Ich, Heinrich VIII.
einmal erzählt hatte?
»Will«, sagte ich, kaum dass ich ihn erblickte. »Will, ich muss dir etwas erzählen … Es ist das Wunderbarste … ich weiß nicht, wie ich es erklären soll …«
Müde bewegte er sich und drehte sich zu mir um. Jetzt war er wie ein schwarzer Berg, der das Licht überdeckte.
»Will, ich werde … heiraten«, verkündete ich staunend.
»Herrgott, nein!«
Er sprang von seiner Bank, und das Licht fiel wieder in die Kammer.
»Doch«, sagte ich.
»Nein!«, wiederholte er. »Es ist gleichgültig, wer sie ist, aber du darfst nicht noch einmal heiraten!« Jetzt stand er vor mir. »Du hast geschworen …«
»Und ich habe es so gemeint. Aber diesmal wird es anders sein.«
»Nein! Das hast du noch jedes Mal behauptet. Ja, und sie waren wirklich jedes Mal anders, denn die Damen selbst waren immer anders. Ach, Hal, wer behauptet, ein Mann, der oft heiratet, heirate in Wirklichkeit immer dieselbe Frau, der hat dich nie gekannt. Hättest du es angestrebt, du hättest nicht fünf Frauen finden können, die so verschieden voneinander gewesen wären wie deine früheren Gemahlinnen, und …«
Fünf Frauen? Waren es wirklich fünf gewesen? »Nein. Sie waren nicht alle echte Gemahlinnen!«, protestierte ich.
»Aber du hast mit jeder von ihnen eine Heiratszeremonie vollzogen, mein König. Jede der Damen konnte sich zumindest für einen Tag als Braut fühlen und frohlocken.«
»Darauf kommt es nicht an. Gott hat nicht mit ihnen frohlockt.«
»Diesmal wird er auch nicht frohlocken!«
»So! Behauptest du jetzt, Gottes Willen und Gottes Wünsche zu kennen? Nun, ich habe Umgang gehabt mit Gott, ich habe mit Ihm gekämpft, mich mit Ihm verbändet, gegen Ihn rebelliert und Ihn studiert – mehr als irgendein anderer Mensch auf Erden! Und ich sage dir dies: Seine Wege sind geheimnisvoll, und niemand kann Ihn deuten. Wir können in jedem Augenblick nur tun, was unser beschränktes kleines Gewissen uns zu tun aufträgt, und dabei wissen wir, dass dies irgendwie ins göttliche Mosaik hineinpasst. Und ich, Heinrich Tudor, werde wieder heiraten!«
»Also soll Kate Königin werden«, sagte er leise. »Die Prophezeiung wird wahr. Ihr Ehrgeiz wird belohnt.«
»Was für eine Prophezeiung?«
»Eine, die sie selbst ausgesprochen hat, wie ihr Bruder William sagt. Als Kind fügte sie sich offenbar nicht ohne Murren in ihre Pflichten beim Spinnen und Weben. Sie sagte ihrer Mutter, ›diese Hände sind dazu bestimmt, Reichsapfel und Zepter zu halten, nicht Rocken und Spindel‹.«
Vielleicht verwandelt sich etwas, das als bloßes Widerwort, als Traum beginnt, in einen Antrieb und gewinnt eigene Realität? Wäre das nicht noch eine Cousine des Schicksals?
»Jeder träumt davon, einmal zu Königswürden aufzusteigen, selbst die Mägde und die Kaminkehrer. Das ist ein weit verbreiteter Traum«, erwiderte ich.
»Wann soll es geschehen?« Will klang wirklich müde; ich hingegen war voller Energie.
»Sobald die Pest nachlässt und wir nach London zurückkehren«, sagte ich. »Nein, ich werde mir nicht einen einsamen Dorfpfarrer suchen und heimlich zu ihm schleichen … obwohl es ja romantisch wäre«, fügte ich hinzu. Ein kleines Pfarrkirchlein … die Hochzeit früh an einem Sommermorgen, ein Gang durch die Wiesen, Wildblumen pflücken … »Aber es ist wichtig, dass dies kein Versteckspiel wird. Gardiner oder Cranmer muss zelebrieren. Gebe Gott, dass ihnen nichts widerfahren ist. Ich habe seit fünf Tagen keine Nachrichten mehr aus Suffolk. Edward Seymour und Paget in Gloucestershire sind wohlauf – das heißt, sie waren es vor zwei Tagen … Nein, ich will, dass sie alle dabei sind.«
Aber die kühle, verschwiegene Kapelle, die Prozession durch die Felder … Es war mir verboten, und es gab keinen Grund, dem nachzuhängen.
»Nun, ich wünsche dir Glück«, sagte Will. »Davon hast du wenig genug gehabt bei deinen Hochzeiten.«
CXXI
D er Tisch im Hof wurde gedeckt, der lange Holztisch, an dem wir uns jeden Mittag versammelten; er stand unter einem ausladenden Haselnussbaum, da die gestreckten Flügel des Hauses um diese Tageszeit noch keinen Schatten spendeten. Krüge mit Wein wurden auf den Tisch gestellt, und Blumensträuße, frisch gepflückt von Dr. Butts, Edward und Kate.
Wir alle setzten uns und warteten darauf, dass die Köchinnen uns des Tages Speisen herausbrächten. Gleich würde ich die Neuigkeit verkünden.
Die Köchinnen brachten den ersten Gang, Frühlingslamm und Lerchen, zubereitet mit
Weitere Kostenlose Bücher