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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Schwur getan werden im ganzen Lande. Wer diesen Schwur tut, dessen Name soll in das Register seines Bezirkes eingetragen werden. Dann ist er wohlverwahrt in der Gewissheit, dass seine Loyalität aktenkundig ist, sodass kein Feind ihm etwas anhaben kann.« Er schaute in die Runde. »Euch hier im Parlament sei die Gnade gewährt, diesen Schwur als Erste zu tun. Sodann mögt Ihr andere ermächtigen, ihn dem Volke abzunehmen.« Ich winkte ihm, sich wieder zu setzen.
    »Es wird ein einfacher Eid sein«, fuhr ich fort. »Er erfordert nichts weiter als das Anerkenntnis des Thronfolgegesetzes – welches Ihr in dieser Legislatursitzung verabschieden werdet, des Inhalts, dass die Ehe mit der Prinzess-Witwe gegen Gottes Gesetz verstieß und irdischem Dispens nicht unterliegen konnte und dass die Thronfolge der Nachkommenschaft des Königs durch Königin Anne gebührt. Das ist alles. Jeder erwachsene Untertan wird öffentlich beschwören, dass er dieses Gesetz ›in Inhalt und Absicht‹ befolgen und beachten wird. Zur Bekräftigung mögt Ihr die Bibel küssen – oder, wenn es Euch lieber ist, eine heilige Reliquie. Es wird nur einen Augenblick dauern. Aber wie auch die Taufe nur einen Augenblick dauert und uns doch von der Erbsünde reinigt, so wird dieser Eid Euren Leib vor dem Makel des Verrates bewahren.«
    Das schienen sie zu verstehen, und sie zeigten sich bereit, meinen Wünschen zu willfahren.

    Das Parlament verabschiedete das Gesetz, wie ich es verlangt hatte. Verrat war nicht mehr nur ein Wort in der englischen Sprache, das sich jeder deuten mochte, wie er wollte; es war nunmehr in das Gesetz des Landes eingebettet, und im Zusammenhang mit ihm gab es Dinge, die man tat, und Dinge, die man unterließ. Was die zweite Möglichkeit anging, besprach ich mich mit Crum.
    Anfangs hatte ich ihn Crum genannt, weil ich keine andere Möglichkeit hatte, ihm meine freundlichen Gefühle zu zeigen. Wenngleich er liebenswürdig war, bot er doch wie ein schlüpfriger Felsen keinerlei Halt für den, der erklimmen wollte, was der wahre Thomas Cromwell war. Er stand ganz allein in der Welt: Keine Frau (sie war gestorben, und er zeigte keinerlei Neigung, sich von neuem zu vermählen), keine verwandtschaftlichen Bindungen zum Hofe, keine bekannte Vergangenheit. Ein sonderbarer Einzelgänger. Ich beneidete ihn um seine Selbstgenügsamkeit.
    Jetzt, an einem trüben, trostlosen Tag im März, da alle Welt im Winterschlaf erstarrt lag, sprach ich mit Crum.
    »Das Parlament hat den Eid abgelegt, und die Oberhäupter der Londoner Handwerksgilden ebenfalls«, sagte ich. »Wenn das Wetter sich bessert, werden wir unsere Kommissare ins Land hinausschicken.«
    »Es wird Juni werden, ehe Northumberland und die Grenzmarken wieder zugänglich sind«, stellte er fest. »Ihr werdet darauf angewiesen sein, dass die Percys die Kommissare schützen und ihnen die Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtern. Die Percys … ein Dorn in der Hand Eurer Majestät. Henry kann man wohl vertrauen, aber der liegt im Sterben, heißt es.«
    Annes Henry, der Geliebte ihrer Mädchenjahre. Im Sterben? Er war noch so jung. In Annes Alter.
    »Er war kränklich.« Crum beantwortete – wie stets – meine unausgesprochene Frage. »Der Norden war nicht das Richtige für seine schwächliche Verfassung – weder das Klima noch die Sitten. Er hätte nur in der milden Umgebung des Hofes gedeihen können.«
    Doch das habt Ihr ihm unmöglich gemacht. Taktvollerweise sprach er es nicht aus.
    »Vorzugsweise wohl am französischen Hofe.«
    »Wahrlich. Wo man – wie sagte man noch von Cäsar? – sein konnte ›jedes Mannes Weib und jedes Weibes Mann‹. Offenbar verstand er es nicht, seine Frau zu befriedigen. Sie verließ ihn und kehrte in das Haus ihres Vaters zurück. Eine Jammergestalt, dieser Percy. Ein hinfälliger Jüngling.«
    »Also sollte bis August jedermann im ganzen Reich den Eid geleistet haben.« Genug von Percy, seinem Sterben, seinen Unzulänglichkeiten.
    »Ja. Dann haben wir die Namen der Getreuen und auch die der Abtrünnigen in unseren Händen.«
    »Dann werden wir entscheiden müssen, wie wir mit denen verfahren.«
    »Das Gesetz schreibt die Todesstrafe vor.«
    Ja, das Gesetz war auch in diesem Punkt völlig klar. Aber Hinrichtungen … in England hatte es dreizehn Jahre lang keine Hinrichtung gegeben, außer zur Strafe für abscheulichen, aktiven Verrat, wie ihn der Herzog von Buckingham begangen hatte. (Der Herzog hatte die Absicht gehabt, einen Dolch im Gewande zu

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