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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Fürst hatte sie wortlos angestarrt. Eine bleierne Leere hatte sich in ihm ausgebreitet.
Donna Eufrasia im Kloster?
Der Baronessa nicht seine tiefen Gefühle bekunden zu können erschien ihm unvorstellbar! Er hatte versucht, seine Erschütterung
     zu verbergen, und gefragt: »Piraten?«
    »Ja! Die Baronessa hat mir erzählt, dass ihr Mann mehr als einmal erst im Morgengrauen nach Hause gekommen ist, die |240| Hosen mit Salzwasser durchtränkt.« Bei diesen Worten hatte sie ihren Rosenkranz an die Brust gedrückt. Der Fürst hatte sie
     einfach weitersprechen lassen, auch wenn an dieser Geschichte etwas nicht stimmen konnte. Unter Kaiser Karl VI. war die Piraterie
     nahezu ausgestorben. Der frühere Vizekönig von Sizilien hatte Verträge mit Tunesien, Libyen und Algerien abgeschlossen, um
     die Sicherheit der Meere in dieser Region zu gewährleisten.
Mit welchen Piraten hätte d’Altino also gemeinsame Sache machen können?
    Der Fürst legte die Feder nieder, die Kopfschmerzen waren übermächtig. Diese Sache hatte keinesfalls etwas mit Piraten zu
     tun. Die nächtlichen Ausflüge des Barons mussten eine andere Ursache haben. Er dachte an die Gerüchte, die über d’Altino in
     Umlauf waren. Zwar achtete er nicht auf Geschwätz, aber im Kern ging alles in die gleiche Richtung. Erst vor einigen Wochen
     hatte einer seiner Pächter erzählt, in Palermo werde gemunkelt, dass der Baron, in dunkler Kleidung und Maske, nachts durch
     die Besitztümer der Adligen streife. In seiner Begleitung sei ein wagemutiger Halunke beobachtet worden. Außerdem hieß es,
     in Palermo habe ein geheimnisvoller venezianischer Edelmann, der sich als Richter ausgab, eine hohe Belohnung für denjenigen
     ausgesetzt, der ihm Informationen über einen österreichischen Hochstapler geben könne. Er habe die Spur des Schurken verloren,
     der ständig seine Identität wechsle. In der Stadt waren nicht wenige davon überzeugt, dass es sich dabei um den Baron d’Altino
     handelte.
    Der Fürst hatte diese Informationen immer als Gerede abgetan. Doch jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Der Mann mit dem
     seltsamen Akzent war urplötzlich in der Stadt aufgetaucht. D’Altino hatte behauptet, er habe ihn sich als Kind in Österreich
     angeeignet, wo er zur Schule gegangen sei. Auch wenn der Baron stets auf Höflichkeit und gute Umgangsformen |241| achtete und seiner Frau ein tugendhafter Ehemann zu sein schien, hatte er mehr als einmal sein wahres Gesicht gezeigt, anderen
     Frauen lüsterne Blicke zugeworfen und Adlige, die ihm widersprochen hatten, barsch zurechtgewiesen. Wenngleich er sich jedes
     Mal sofort wieder in der Gewalt hatte, waren die Zweifel an seiner Person von Mal zu Mal gewachsen. Und jetzt hatte er seine
     Frau wegen einer Jüngeren verlassen und damit endgültig die Maske fallen lassen. So benahm sich kein gottesfürchtiger Mann,
     der vorgab, gegen einen Geheimbund zu Felde zu ziehen.
    Plötzlich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, der alle anderen Überlegungen verdrängte, wie eine eisige Windböe: Stand
     der Baron selbst in Kontakt mit den umstürzlerischen Geheimbünden? Vielleicht sogar mit der Bruderschaft der Rächer, den
Fratelli Vendicatori
, die er und andere Edelleute schon lange bekämpften?
    Wieder tauchte er die Feder in das Tintenfass und begann, einen Brief an den Marchese di Regalmici, Don Antonino La Grua,
     zu schreiben. Olivas Cousin sollte ihm helfen. Vielleicht konnte er den mysteriösen Begleiter des Barons in seine Gewalt bringen
     und so der Wahrheit ans Licht verhelfen. Es hieß sogar, er sei der uneheliche Sohn d’Altinos. Wenn dem so wäre, würde der
     Baron sicher alles geben, um ihn zu befreien.
     
    Im Jahre des Herrn 1771 hat mein Leben eine glückliche Wendung genommen. Mir wurde ein Erbe geboren. Lupo ist wohlauf und
     gesund. Außerdem habe ich eine Frau gefunden, die meiner würdig ist: Donna Oliva, Marchesa di Regalmici. Sie hat auf alles
     verzichtet, um für immer bei mir zu sein, und sie soll es nicht bereuen. Meine Ehefrau Eufrasia hat es vorgezogen, ins Kloster
     zu gehen, um meiner Freiheit und meiner Liebe zu
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Oliva nicht im Wege zu stehen. Donna Oliva steht mir im Verborgenen bei meiner Aufgabe als Meister der Fratelli Vendicatori
     zur Seite, der Bruderschaft, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Unterdrückten Gerechtigkeit und Freiheit zu bringen …
    Vivy Sannazzaro unterdrückte ein Gähnen und schloss für einen Moment die Augen. Es war schon fast Mitternacht, und

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