Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)
hatte zu funktionieren und mir Freude zu verschaffen. Basta. Wenn Sie die gesundheitliche Keule trifft, beharren Sie entweder darauf, alles richtig gemacht zu haben und das Opfer einer schwachen Gesundheit oder ungewöhnlicher Umstände geworden zu sein, oder Sie öffnen sich als ganzheitliches Wesen und machen einen Quantensprung. Dazwischen gibt es nicht viel. Ich habe mich damals, von der Angst getrieben, für meinen Körper und meinen Verstand zu interessieren begonnen. Ohne es zu wissen setzte ich damit zaghafte Schrittchen auf den Weg zu meinem Wesen.
Mein intellektueller Neuanfang gestaltete sich, gelinde ausgedrückt, holprig, denn meine etablierten Denkmuster wehrten sich lange vehement gegen bestimmte Fakten. Der Kritiker in meinem Gehirn sagte beständig: »Was du da liest, gefällt mir nicht, wahrscheinlich stimmt es so nicht. Liefere weitere Beweise!« Ich fand Beweise und Parallelen in anderen Wissens- und Forschungsgebieten. Doch dann schlug die Angst hinterrücks zu. Ich hatte Angst, weil mir klar wurde, dass ich die Dinge nicht so im Griff haben, steuern und kontrollieren konnte, wie ich meinte. Mein Körper war keine Maschine und mein Herz nicht einfach eine Pumpe fürs Blut. Als ich Jahre später in Coaching-Gesprächen mit Managern über dieses Thema sprach, reagierten sie ähnlich darauf wie ich einst: mit innerem Widerstand. Sie waren auf der Hut. Sie fürchteten, ich wolle sie beeinflussen, sie womöglich zu sehr wachrütteln oder gar ihr ganzes bisheriges Weltbild in Fetzen reißen. Die ganz Cleveren deuteten jeden meiner Sätze so um, dass er in ihr gewohntes Denkmuster passte und sagten: »Kenn ich schon«, »weiß ich schon«, »nichts Neues«. Ich nahm es mit einem Lächeln.
Unser Gehirn widersetzt sich anfangs, wenn jemand den abgespeicherten Daten scheinbar »unpassende« hinzufügt.
Ihr heutiges Denken spiegelt Ihre gefestigten Annahmen, Vorstellungen und Unterstellungen darüber, wie Sie sich in beruflichen, unternehmerischen und wirtschaftlichen Fragestellungen verhalten und wie Sie zu entscheiden pflegen. Hat sich ein Denkmuster erst einmal im Ihrem Gehirn etabliert, stellen Sie es nicht mehr infrage oder überprüfen, ob es noch richtig ist. So wird es im Laufe der Zeit zum Vorurteil. Alle Theorien und Modelle in Ihrem Kopf sind Hilfsmittel, um die Mysterien Mensch, Arbeit, beruflicher Erfolg, Wirtschaft, Märkte, Globalisierung, Erde und Universum zu erklären und greifbar zu machen. Und zwar so, dass Sie diese Mysterien mit Ihren fünf Sinnen wahrnehmen und mit Ihren heutigen Denkmustern verarbeiten können.
Würden Sie sich heute von einem Navigationssystem durch Berlin leiten lassen, wenn Sie wüssten, dass es auf eine Straßenkarte der Stadt aus der Zeit vor dem Mauerfall zurückgreift? Was für eine dumme Frage, werden Sie wahrscheinlich denken. Und doch gestatten Sie Ihrem Gehirn, Sie mit einem veralteten Berufsnavi durch Ihr heutiges Arbeitsleben zu führen. Das allerdings nur aus einem Grund. Sie realisieren noch nicht, dass Ihr Navi nicht mehr viel taugt. Diejenigen, die ihre Bilder von Beruf, Werdegang, Erfolg, Unternehmen und Wirtschaft in unser Gehirn eingepflanzt haben, lebten in einer Welt von Überzeugungen und Vorstellungen, die nach dem heutigen Erkenntnisstand der Wissenschaften rund um die Funktionsweise des Universums nicht mehr haltbar sind.
Im Mittelalter war man in ganz Europa überzeugt, die Erde sei eine Scheibe. Viele Seefahrer fürchteten sich deshalb, zu weit hinauszusegeln. Was, wenn sie vom Rand der Scheibe hinunter in den Abgrund fielen? Kolumbus war überzeugt, dass die Erde eine Kugel sei. Bewiesen hat dies erst Ferdinand de Magellan, dessen Expedition 1522 die erste Weltumseglung gelang. Aber was hat er bewiesen? Er hat nicht bewiesen, dass in Wahrheit kein Abgrund existierte, in den man als Seefahrer fiel, wenn die Scheibe zu Ende war. Er hat bewiesen, dass der Graben im Kopf der Seefahrer existierte und dass ihre Überzeugung nur eine Illusion darstellte. Nicht mehr und nicht weniger.
Ein ähnlicher Illusionsgraben im etablierten beruflichen Denkmuster ist die Vorstellung von Karriere. Das Wort Karriere ist vom französischen Wort carrière abgeleitet. Es bedeutet unter anderem Rennbahn . Und so verhalten sich die meisten im Beruf. Wie ein Pferd oder ein Sportwagen auf der Rennbahn namens Unternehmensund Machthierarchie. Auf ihr, so scheint es, zählen nur die Sieger, und zwar beruflich und gesellschaftlich.
In unserer heutigen Wirtschaft
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