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Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)

Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)

Titel: Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Violetta Jung
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sie etwas Sicheres aufgeben, bevor sie etwas Neues hat? Wenige verstanden, welche Art von Unterstützung und Ermunterung ich in dieser Phase brauchte. Meine Freunde aus Japan schätzten die Situation richtig ein und handelten. Sie bestellten mich kurzerhand nach Tokyo. Hier gäbe es interessante berufliche Kontakte und wichtige Einsichten zu gewinnen. »Keine Widerrede«, hieß es am Telefon im Befehlston. Und obwohl ich Befehle hasse wie die Pest, buchte ich ein Ticket Brüssel, Frankfurt, Tokyo und zurück, weil ich spürte, dass diese Reise für meine Erneuerung wichtig war. In Japan erlebte ich, wie Menschen in einer Wirtschaftskrise agieren, wenn sie bis in jede Körperzelle davon überzeugt sind, alles habe eine Seele, sei miteinander verbunden und heilig. Und ich bekam es mit der überwältigenden Macht der Natur zu tun.
    Die Japaner leben ständig mit Naturgewalten wie Erdbeben, Tsunamis und Wirbelstürmen. Jeder Einzelne kann schon morgen sterben, Angehörige verlieren, sein Hab und Gut in Trümmern liegen sehen und gezwungen sein, privat und beruflich wieder von null beginnen zu müssen. Im März 2011 haben uns das Erdbeben und der Tsunami in den Präfekturen Fukushima und Miyagi dies sehr deutlich bewusst gemacht. Während meines Aufenthalts in Tokyo bekam ich eine, wenn auch viel sachtere Kostprobe einer solchen Katastrophe. Am Abend nach meiner Ankunft lag ich völlig übermündet in meinem Bett im zehnten Stock eines Hotels, als ein Erdbeben sämtliche Gegenstände um mich herum in Bewegung setzte. Panisch machte ich mich auf den Weg zur Rezeption. Die junge Frau, die dort Dienst tat, schickte mich kopfschüttelnd wieder in mein Zimmer. Kein Grund zur Beunruhigung. Es sei nur ein Beben mittlerer Stärke, Routine sozusagen. Woher sie das wissen wollte, war mir schleierhaft. Ich hatte weiterhin Angst und mein Herz schlug bis in den Hals. Erst als ich bemerkte, wie ruhig und besonnen die japanischen Gäste des Hotels reagierten, folgte ich widerwillig ihrer Aufforderung. Wo sollte ich auch anders hin als in mein Zimmer?
    Als meine Freundin mich am nächsten Morgen abholte, bat ich sie um Verhaltensregeln für Erdbeben. Sie meinte, ich könne nur die Tür zum Gang öffnen und so einen Fluchtweg sicherstellen, falls das Gebäude dem Beben nicht standhalte. Ansonsten solle ich mich unter einen Tisch verkriechen und der Natur ihren Lauf lassen. Keine achtundvierzig Stunden später konnte ich testen, wie weit es mit meinen Fähigkeiten, die Kontrolle über mein Leben aufzugeben, gekommen war. Wieder lag ich im Bett, als plötzlich alles zu schaukeln und zu vibrieren begann. Ich stand auf, öffnete die Tür zum Gang und stieg wieder ins Bett. Dann fand ich mich damit ab, dass mein Geschick nicht in meiner Hand lag und dankte im Stillen für alles Gute, das mir im meinem Leben bisher widerfahren war. Ein paar Minuten später war der Spuk vorbei und ich war so geläutert wie zuletzt während meiner Studienzeit in China. Winzig, unbedeutend und hilflos. Die Natur hatte mir gerade erneut meinen Platz im Zyklus vom Werden und Vergehen der Schöpfung aufgezeigt. Als wolle sie mich mahnen, es nie wieder zu vergessen.
    In Tokyo verbrachte ich einen Großteil meiner Zeit in drei jahrhundertealten Wandelgärten. Nachdem ich mich an vier aufeinanderfolgenden Tagen jeweils zwei Stunden dort aufgehalten hatte, wurde ich ruhiger, achtsamer und damit einsichtiger. So fühlte ich mich mit jedem Tag sicherer auf meinem Weg, obwohl er inhaltlich noch sehr vage erschien. Was würde ich loslassen und in was meine Energie stecken müssen?
Der inneren Stimme vertrauen zu lernen, scheinbare Sicherheiten loszulassen und das Neue anzunehmen, das sich im Zyklus zeigt, fühlt sich nur anfangs ungewöhnlich an.
    Dass alles Materielle scheinbar unveränderlich, stabil und beschützend sei, ist ein Denkfehler. Ein Objekt ist nicht mehr als ein Energiebündel, das von unseren fünf Sinnen erfasst werden kann. Ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung in der richtigen Lage steht symbolisch für eine stabile, heile Welt und ist ein Zeichen für beruflichen Erfolg. Sobald Menschen das erreicht haben, müssten sie eigentlich ruhiger und zufriedener sein. Weit gefehlt, denn nun greift die Angst in anderer Gestalt an. Was, wenn sie das Haus oder die Wohnung wieder verlieren und damit das Gefühl, es zu etwas gebracht zu haben, gleich mit? Sie könnten Arbeitsplatz und Einkommen einbüßen, einen Kredit nicht mehr abzahlen können oder als

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