Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)
einfachen und privilegierten, mit ungebildeten und gebildeten, mit armen und äußerst vermögenden Menschen zusammengebracht. Sie alle unterliegen beim Thema »Haben« den gleichen Irrtümern, die zu immer gleichem Leid führen.
Im Hebräischen, der Sprache der jüdischen Händler, Kaufleute und Unternehmer, gibt es keine aktive Form des Verbs haben . Statt »ich habe« heißt es hier jesh li , was übersetzt »es ist mir« bedeutet. Besitz wird so zu etwas, das auf Zeit zur Verfügung steht – eine Leihgabe. Tatsächlich ist das für uns alle so. Wir kommen nackt und mit leeren Händen in diese Welt und wenn wir den großen Zyklus unseres Lebens beendet haben, verlassen wir sie wieder nackt und mit leeren Händen.
Unsere westliche Industriegesellschaft steht seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf drei Säulen: Privateigentum, Gewinnstreben und Macht. Erwerben, Besitzen und das Erlangen individueller Vorteile sind die »Rechte« der Arbeitenden und der Vermögen besitzenden Menschen in der Industriegesellschaft. Die Idee der sozialen Mitverantwortung für das Eigentum ist mit der Zeit in den Hintergrund getreten. Wo und wie Privateigentum erworben wurde, geht niemanden etwas an, noch, was jemand mit seinem Privateigentum anfängt. Solange das Eigentumsrecht im Rahmen der bestehenden Gesetze ausgeübt wird, ist es absolut. Das Wort »privat« in »Privateigentum«, kommt vom lateinischen privare, was »berauben, abgesondert, getrennt« bedeutet, denn es schließt andere vom Gebrauch und Genuss aus. Sollte Besitz noch vor wenigen Generationen gehegt, gepflegt und gut bewahrt an die nächste Generation übergeben werden, wird er heute zunehmend konsumiert, verbraucht und sogar weggeworfen. Doch auch dieser Konsum- und Wegwerfzyklus hat ein Ende. Menschen besinnen sich wieder ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung, ändern ihr Verhalten, engagieren sich in Hilfsprojekten und gründen Stiftungen. Viele neu gegründete Unternehmen stellen Güter her, bei denen alle an der Produktionskette Beteiligten auf ausgewogene Weise am Wohlstand teilhaben.
Sein ist im Gegensatz zu Haben ein komplexer Begriff. Wir verwenden ihn, wenn wir die Existenz von etwas darstellen wollen. In den indogermanischen Sprachen wird sein durch es ausgedrückt, was existieren und in der Realität vorkommen bedeutet. Sein drückt also eine tiefere Realität der Existenz aus. Das Wort verweist auf Authentizität und Wahrheit.
Wenn wir sagen, jemand sei beruflich einzigartig oder ein Meister seines Fachs, so sprechen wir vom Wesen eines Menschen und seiner Arbeit und nicht von einer künstlich aufgebauten Fassade.
Menschen, die in dem, was sie tun, authentisch und wahrhaftig sind, ziehen uns magisch an. Menschen, die ohne künstliche Verpackung etwas darstellen und ausstrahlen, erleben wir als charismatisch. Es sind diejenigen, die abseits der Trampelpfade ihre eigene Spur ziehen, beispielsweise Jimmy Wales, der Gründer von Wikipedia, oder Nicolas Hayek, der Unternehmer und Entwickler von Swatch und Smart. Das Wort Charisma ist griechischen Ursprungs und bedeutet »Gnadengabe«. In der christlich-jüdischen Tradition bezeichnet es die von Gott geschenkten, immateriellen Gaben. Das berufliche Charisma eines Menschen ist ein Beweis dafür, dass sich sein übernatürliches Wesen in seinem Sein und Tun zum Ausdruck bringt.
Wenn Sie freudlos und ohne inneren Antrieb arbeiten, werden Sie feststellen, dass Ihre Arbeitswelt vor allem von Äußerlichkeiten, Form, Fassade, Gewohnheit und Angst bestimmt wird.
Sie schielen dann mit einem Auge auf Ihre Arbeit und mit dem anderen auf das, was Sie sich davon erhoffen: Macht, Sicherheit, Geld, Wohlstand, Stabilität, Ansehen, Anerkennung, Kontakte, Zuneigung und vieles mehr. Aber so wie ein Jäger mit einem Schuss nicht zwei Hasen zugleich erlegen kann, können auch Sie auf diese Weise nicht das erlangen, was Sie eigentlich suchen.
Konsumieren bedeutet Haben . Ist das auch eine Ihrer Lieblingsbeschäftigungen, um sich für Ihre Arbeit zu belohnen? Die neuesten »Was auch immer« werden gekauft. Ständiges Konsumieren vermindert einerseits die Angst, es könne einem etwas weggenommen werden. Andererseits schenkt uns jedes neu erworbene Gut immer nur kurzzeitige Befriedigung. Denn alles sollte immer schöner, größer, teurer oder besser sein als das zuvor Besessene. Frei nach dem Motto: Ich konsumiere, also bin ich. Das führt regelmäßig zu einer weiteren Fehlfunktion im Denken. Beurteilen Sie Menschen in
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