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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Rittergeschichten, die ich immer noch verschlang. »Es betrübt mich, dass Ihr allein seid und solchen Mangel leidet.«
    Sie fuhr auf. »Und wer sagt das?« Spanischer Stolz – das erste Mal, dass ich ihn erlebte.
    »Es ist überall bekannt. Alle sagen …«
    »Ich brauche kein Mitleid!«
    »Natürlich nicht. Aber Liebe, meine teuerste Katharina …« Meine andere Hand tastete nach der ihren. »Ich liebe Euch!«
    Sie machte ein beunruhigtes Gesicht, und sie hatte Grund dazu. »Wir müssen zurück«, war alles, was sie schließlich sagte.
    »Niemand wird uns hier finden. Nicht innerhalb der nächsten Stunde«, beharrte ich. »Oh, bleibt doch ein wenig. Sprecht mit mir – sagt mir, was Ihr treibt, wie Ihr Eure Zeit verbringt.«
    Sie beugte sich vor; unsere Gesichter waren in der engen, warmen Dunkelheit nur wenige Zoll weit voneinander entfernt. »Ich – ich bete. Und lese. Und sticke. Und schreibe an den König, meinen Vater. Und« – jetzt sprach sie so leise, dass ich Mühe hatte, noch etwas zu hören – »ich denke an Euch, mein Lord.«
    Ich war so aufgeregt, dass ich mir kaum versagen konnte, sie zu umarmen. »Ist das wahr? Und ich denke an Euch, meine Lady.« Wenn ich nur meine Laute gehabt hätte und irgendwo anders gewesen wäre, ich hätte ihr vorsingen, ihr von meiner Liebe singen können. Ich hatte bereits mehrere Balladen entsprechenden Inhalts komponiert und gründlich eingeübt. »Ich werde Euch heiraten, Kate«, versprach ich, ohne dass ich die geringste Befugnis dazu gehabt hätte. »Das schwöre ich! Sobald es möglich ist.«
    »Ihr habt versprochen, mich an Eurem vierzehnten Geburtstag zu heiraten. Das war vor einem Jahr«, sagte sie langsam.
    »Ich …« Ich konnte ihr nichts von der widerwärtigen »Abschwörung« erzählen, die ich unterschrieben hatte – die zu unterschreiben man mich gezwungen hatte. »Ich weiß«, sagte ich. »Aber ich habe es immer noch vor, und zwar bald. Der König …«
    »Der König will nicht, dass Ihr mich heiratet. Das ist klar. Ich bin zwanzig Jahre alt und kein Kind mehr – wie vielleicht mancher andere.«
    Das erschien mir wie eine unnötige Grausamkeit gegen den Einzigen, der für sie eintreten und sie beschützen wollte. »Für mein Alter kann ich nichts, meine Lady. Es stand mir nicht frei, den Tag meiner Geburt selbst auszusuchen. Aber ich bin nicht mehr so jung, wie Ihr und andere vielleicht denken.« Mit diesen kryptischen Worten (ich hatte damals und habe heute keine Ahnung, was ich damit eigentlich zum Ausdruck bringen wollte) drückte ich ihr noch einmal die Hand. »Ihr werdet sehen!« Und dann flüsterte ich: »Wir sollten jetzt gehen. Bald werden die Priester kommen.«
    Hastig erhob sie sich und raffte ihre Röcke zusammen. Ein sanfter Duft nach Zitronen wehte durch den schalen Weihrauchdunst zu mir herüber. Dann war sie fort.
    Einen Augenblick später stieg ich aus dem Beichtstuhl, hochzufrieden mit meiner erfolgreichen Intrige. Ich wusste nun, dass ich Katharina liebte und dass ich sie heiraten musste. Überdies war ich davon überzeugt, dass die zotigen Gerüchte über Fra Diego gelogen waren. Allzu entsetzt war sie ob der Vorstellung gewesen, ich könnte durch mein unschuldiges Stelldichein den Beichtstuhl entweihen. Sie war offenkundig eine tiefreligiöse, fromme Frau.
    Will:
    Und es wäre besser für Harry gewesen, wenn sie nicht so »religiös« und »fromm« gewesen wäre. Hätte sie sich nur mit diesem widerwärtigen Frater vergnügt (der übrigens später wegen krasser Unmoral aus London deportiert wurde – man stelle sich vor: aus London!), es hätte ihm bei Harrys Scheidungskampagne einen Grafen-Titel einbringen können. Aber nein, Katharina war reinen Herzens. Wie Harry es geschafft hat, ihr Kinder zu machen, das ist eines der Geheimnisse des Ehestandes. Vielleicht haben die Katholiken ja Recht, wenn sie die Ehe zum Sakrament erklären. Sakramente verleihen einem das »Recht, zu tun, was nötig ist«, nicht wahr?
    Es ist interessant, festzustellen, wie Heinrich schon in diesem zarten Alter die Kirche für seine Zwecke nutzbar macht. Ich zweifle nicht daran, dass er sich, hätte sie zugestimmt, hoch vergnügt mit ihr im Schatten des Altars gepaart hätte.

X
    Heinrich VIII.:
    J etzt hatte ich eine Mission: Ich musste die gefangene Prinzessin aus ihrem Turm befreien, wie es jedem ordentlichen Ritter oblag. Und dass ich verliebt war (wie durch die Erregung deutlich wurde, die mich jedes Mal durchströmte, wenn ich an sie dachte), ließ

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