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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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»Warten Sie einen Moment.« Bonadeo stand auf und holte die Plastikmappe, die er auf den Tisch gelegt hatte.
    »Das Phantombild zeigt die mögliche Entwicklung dieses Kindes«, sagte er und legte Smeralda Mangano das Foto des vermissten
     kleinen Mädchens mit den blauen Augen vor, das Silvia Giorgini in ihrem Büro hängen hatte.
    Smeralda ließ die Hände in den Schoß sinken. Bonadeos Gesicht erschien ihr plötzlich strahlend hell, seine Stimme schien von
     ganz weit her zu kommen. Sie öffnete den Mund, doch heraus kam nur ein schwaches Wimmern. Dann sank sie ohnmächtig auf dem
     Sofa zusammen.
     
    »Mensch, Chiara, bitte nicht.« Ilaria stand auf und nahm ihre Kollegin in den Arm. Warum hatte sie nicht einfach ihren verdammten
     Mund halten können?
    Chiara wehrte sie ab. »Wenn er das wirklich macht, dann kündige ich!« Sie kochte vor Wut.
    »Ich hätte dir nichts sagen sollen.« Ilaria machte sich Vorwürfe.
    Chiara warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Ich glaube kaum, dass sich das hätte verheimlichen lassen. Früher oder später
     hätte ich es sowieso erfahren.«
    »Chiara, es tut mir leid. Du weißt doch, wie der Chef ist.«
    »Ich dachte, er hätte es sich noch mal überlegt.«
    »Ich bitte dich! Er hat nur auf den richtigen Moment gewartet. Du weißt doch, was man über ihn sagt: Er würde sogar über die
     Leiche seiner Mutter steigen, um sein Ziel zu erreichen.«
    »Ja, aber jetzt ist es meine Leiche, über die er steigen will«, Chiara war so aufgebracht, dass sie nicht einmal weinen konnte.
    »Und wenn du es ihm noch einmal ganz genau erklärst? Er |322| weiß doch von deiner Gabe. Und außerdem glaube ich nicht, dass er die Sache mit dem anonymen Brief und dem Projektil auf die
     leichte Schulter genommen hat.«
    Chiara schüttelte den Kopf. »Lass es gut sein, Ilaria. Ich habe bereits mit ihm gesprochen. Und weißt du, was er mir geantwortet
     hat? ›Mach dir keine Sorgen, Bonelli, die Erpresser werden nichts unternehmen, wenn du erst einmal im Fokus des öffentlichen
     Interesses stehst.‹ Stell dir das mal vor!«
    »Das heißt, du lässt die Sache einfach auf sich beruhen?«
    »Was soll ich denn machen? Heute Abend will Forte auf Sendung gehen. Ich sehe ihn schon in seinem Büro, wie er sich die Schlagzeilen
     von morgen ausmalt.«
     
    »Ja, sie sind immer noch da, trotz des strömenden Regens, Signorina«, bestätigte Raquel und zog die Vorhänge zu. Sie machte
     sich Sorgen, weil Smeralda kaum etwas zu sich nahm. Auch ihre Agentin war beunruhigt und rief täglich an, um sich zu vergewissern,
     dass ihr Schützling nicht gerade jetzt, wo sich die Presse und das Fernsehen um sie rissen, die Nerven verlor.
    »Sollen die da unten doch verrotten!« Smeralda starrte apathisch ins Leere. Selbst als De Gubertis ihr gestattet hatte, noch
     einige Monate länger in der Wohnung zu bleiben, hatte sie keine Regung gezeigt. Seitdem Ispettore Bonadeo ihr erklärt hatte,
     dass das Foto des kleinen Mädchens ein Beweisstück in einer Untersuchung gegen einen Kinderpornoring war, war etwas in ihr
     endgültig zerbrochen. Ihr Kopf funktionierte nicht mehr richtig. Wenn Raquel sich nicht mit Engelsgeduld um sie kümmern würde,
     dann würde sie gar nichts mehr tun. Vor allem erinnerte sich Smeralda nicht mehr daran, ob sie Ispettore Bonadeo die Wahrheit
     über ihre Kinder, über Vito Santanna und all die anderen erzählt hatte. Diese |323| Ungewissheit quälte sie, und jedes Mal, wenn sie nach einer Antwort suchte, versank sie tiefer im Sumpf des Zweifels.
    »Wo sind die Zeitungen?«
    Raquel sah sie erstaunt an. Seit wann interessierte sich Smeralda wieder für die Presse? Sie zögerte, denn Edy Micheli hatte
     ihr aufgetragen, Smeralda nicht mit der Medienschlacht um Pelori und De Gubertis zu konfrontieren, die immer noch nicht zu
     Ende war. Doch Smeralda war die Chefin. Sie versuchte auszuweichen: »Vielleicht sollten Sie besser nicht …«
    »Was sollte ich nicht, Raquel?« Auf Smeraldas Gesicht erschien ein trauriges Lächeln.
    Raquel holte die Zeitungen, die sie im Flur versteckt hatte, und legte sie auf den Tisch. Die Presse kannte keine Gnade, selbst
     ein Foto von Smeralda beim Verlassen des Telestella-Studios war ihnen nicht zu banal. Das neue Wochenmagazin Scandal hatte
     ihr Bild direkt neben dem von Claudia Cardinale platziert und daran erinnert, dass die Filmdiva zu Beginn ihrer Karriere eine
     Mutterschaft verschwiegen und ihren Sohn als ihren Bruder ausgegeben hatte. Smeralda las den

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