Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
Vom Netzwerk:
sie, wie Jason in der Küche mit den Mädchen sprach, sie hielt den Blick gesenkt und hob ihn erst wieder, als sie vor dem Spiegel stand. Sie vermutete, dass ihr Gesicht blau, hässlich und geschwollen war, also atmete sie tief durch und wappnete sich innerlich gegen den Anblick. Doch das konnte den Schock nicht verhindern.
    Ihr Auge sah aus, als hätte eine von Kellys Töchtern ihr mit schwarzem Filzstift eine Piratenklappe gemalt. Das geschwollene Lid war noch nicht mal das Schlimmste. Noch wüster war der Bluterguss, der sich weit über die Schläfe und Wange ausgebreitet, blaugrün verfärbt hatte und über eine Gesichtshälfte verlief.
    Das hatte ihr jemand angetan, dachte sie. Ein Mann hatte ihr mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen.
    Sie zog ihre rechte Hand aus der Armschlinge, versuchte ihre Hand, ihr Handgelenk, ihren ganzen Arm zu bewegen. Ihr taten alle Muskeln weh, doch nur ihr Finger war verletzt.
    Sie hatte sich den Finger gebrochen, weil sie ihn geschlagen hatte.
    Ein ganzes Jahr hatte sie immer nur einstecken müssen. Jetzt hatte sie zurückgeschlagen, es hatte wehgetan, sich aber gut angefühlt.
    Sie beäugte erneut die bizarre Farbmischung auf ihrem Gesicht, die Schwellung der malträtierten Wange, den blutigen Schnitt an ihrer Lippe. Und wie siehst du heute Morgen aus, du Schwein?
    Unter der Dusche inspizierte sie vorsichtig ihren Körper. Ein paar Muskeln schienen gezerrt, am schlimmsten waren aber die Schrammen an ihren Schienbeinen. An Oberschenkel und Hüfte leuchteten große, hellgrüne Flecken, vermutlich an den Stellen, an denen sie gegen den Wagen geprallt und auf den Asphalt geknallt war, und an der Innenseite ihres Oberarms waren überall passend dazu kleine schwarze Ringe.
    Als sie in Jasons Jeans, mit einem T-Shirt von Kelly und feuchtem Haar in die Küche kam, pochten ihr Gesicht und ihre Hand. Sie brauchte Schmerztabletten und einen starken Kaffee, und zwar genau in dieser Reihenfolge.
    »Ach du meine Güte«, sagte Jason und stoppte die Zubereitung seines Schinkensandwiches.
    »Ein wenig Puder, ein bisschen Rouge, und niemand wird etwas bemerken«, sagte Liv.
    »Ich glaube kaum, dass du so viel Make-up kaufen kannst.« Er war Lehrer an der Schule, in die auch seine Töchter gingen, trug eine ordentliche Hose, dazu ein Polohemd und Turnschuhe – bereit, Eltern zu begrüßen oder über den Schulhof zu rennen.
    »Ich habe zum Geburtstag Make-up geschenkt bekommen«, sagte die zehnjährige Bess.
    Sie saß neben ihrer siebenjährigen Schwester Emma, und als Liv die beiden in ihren blau karierten Schuluniformen so dasitzen sah, kam die Erinnerung in ihr hoch. Kelly und sie hatten dieselben Uniformen getragen, Liv hatte unzählige Nächte in Kellys Zimmer auf dem Boden geschlafen und am Morgen in der Küche der Burkes gefrühstückt. »Heute Morgen seht ihr aus wie die kleine Kelly und die kleine Liv.«
    Kelly hatte sich bereits für die Arbeit angezogen – sie trug eine gelbe Bluse, einen schwarzen Rock, dazu Riemchenpumps, ihr dickes, welliges Haar wurde von einer Silberspange zusammengehalten. Sie stand am anderen Ende der Küche und warf Rindfleischstücke in einen Schmortopf. Sie blickte über die Schulter, tauschte mit Liv ein Lächeln und kräuselte dann ihre Lippen. »Aber wir haben unser Müsli gegessen und nicht damit gespielt, nicht wahr, Tante Liv?«
    »Also ich habe meines immer gegessen.«
    »Aber ihr seid auch keine Schwestern«, sagte Emma und zeigte mit dem Löffel abwechselnd auf ihre Mutter und Liv.
    »Außerdem bin ich älter als Emma«, sagte Bess und richtete sich auf, als wollte sie es beweisen.
    »Wir haben immer so getan, als wären wir Schwestern«, sagte Kelly zu den Mädchen. Auch wenn ihnen das niemand geglaubt hatte, denn Kelly hatte dunkles, irisches Haar und grüne Augen, Liv hingegen war ganz der skandinavische Typ. »Und Tante Liv war irre groß.«
    »Weil ich immer mein Frühstück gegessen habe.«
    »Mom etwa nicht?«, fragte Bess hoffnungsvoll. Vielleicht tat sich ja gerade ein Ausweg auf.
    »Na ja, schon, aber sie war ein Zwerg, da half auch das Frühstück nicht viel.«
    »Sie ist immer noch ein Zwerg, und du bist immer noch irre groß, es hat sich also nicht sehr viel geändert«, warf Jason ein.
    Dafür erntete er abfällige Kommentare von beiden Seiten der Küche. Trotzdem hatte er recht, aber damals hatten sie sich ausgemalt, wie es wäre, wenn sie größer wären. Zusammengeschlagen und alleine war dabei nicht vorgekommen.
    »Darf ich in der

Weitere Kostenlose Bücher