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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Wodka stand.
     »Großartig«, sagte sie und riss hastig die Metallkappe rund um den Verschluss ab.
    Als sie einige Stunden später den Schlüssel in der Tür hörte, zuckte sie erschrocken zusammen. Sie hoffte inständig, dass
     sie noch klar artikulieren konnte. Sie hatte im dunklen Wohnzimmer gesessen und vor dem laufenden Fernseher Glas um Glas in
     sich hineingeschüttet. Das Programm hatte sie gar nicht mehr wahrgenommen.
    »Anna, wo bist du?« Giampiero stand auf der Schwelle. Das von hinten auf ihn fallende Flurlicht ließ seine Gestalt noch imposanter
     wirken.
    |156| »Ich habe dich nicht gehört«, lallte Anna. Es war wohl besser, sich zurückzuziehen. »Ich habe Kopfschmerzen, ich gehe ins
     Bett.« Sie quälte sich hoch und ging schwankend an ihrem Mann vorbei, krampfhaft bemüht, seinen angewiderten Gesichtsausdruck
     zu ignorieren.
    Im Schlafzimmer sank sie in die Kissen, die sie wie ein Strudel zu verschlingen schienen. Sie bemerkte nicht einmal, dass
     ihr Mann sich neben sie legte, immer darauf bedacht, sie nicht zu berühren. Nach einigen Stunden schreckte sie hoch. Wo war
     Giampiero? Sie streckte die linke Hand nach ihm aus. Sein Platz war leer, aber noch warm. Sie wartete, bis sich ihre Augen
     an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Als das spärliche Licht, das durch die Ritzen der Fensterläden ins Zimmer drang, zumindest
     Konturen erahnen ließ, stand sie auf. Trotz aller Vorsicht stieß sie gegen den Schreibtisch und konnte gerade noch rechtzeitig
     Giampieros iPhone auffangen, bevor es auf den Boden fiel. Seufzend legte sie es auf seinen Platz zurück und verließ das Zimmer.
    Durch den offenen Spalt der Badezimmertür drang ein Lichtschimmer in den Flur. Sie schlich näher. Giampiero sprach ganz leise
     mit jemandem. Er benutzte sein Diensthandy. Vielleicht jemand aus der Klinik?, dachte Anna, unentschlossen, ob sie wieder
     ins Bett gehen sollte. Aber die Neugier war stärker.
    »Verstehe, aber ich werde nicht mitten in der Nacht nach Bukarest fahren.« Giampiero sprach leise und beherrscht, aber Anna
     wusste, dass er wütend war.
    »Wo kommt das Mädchen her?«
    »Wie alt?«
    »Fünf? Das passt. Wer ist der Spender?«
    »Ich habe Ihnen bereits erklärt, dass der Spender hirntot sein muss. Verhalten Sie sich danach. Eine eventuelle Verzögerung
     macht die Operation unmöglich, weil das Organ abstirbt. |157| Die Eingriffe müssen unbedingt parallel vorgenommen werden …«
    »Einverstanden, wenn Sie mir das versichern können, reise ich sofort ab«, schloss Giampiero das Gespräch. Seine Stimme klang
     eiskalt.
    Anna huschte gerade noch rechtzeitig ins Bett zurück. Als ihr Mann das Zimmer betrat, lag sie unter der Decke und tat so,
     als ob sie schliefe.
    Giampiero knipste das Deckenlicht an. »Anna, wach auf!«
    Anna murmelte etwas Unverständliches und bedeckte ihre Augen mit dem Kopfkissen.
    »Anna, wach auf!« Giampiero schüttelte sie.
    »Was ist los?«, fragte sie beunruhigt
    »Ich muss sofort zu einem Patienten, ein Infarkt.«
    »Wann bist du zurück?«
    Giampiero sah auf die Uhr. »Es ist halb fünf. Wenn ich jetzt losfahre, dann komme ich … Ich werde ein paar Tage weg sein.«
    »Wie, ein paar Tage?«
    »Nach der Visite fahre ich sofort weiter. Mit der Krüger nach Polen, erinnerst du dich nicht?«
    »Mit der Krüger?«
    »Du hörst mir einfach nicht zu.«
    Anna schlug schuldbewusst die Augen nieder. Sie erinnerte sich partout nicht an diese Dienstreise. Sie hörte ihm wohl wirklich
     nicht zu …
    Giampiero seufzte genervt. »Frau Krüger hat eine Konferenz zu den jüngsten Innovationen auf dem Gebiet der Kosmetikforschung
     organisiert. Eine Revolution! Endlich ein Mittel, das der Alterung wirklich vorbeugt. Wenn es auf den Markt kommen sollte,
     wäre das doch auch etwas für dich«, spottete er.
    |158| Anna drehte sich auf die Seite. »Gute Reise. Und mach das Licht aus, bitte.« Ihr Mann sollte ihre Tränen nicht sehen.
     
    Anna schlug die Augen auf. Der Elektrowecker auf dem Nachttisch zeigte acht Uhr. Giampiero war seit etwa drei Stunden weg.
     Sie hatte jeden seiner Schritte verfolgt, allen Geräuschen gelauscht und sich dabei vorzustellen versucht, was er tat. Sie
     hatte gehört, wie er ins Ankleidezimmer ging und den kleinen Safe öffnete, der in einem Schrankfach hinter den Kaschmirpullovern
     versteckt war. Dort bewahrte er seine Uhren auf: Rolex, Patek Philippe, Cartier und Fabergé. Dann hatte er José geweckt und
     ihn gebeten, den Louis-Vuitton-Koffer zu packen,

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