenn vielleicht solche, die dir am Herzen liegen, dir teuer sind, sich weigern, den Eid zu leisten?«
    »Zurückweichen?«
    »Dich weigern, sie zu bestrafen? Sie die Strafe für Hochverrat erleiden zu lassen?«
    »Ich weiche nie zurück.«
    Wer würde nicht schwören? Einige gewiss; ich weigerte mich, vorherzusagen, was Einzelne tun würden … die, die ich liebte …
    Anne war bei mir, Anne, für die dies alles geschehen war. Anne war schön, und um sie zu besitzen, hatte es sich gelohnt, dies alles in Bewegung zu setzen. Und jetzt wollte ich sie haben.
    Ja, ich wollte sie! Das Wunder geschah, meine Kraft war zurückgekehrt …
    Und wir verschmolzen miteinander auf alte und magische Weise und wurden wahrhaft ein Fleisch.
    Und Adam erkannte sein Weib. Ich kannte Anne, oder ich hatte doch das Gefühl, sie zu kennen. Kannte jede Sehne, jeden Knochen, ganz so wie mich selbst …
    Das glaubte ich wenigstens.

LVIII
    A m Mittag des dritten Tages nach meiner Heimkehr begab ich mich in einer Staatsparade zum Parlament. Da die Themse gefroren war, konnte ich mich nicht mit der königlichen Barke nach Westminster rudern lassen, wo beide Häuser zusammenkamen. Stattdessen musste ich zu Fuß den Strand entlanggehen, mit meinem ganzen Gefolge aus Hofstaat und Beratern, unter einem königlichen Staatsbaldachin, das Zepter Englands in der Hand. Aber befriedigt sah ich, dass die Fenster immer noch offen standen und die Leute immer noch die Köpfe herausstreckten, um einen Blick auf ihren König zu werfen, und dass ihr Jubel ein freudiger war. Was würde daraus werden, wenn das Parlament die Gesetze beschlossen hätte?
    Im Vorraum des Palastes zu Westminster legte ich die schweren, mit Gold und Hermelin verbrämten Gewänder an und ließ mir die Krone aufs Haupt setzen. »Der König im

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