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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Sie nahm ein Beruhigungsmittel, legte sich aufs Bett und wartete auf die Wirkung.
    Als am Nachmittag Raquel an die Tür klopfte, um ihr mitzuteilen, dass Ispettore Bonadeo noch einmal mit ihr sprechen wolle,
     lag Smeralda angezogen auf dem Bett und schlief. Nur die Schuhe hatte sie abgestreift.
    »Signorina«, Raquel rüttelte sie energisch an der Schulter. Aus dem Augenwinkel hatte sie das Fläschchen mit den Beruhigungstropfen
     und das Glas auf der Kommode gesehen.
    Smeralda murmelte etwas Unverständliches.
    »Der Ispettore muss Sie dringend sprechen. Er hat gesagt, er ist hier, um Ihnen zu helfen.«
    Smeralda öffnete die Augen, dann stützte sie sich auf und ließ sich von Raquel hochhelfen. »Einen Espresso, bitte«, nuschelte
     sie und zog sich die Bluse zurecht. Dann band sie die Haare zusammen und legte etwas Rouge auf, um ihre Blässe zu verstecken.
    Raquel half ihr, die Schuhe anzuziehen, und geleitete sie ins Wohnzimmer, wo Bonadeo wartete, eine blaue Plastikmappe in der
     Hand. Smeralda fiel auf, dass er heute ungewöhnlich ernst und förmlich wirkte.
    »Buonasera, Signorina Mangano«, Bonadeo lächelte und schüttelte ihr die Hand. Aber sein Lächeln war nur höflich, sonst nichts.
    »Ich bin hier, um Ihnen diese Fotos zu zeigen«, Bonadeo nahm einige Bilder aus der blauen Plastikmappe, dann zeigte er auf
     den Esstisch. »Darf ich?«
    Smeralda nickte.
    Bonadeo legte die Fotos nebeneinander auf den Tisch.
    |319| Smeralda wurde übel, einen Moment lang verschwamm alles vor ihren Augen. Vor ihr lagen Aufnahmen von zwei verstümmelten Leichen.
    Bonadeo hatte bereits die am wenigsten grausamen Bilder ausgesucht, um sie wenigstens etwas zu schonen.
    »Yelena Marcovich, die Tote aus dem Eurostar«, sagte er und zeigte auf die beiden ersten Aufnahmen. »Und das ist Antonio Livraghi,
     der Mann aus Venedig, der in seiner Wohnung gefoltert und ermordet worden ist.«
    »Ich verstehe nicht«, Smeralda war leichenblass geworden. Sie umklammerte die Tischkante.
    »Signorina Smeralda?« Bonadeo packte sie an der Schulter.
    Sie reagierte nicht.
    In diesem Augenblick kam Raquel mit dem Espresso herein. Als sie die Fotos sah, ließ sie fast das Tablett fallen. Bonadeo
     griff danach und stellte es auf den Tisch.
    »Danke, Sie können gehen.«
    »Milch, Zucker?«
    Smeralda schüttelte den Kopf. Nachdem sie ihren Kaffee getrunken hatten, zeigte der Ispettore auf zwei weitere Fotos.
    »Das sind verschiedene Phantombilder von Yelena Marcovich. Hier ist sie jünger, hier dunkelhaarig …«
    »Ich verstehe nicht, was das soll«, die Tasse in ihrer Hand zitterte.
    »Kennen Sie diese Frau?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    Smeralda riss die Augen auf. Ihre Hand zitterte so stark, dass sie die Tasse abstellen musste.
    »Und diese Frau?« Bonadeo zog ein weiteres Foto aus der blauen Mappe. Obwohl er sah, wie sehr sie litt, bemühte er sich um
     Sachlichkeit und Professionalität.
    |320| Smeralda schrie entsetzt auf. »Warum?«, fragte sie kaum wahrnehmbar.
    »Sie kennen sie, oder?«
    »Das bin ich …«, Smeralda nahm das Bild in die Hand und studierte ungläubig jedes Detail. »Was bedeutet das?«
    Bonadeo sah sie an, kein Wort kam über seine Lippen. Er stellte die Nerven der jungen Frau auf eine harte Probe. Er wollte,
     dass ihr Panzer des Schweigens brach, denn nur dann konnte er ihr helfen. Und er hatte Erfolg.
    Smeralda brach in Tränen aus und stürzte sich auf ihn: »Was wollen Sie von mir?« Hysterisch schluchzend krallte sie sich an
     seiner Jacke fest. »Lassen Sie mich in Ruhe! Lasst mich alle in Ruhe! Ich habe damit nichts zu tun. Absolut nichts!«
    Bonadeo zuckte zusammen, mit diesem Gefühlsausbruch hatte er nicht gerechnet. Vorsichtig löste er ihre Hände von seiner Jacke,
     ließ sie aber nicht los und führte sie zum Sofa. »Hören Sie, Smeralda«, sagte er einfühlsam, aber in amtlichem Ton, »setzen
     Sie sich erst einmal.«
    Sie ließ sich auf das Sofa fallen und stierte weinend zu Boden.
    »Smeralda, hören Sie. Die Frau auf dem Bild sind nicht Sie.« Bonadeo tupfte ihr mit einem Taschentuch sanft die Tränen aus
     dem Gesicht.
    Smeralda blickte ihn mit großen Augen an, als hätte er den Verstand verloren. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, Ispettore?«
    »Nein. Smeralda, sehen Sie mich an. Glauben Sie wirklich, dass ich das tun könnte?«
    Smeralda starrte ihn an. Nein, er meinte, was er sagte. Sie schüttelte leicht den Kopf. »Aber ich verstehe es nicht. Ich verstehe
     einfach nicht …«
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