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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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verlieren … denn ich liebte sie, die freche kleine Rebellin …
    Meine Gedanken schweiften ab. Ich zügelte sie. Kate wartete.
    »Das ist der Quell der englischen Größe. Der Stolz seiner Familien«, sagte ich.
    Ich war müde. Ich sehnte mich nach meinem Bett. Mir graute vor dem weiten Rückweg. Ich bedauerte, dass ich keine Sänfte hatte. Gleichzeitig aber graute mir vor meiner leeren Kammer. Wenn ich nur Gesellschaft hätte …
    Will war mein Gesellschafter.
    Ja, aber … Will war ein Mann.
    Ich sehnte mich nach einer Frau.
    Das Eingeständnis erschreckte mich so sehr, dass ich den Kopf schüttelte.
    Eine Frau.
    Es würde keine Frauen mehr geben, ermahnte ich mich.
    Dann eine Gefährtin. Eine Frau als Gefährtin. Keine Ehefrau im alten, gewöhnlichen Sinn.
    Eine Mönchsehe?
    Ja, warum nicht? Du bist der König, du kannst alles.
    Eine Frau, die mit mir liest, die mir Gesellschaft leistet, mich ablenkt, wenn die Schmerzen schlimm sind.
    Wer wüsste eine tugendhafte Frau zu finden? Denn sie wäre mit Rubinen nicht zu bezahlen.
    Rubine. Ich warf einen Blick auf Kate Parrs Hand. Ja, sie trug ihn, den Rubinring, den ich ihr für jenen schändlichen Valentinstag geschenkt hatte.
    »Kate«, sagte ich. »Wollt Ihr mich heiraten?«
    Sie sah mich an, ihr Gesicht eine Maske. Dann zuckte ihr Mund, erbebte. »Euer Gnaden«, sagte sie schließlich, »es wäre besser, Eure – Eure Mätresse zu sein.«
    »Mätresse?«, spie ich. Ich wollte keine Mätresse, keine fleischlichen Vergnügungen, sondern ein Verflechten im Geiste. Der Gedanke an die weibliche Scham war mir zuwider. Die Fäulnis, die Absonderungen, die Sucht danach. Nein. Nicht das. »Glaubt Ihr, mich verlangt nach dem, was eine Mätresse mir zu bieten hätte? Nein, Madam, dann kennt Ihr mich nicht!« Ich streckte den Arm aus und deutete quer durch den weiten Raum der Scheune. »Glaubt Ihr, ich sei hergekommen, weil ich die schmierigen Freuden einer Mätresse noch einmal erleben wollte? Traut Ihr mir eine höhere Art der Liebe nicht zu?« Warum vermuten wir eine Seele immer nur bei uns selbst?
    »Verzeiht mir«, erwiderte sie schließlich. »Es war nicht unehrerbietig gemeint. Aber ich weiß – ich habe gehört –, dass normale Ehen dieses … dieses Element enthalten. Meine Ehemänner waren alt, und so weiß ich davon nichts. Ich würde es … lernen. Aber bis jetzt weiß ich eigentlich nicht, was es heißt, eine Frau zu sein.«
    »Alles, was schön und gesund ist an einer Frau, seid Ihr schon«, sagte ich. »Das andere – oh, behaltet Eure Unschuld, Kate! Es ist nichts wert!«
    »Wie kann es nichts wert sein, wenn selbst die Schrift es rühmt? ›Du hast entzückt meine Seele. Du bist schön, meine Geliebte, wie Tirsah, Wohlgestalt wie Jerusalem und schrecklich wie eine Armee mit ihren Bannern. Wie schön und liebreich bist du, o meine Geliebte, in all deinen Freuden! Setze du mich als ein Siegel auf dein Herz, als ein Siegel auf deinen Arm: Denn die Liebe ist so stark wie der Tod und die Eifersucht so grausam wie das Grab!‹ Ich habe … niemals so etwas gefühlt«, endete sie.
    O glückliches Weib! Von solcher Strafe verschont geblieben zu sein!
    »Ihr seid eine zweimal verwitwete Jungfrau«, sagte ich. »Und eine Jungfrau sollt Ihr auch bei mir bleiben. O Kate, ich brauche Eure Menschlichkeit, nicht Eure Weiblichkeit. Ich brauche das, was Ihr, Kate, seid.«
    »Und was ist das?« Ihre Stimme hatte einen seltsam traurigen Ton.
    »Eine gute Christin.«
    »Ja.« Wieso klang sie enttäuscht bei einem so hohen Kompliment?
    »Seid meine Königin. Sollte Englands Königin nicht eine gute Christin sein?«
    »Aye.«
    »Tut Ihr dies aus patriotischem Pflichtgefühl oder aus … persönlichen Gründen?«
    »Aus persönlichen Gründen«, antwortete sie. »Gar so patriotisch bin ich nicht.«
    Dann lag ihr etwas an mir? Mein Herz tat einen seltsamen Satz.
    »Ich werde gut zu Euch sein, Kate«, versprach ich. »Ich werde gütig und sanft und gut sein.«
    Sie neigte zustimmend den Kopf. »Ja, Eure Majestät«, sagte sie.
    Will saß allein in unserer Kammer; Dr. Butts war in die Wiesen hinausgegangen, um so seltene Kräuter wie Fetthenne, Beifuß und Baldrian zu pflücken, die er zu seinem Entzücken bei einem seiner Streifzüge entdeckt hatte. Will hockte auf der Fensterbank, und sein Kopf war schwarz und konturenlos vor dem sanften Gelb der mittsommerlichen Felder. Er war ein wenig zusammengesunken, als sei er erschöpft. Wurde er etwa wirklich alt, wie er es mir mehr als

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