Ich kenne dein Geheimnis
so bald, fürchte ich. Der Bau hat vor einem Jahr begonnen, doch beim Graben hat man Reste antiker Gebäude gefunden,
was die Arbeiten nun sehr verzögert. Hoffentlich wird es nicht Jahrhunderte dauern, bis der Gang fertig ist …«
Donna Eufrasia dachte nach. Wenn das die dringendsten Probleme waren, mit denen man sich als Nonne zu befassen hatte, konnte
das Leben im Kloster nicht so schlecht sein. »Suor Addolorata, wenn auch ich den Wunsch hätte, ins Kloster zu gehen, wäre
meine Ehe dann ein Hinderungsgrund?«
Suor Addolorata sah sie schweigend an. Der warme, fürsorgliche Blick einer leiblichen Schwester war schlagartig einer nonnenhaften,
frommen Maske gewichen. Auch ihre Stimme hatte sich verändert.
»Gott segne dich, geliebte Schwester. Den Ruf des Herrn |235| soll man nicht ungehört verhallen lassen.« Sie bekreuzigte sich.
»Don Francesco ist mein Gast. Er wird so lange bleiben, bis er sich von seinem Jagdunfall erholt hat«, befahl Barone d’Altino
und stützte die wieder als Mann verkleidete Oliva. Das verstaubte Tuch verdeckte ihr Gesicht. Die schmutzige Jacke sollte
einen Sturz vom Pferd vortäuschen. Auch ihr Hinken wirkte verblüffend echt.
D’Altino blieb vor Franzin stehen. »Bring Don Francesco in das Gästezimmer neben meinen Gemächern.«
»Wie Ihr wünscht.« Franzin verbeugte sich und begleitete Oliva durch den Korridor.
In der Zwischenzeit waren die Dienstboten in das Gästezimmer geeilt, um alles vorzubereiten. Danach schickte der Baron sie
weg. Don Francesco brauchte ein heißes Bad und viel, viel Ruhe.
»Geschafft, meine Liebe.« D’Altino betrat das riesige Schlafzimmer, ein großes Badetuch in der Hand.
Oliva räkelte sich im warmen Wasser und lächelte ihn verführerisch an. Nichts an ihr erinnerte mehr an einen jungen Mann.
»Komm heraus, wenn du dich traust.« Volfango breitete das Badetuch aus, voller Ungeduld, sie endlich nackt zu sehen. Mit katzenhaften
Bewegungen glitt Oliva aus dem Wasser. Sie genoss seinen lüsternen Blick und ließ sich in das Handtuch wickeln. Dabei küsste
sie ihn leidenschaftlich und presste sich an ihn. Es war bereits einige Zeit her, dass sie sich unter freiem Himmel geliebt
hatten, doch die Erregung brannte noch immer in ihnen. Nachdem er sie kräftig abgerubbelt und ihr sanft den Rücken massiert
hatte, ließ sie das Handtuch fallen |236| und kniete sich auf den Boden. Volfango knöpfte seine Hose auf und drang von hinten in sie ein. Dabei flüsterte er ihr Worte
ins Ohr, die er noch nie zu einer Frau gesagt hatte.
Später kämmte sich Oliva vor dem flackernden Kaminfeuer die üppigen Locken. Dabei fielen Wassertropfen auf ihre Schultern
und rannen ihr den Rücken herunter. Der Baron sah ihr fasziniert zu. Bei Oliva konnte selbst ein Wassertropfen zu einem magischen
Ereignis werden. Seufzend strich er ihr über den samtweichen Hals, dann ließ er seine Hand zu ihren prallen Brüsten wandern.
Plötzlich runzelte Oliva die Stirn.
»Woran denkst du?«, fragte der Baron.
»An meinen Vater. Alle konnten wir täuschen, aber ihn nicht«, dabei blickte sie ihm in die Augen. In diesem Moment erkannte
er, wie jung sie noch war.
D’Altino zog sie an sich und legte schützend die Arme um sie. »Mach dir keine Sorgen. Du kannst ihm schreiben, du seist vom
Pferd gefallen, ich hätte dich gerettet und zu mir nach Hause eingeladen und …«
Oliva schüttelte den Kopf und befreite sich sanft aus seiner Umarmung. »Nein, so geht das nicht.«
»Warum?«
»Er würde mich sofort zurückholen.«
»Was schlägst du vor?«
Oliva stand auf und schlüpfte in das Herrenhemd, das eine Dienerin gewaschen und auf das Bett gelegt hatte. »Ich bin eine
freie Frau, und mein Vater weiß das. Er hat mich so erzogen. Ich werde ihm die Wahrheit sagen.«
»Die Wahrheit?«
»Ja. Ich werde ihm schreiben, dass ich mich entschieden habe, ab jetzt meinen eigenen Weg zu gehen.«
»Deine Worte machen mich zum glücklichsten Mann der Welt, Oliva«, der Baron küsste ihr galant die Hand, »aber wird |237| er nicht denken, ich hätte dich dazu gezwungen? Wenn er mich zum Duell fordern oder beim Vizekönig anklagen sollte: Ich bin
zu allem bereit.«
»Ich glaube nicht, dass es so weit kommen wird«, sagte Oliva lachend. »Mein Vater würde niemals denken, dass du mich zu irgendetwas
zwingen könntest, dazu kennt er mich zu gut. Ich habe mich noch nie Befehlen anderer gebeugt, und das werde ich auch zukünftig
nicht tun. Ich
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