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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gesagt.
    Nachdem Chiara ihre Notizen wieder und wieder durchgelesen hatte, war sie davon überzeugt, dass es einen Schlüssel geben musste,
     diese Bilder zu interpretieren. Wenn sie die Lösung fände, dann wäre ihr Angstproblem gelöst, sie würde wieder Auto fahren
     können und sich nicht mehr ständig umdrehen müssen, aus Angst, jemand könnte ihr folgen.
     
    »Smeralda Mangano?« Commissario Giorgini ließ den Bleistift auf die Kopie des Phantombilds fallen, das ihr Pacì Barbera gerade
     gebracht hatte. »Chiara, bist du sicher?«, fragte sie und presste den Telefonhörer ans Ohr.
    »Ja, Silvia. Frag mich nicht, wieso und warum. Aber sie ist |316| die Frau, bei der wir ansetzen müssen. Ich bin überzeugt, dass Smeralda Mangano die Identität der im Zug ermordeten Frau kennt,
     Sie weiß mehr …« Chiaras Stimme war leise, aber bestimmt. Silvia sagte ihr nicht, dass sie bereits zu dem gleichen Schluss
     gekommen war. Bei Smeralda Mangano liefen alle Fäden zusammen. Sie war der Schlüssel. »Heute Morgen habe ich endlich die Erlaubnis
     für einen erneuten Lokaltermin in Anna Principinis Wohnung bekommen.«
    »Gut, ich komme nächsten Freitag nach Mailand. Ich habe dir einiges zu erzählen.«
    Die Kommissarin legte auf. Soeben hatte sie die Bestätigung bekommen, dass sie auf der richtigen Spur war. Wenngleich die
     Indizien im Augenblick nur bruchstückhaft waren, hatte sie nun die Gewissheit, dass alle Puzzleteile zu einem Bild gehörten.
     Sie musterte das Phantombild auf ihrem Schreibtisch. Die blauen Augen des Mädchens waren noch die gleichen, aber das Gesicht
     war jetzt schmaler, die Züge ausgeprägter. Mit Hilfe der Computertechnik hatte man aus dem Kind eine Zwanzigjährige gemacht.
     Gedankenversunken nahm Silvia den Bleistift und malte der jungen Frau etwas längere Haare, die ihr nun das Gesicht umrahmten.
     Dann fuhr sie die Augenbrauen und die Lippen nach und machte sie etwas breiter. Als sie kurz danach wieder auf das Foto schaute,
     zuckte sie zusammen. Ohne es zu merken, hatte sie Smeralda Mangano gezeichnet.
     
    Tränenüberströmt und zitternd kauerte Smeralda vor dem Telefon. Seit Pelori aufgelegt hatte, waren bereits dreißig Minuten
     vergangen, aber sie schaffte es nicht aufzustehen. In ihren Ohren hallte die Drohung des Abgeordneten wider: »Du hast meine
     Karriere zerstört. Meine Parteifreunde fordern meinen Rücktritt, aber den Gefallen tue ich ihnen nicht. Ich und zurücktreten? |317| In Italien tritt niemand zurück, schon gar nicht wegen so was. Aber du hast mich zum Freiwild für die Presse gemacht, die
     Schmeißfliegen verfolgen mich auf Schritt und Tritt. Hast du gelesen, was sie Nettes über mich schreiben? Heute verdächtigen
     sie mich, Kontakte zur Drogenmafia zu haben. Und morgen bin ich ein Pädophiler, übermorgen ein Mörder … Und alles wegen dir!
     WEGEN DIR! Das zahle ich dir heim. Und du weißt auch, wie. Alle werden erfahren, wer du bist, eine billige Hure, die in den
     übelsten Bordellen Siziliens angeschafft hat, kaltblütig genug, ihre neugeborenen Kinder im Stich zu lassen, die im Übrigen
     längst tot sind, irgendwo verscharrt und verrottet.«
    Smeralda hatte schweigend zugehört, ohne ihn zu unterbrechen – bis er ihre Kinder ins Spiel brachte. An diesem Punkt war ihr
     ein verzweifeltes »Nein!« entfahren, doch Pelori war gnadenlos. Er hatte sie für den diffamierenden Artikel verantwortlich
     gemacht, der an diesem Tag im Corriere della Sera erschienen war. Der Verfasser war der Starjournalist Franco Milone, ein
     entschiedener Mafiagegner. Sein Buch »I Bramini« stand in diesen Tagen an der Spitze der Bestsellerlisten. Um seine These
     zu untermauern, Peloris rascher politischer Aufstieg habe mit Protektionismus und dubiosen Finanzgeschäften zu tun, hatte
     Milone extra in dem kleinen sizilianischen Dorf recherchiert, wo Pelori seine Karriere begonnen hatte. In Palermo hatte er
     von verlässlichen Quellen erfahren, dass für Pelori Stimmen gekauft worden waren. Als Beweis wurde ihm ein Handyfoto aus der
     Wahlkabine zugespielt.
    Genau wie Pelori selbst wusste natürlich auch Smeralda, dass die Gefahr nicht von der Presse ausging, sondern von den Strippenziehern
     im Hintergrund, die ihre brutale Rache wahrscheinlich schon längst geplant hatten.
    |318|
Tot, verscharrt und verrottet …
    Smeralda quälte sich hoch. Wenn sie diese Stimme nicht aus ihrem Kopf verbannte, konnte sie für nichts garantieren, sie war
     mit den Nerven am Ende.

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