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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Junitage waren, ich brannte doch immer mehr darauf, wieder zu meinem normalen Leben zurückzukehren.
    Denn auf dem Lande war es langweilig, auch wenn wir die Düfte und die Blumen und die Sonne mit Freude genossen. Es ist ein ewiges Paradox, dass Stadtbewohner sich nach dem Lande sehnen, sich dort Sommerhäuser bauen, im Winter davon träumen – und es dort gleichwohl nach kurzer Zeit als öde und die Leute als langweilig empfinden.
    Tom Seymour war derart rastlos, dass ich mich versucht fühlte, ihn aufzufordern, er möge sein Glück versuchen und nach London zurückkehren – oder gar nach Frankreich reisen, um dort eine Einschätzung des politischen Klimas zu gewinnen. Den Meldungen zufolge, die mich von dort erreichten, war Franz, obwohl er seinen Lieblingssohn zu betrauern hatte, streitsüchtig wie immer; er und Karl fochten bereits sporadische Scharmützel an ihren Grenzen aus. Und das, während ich dasitzen und auf das Nachlassen der Pest warten musste!
    Will wurde mürrisch; das Landleben war nichts für ihn. Er war ein Städter. Er konnte nichts anfangen mit Spaziergängen durch Wiesen, und er hatte keine Lust, lange Nachmittage zu verschlafen oder Homer zu lesen.
    Will:
    Es stimmt; ich bin ein Städter, aber meine mürrische Stimmung rührte aus meiner völligen Unfähigkeit, irgendetwas zu tun, was den König daran gehindert hätte, sich noch einmal an ein Unterfangen zu wagen, das Schlimmes für ihn erwarten ließ. Noch eine Ehe! Kümmerte es ihn nicht, dass man dann nicht nur in ganz England, sondern auch in Europa über ihn kichern würde? Was brauchte er noch eine Ehe?
    Und der Krieg mit Frankreich! Als Jüngling, mit seinem aufgeblasenen Berater Wolsey, hatte er so etwas schon einmal versucht und festgestellt, dass es kostspielig und verschwenderisch und unbefriedigend war. Hatte er nichts gelernt?
    Es ist hart, mit anzusehen, wie jemand, den man liebt, einen falschen Weg einschlägt, einen Weg, der ihn ins Leid führen wird. Was ist da die Pflicht der Liebe? Den Weg zu versperren, den Schaden abzuwenden? Oder soll sie beiseite treten und das Recht des Menschen achten, Fehler zu machen und dafür die Verantwortung zu tragen? Aber wenn der, den man liebt, ein König ist, dann ist die erste Möglichkeit gar nicht erlaubt. Daher mein Elend.
    Heinrich VIII.:
    Edward und ich gewöhnten uns aneinander. Wir gingen zusammen fischen; wir jagten und brieten unsere Beute am Feuer, und bald kannte jeder die Grillen des anderen. Dass er mürrisch wurde, wenn er zu lange in der Sonne war; dass er beim Angeln gern träumte und es dann als Störung empfand, wenn ein Fisch anbiss; dass er rasch müde wurde und wenig Ausdauer hatte – dies alles erfuhr ich, und ich hoffte, es dadurch zu beheben, dass ich mehr körperliche Tätigkeiten in seinen Alltag brachte; es ist nämlich nicht gut, wenn ein König so wenig Lebenskraft hat.
    Er für seinen Teil fand heraus, dass ich Mühe beim Auf- und Absteigen hatte, weil ich so korpulent geworden war. Er sah, dass ich harten braunen Käse dem weicheren weißen vorzog. Er wusste, dass ich leicht einen Sonnenbrand bekam, und so übernahm er es, in meinem Gesicht auf Rötung zu achten und verwies mich, war sie zu bemerken, gleich in den Schatten. Aus solcher Vertrautheit wuchs ein zartes Band von Zuneigung und Verständnis, und so war ich der Pest noch dankbar dafür, dass sie uns Gelegenheit gegeben hatte, einander kennen zu lernen.
    Das Gleiche galt für Kate. Ich sah sie in diesen bescheidenen Lebensumständen, sah, wie sie immer fröhlich und ruhig war. Ich bemerkte auch, dass sie immer erst mindestens eine Stunde, nachdem ich sie die Fenster hatte öffnen sehen, aus ihrer Kammer kam. Vorher hielt sie ihre Andacht, und sie trat nicht hervor, um mit Menschen zu reden, solange sie nicht mit Gott gesprochen hatte. Auch nachts sah ich noch eine Weile Licht bei ihr. Hielt sie ihre private Komplet? Um diese Zeit gab es keine traditionelle heilige Andacht mehr. Sie machte sich ihre eigene.

    Eines besonders schönen Tages verkündete Dr. Butts, er habe in den Feldern beim Walde von Savernake Erdbeeren gesehen; sie seien reif zum Pflücken. Wir bildeten eine kleine Gruppe und zogen hinaus, sie einzusammeln. Kate und ich nahmen uns ein Feld vor; die anderen ließen uns diskret allein.
    »Ach, Kate«, sagte ich, »sie lassen uns allein, damit wir tun können, was ein Liebespaar tut.« Das kam mir spaßig vor, denn wir taten gerade nicht, was ein Liebespaar tut. Ich klopfte an meinen

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