Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)

die Welt zu gehen. Sie lachen, amüsieren sich, haben Spaß, leben ganz nach ihrem Herzen.
Menschen werden weise, wenn sie innerlich eine Rolle rückwärts in die Leichtigkeit ihrer Kindertage vollzogen haben.
    Für unseren Berufsweg würde ich die drei Phasen anders charakterisieren. Als Kinder erfassen wir unser einzigartiges Talent unbewusst bewusst . Wir leben aus, wonach unser Herz uns drängt, und machen uns nicht klar, dass dies etwas mit unserem ganz individuellen Wesen zu tun hat, mit dem, was uns später im Beruf so besonders machen kann. Kinder leben, was sie fühlen und was sie unverwechselbar macht. Wenn Sie sich an Ihre Kindertage zurückerinnern und Ihre Geschwister, Eltern, Pflegeeltern, Erzieher oder damaligen Freunde über Ihre Vorlieben befragen, bekommen Sie äußerst relevante Hinweise auf Ihren beruflichen Schatz.
    Ich war schon von Kindesbeinen an gut darin und mutig genug, mit wenigen Fragen oder Aussagen die Schwachstelle eines Systems oder den Kern einer persönlichen Problematik bloßzulegen.
    Bei fast allen Menschen finden Sie solche Muster. J. K. Rowling, die Autorin der Harry-Potter-Bücher, erfand schon als kleines Kind ständig die amüsantesten und ungewöhnlichsten Geschichten. Jimmy Wales, der Gründer von Wikipedia , war bereits im Alter von vier Jahren von einer Enzyklopädie fasziniert und Marc wollte von Kindesbeinen an Menschen helfen, gesund zu sein.
    Unser Kinderherz weiß, was es liebt, doch leider werden wir durch unsere schulische Erziehung, berufsspezifische Weiterbildung und nicht zuletzt durch die Erwartungshaltung Dritter meist auf dem logisch-analytischen Weg durch das Berufsleben geschubst. Wir sollen lernen, gradlinig, zielgerichtet, ergebnis- und erfolgsorientiert zu arbeiten. Wir sollen Realisten sein und sicherheitsorientiert denken und handeln. Das ist ein verdammt enges Korsett, in dem wir mit der Zeit unbewusst bewusstlos werden. Und dabei merken wir oft nicht einmal, wie wir nach und nach alles zum Schweigen bringen, was uns einzigartig macht und uns nur noch im Hamsterrad drehen.
Wir leiden, weil zwischen dem, was unser Wesen gern hätte, und dem, was ist, eine beträchtliche Lücke klafft.
    Wir verstehen die Welt nicht mehr, wenn wir ausgelaugt oder lustlos vor uns hinarbeiten, uns permanent fragen, was wir hier eigentlich noch tun, oder sogar durch eine gesundheitliche, private oder berufliche Krise aus der Bahn geworfen werden. Der Grund ist ganz einfach. Unser Wesen möchte etwas ausleben und wir gewähren es ihm nicht.
    J. K. Rowlings Eltern hielten das ständige Geschichtenerfinden für eine »amüsante Marotte« ihrer Tochter. Diese Marotte würde nie genug Geld für den Lebensunterhalt oder gar die Rente ihrer Tochter abwerfen. Deshalb drängten sie darauf, dass Joanne eine Lehrerausbildung absolvierte, statt Literatur zu studieren. Als Kompromiss verständigten sich Eltern und Tochter auf ein Studium der modernen Sprachen.
    Marc trat ins Familienunternehmen ein und schlug es sich aus dem Kopf, mit seiner Arbeit Menschen helfen zu wollen. Ich ließ mich am Lehrstuhl meines Doktorvaters zu einer Karriere als Wirtschaftsanwältin verleiten, statt mit Fragen und Aussagen einen Wandel herbeizuführen. Wir alle taten das aus freien Stücken, aber nicht aus tiefstem Herzen heraus. Ängstliche Mahnungen der Erwachsenen und eine furchtsame Stimme in uns brachten unser Wesen zum Schweigen und »schwups« zog sich die Zwangsjacke wie von selbst zu.
Es gibt eine erfolgversprechende Abzweigung vom logisch-analytischen Leidensweg. Sie besteht darin, beruflich bewusst unbewusst zu werden.
    Was heißt das? Es bedeutet, ganz bewusst wieder auf die innere Stimme aus unseren Kindertagen zu hören und mutig dem zu folgen, was sie uns leise zuflüstert. Sie schickt uns inspirierende Geistesblitze. Sie spricht nachts in farbenfrohen und prickelnden Träumen zu uns. Sie lässt am helllichten Tage Erinnerungen aufblitzen, bei denen wir eine Gänsehaut bekommen oder uns warm ums Herz wird. Sie richtet unsere Aufmerksamkeit auf andere Menschen, die ein ähnliches Talent haben, sodass wir sehen können, welche faszinierenden beruflichen Möglichkeiten uns offenstehen. Sie bringt uns unerwartet mit Menschen in Kontakt, die uns helfen können, unser Wesen zu leben. Und wenn wir dem wieder und wieder keine Beachtung schenken, konfrontiert uns unsere innere Stimme mit Verlust oder körperlichem Leid. Auf diese Weise zwingt sie uns, innezuhalten und unsere berufliche Situation zu