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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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wenig. Folgt mir«, die Äbtissin ging durch die kalten und feuchten Gänge
     des Klosters voran. »Das ist das Refektorium, tretet ein.« Sie zog einen Schlüsselbund heraus und öffnete die schwere Holztür.
     In der Mitte des Raumes klaffte ein großes Loch im Fußboden, das mit fünf Kirchenbänken abgesperrt war. Der Baron trat näher.
    »Im Vertrauen, Barone, das ist nicht der einzige Zugang zum unterirdischen Gang. Es gibt einen zweiten in der Via dei Tessitori
     und einen dritten in der Via dei Conciatori. Das darf aber niemand wissen!« Sie legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. »Wehe
     uns, wenn die Gottlosen davon erfahren.«
    D’Altino konnte seine Aufregung kaum verbergen. »Ihr könnt Euch auf mich verlassen«, versicherte er und verbeugte sich tief,
     damit die Äbtissin seine Augen nicht sehen konnte. »Ich danke Euch für Euer Vertrauen, Mutter Äbtissin, aber jetzt habe ich
     Euch genug Umstände bereitet und werde mich zurückziehen, wenn Ihr erlaubt.«
    Nachdem die Äbtissin ihn zur Pforte begleitet, sich nochmals bedankt und ihn gesegnet hatte, erlaubte sich der Baron ein klammheimliches
     Lächeln. Die Fratelli Vendicatori hatten endlich einen neuen Versammlungsort.
     
    Kaum hörte Oliva die Schritte des Barons auf dem Korridor, klappte sie ihr Buch zu und erhob sich, um ihn willkommen zu heißen.
    »Meine Liebe«, Volfango umfasste ihre Taille und hob sie hoch.
    »Lass mich runter«, die Marchesa küsste ihn auf den Mund. Irgendetwas stimmte nicht. Der Baron wirkte seltsam abwesend.
    »Was grämt dich?«
    |248| »Nichts«, Volfango nahm ihre Hand und zog sie zum Bett. Bis jetzt hatte er ihr nichts von seinen Sorgen erzählt, aber nachdem
     ihm Balà einen weiteren Drohbrief übergeben hatte, wollte er sie einweihen. »Setz dich.«
    Oliva war beunruhigt.
    »Ich befürchte, dass wir noch vorsichtiger sein müssen, meine Liebe. Es sind Gerüchte im Umlauf, ich würde mit einem jungen
     Verwandten durch die Lande ziehen, um adlige Betrüger zu jagen, die dem Vizekönig durch die Lappen gegangen sind.« Er sah
     ihr tief in die Augen, noch unschlüssig, ob er ihr von dem Brief erzählen sollte, in dem Marchese di Regalmici damit drohte,
     ihn und den mysteriösen Begleiter umzubringen.
    »Was willst du damit sagen? Ist es etwa vorbei mit unseren gemeinsamen Abenteuern?« Oliva erschauderte, jedoch nicht vor Angst.
     »Das wirst du nicht wagen!« Sie bebte vor Zorn. Volfango versuchte sie zu besänftigen, indem er zärtlich ihre Hand nahm. »Du
     weißt, wie sehr ich dich liebe, und deswegen werde ich alles tun, um dich zu schützen, auch gegen deinen Willen.«
    Olivas Augen blitzten unnachgiebig. Volfango gab auf: »Nun gut, du hast gewonnen. Aber wir werden uns nicht mehr in der Grotte
     treffen.«
    »Wo dann?« Volfango stellte erleichtert fest, dass Olivas Wut der Neugier gewichen war, und erzählte ihr von dem neuen Versteck
     und wie er darauf gekommen war.
    »Santa Maria delle Sette Spade! Eine Kirche! Du bist ein Teufel!« Sie umarmte ihn.
    Zum allerersten Mal wallten väterliche Gefühle in ihm auf. Seine Geliebte war so jung, dass sie seine Tochter hätte sein können.
     Unvermittelt musste er an die Fehlgeburten seiner Frau und den Fluch der Zigeunerin denken.
    |249| Diese Dinge hatte er lange verdrängt. Würde jetzt das Schicksal seinen Lauf nehmen? Doch seine Bedenken waren sofort vergessen,
     als ihm Oliva zwischen die Beine griff.
    »Ich werde dich immer lieben«, flüsterte er, und sein Kuss war alles andere als väterlich.
     
    Eine stockfinstere Nacht. Die feuchte Kälte des unterirdischen Saales kroch den Brüdern in die Knochen, und sie drängten sich
     dicht aneinander, um wenigstens etwas Wärme zu spüren. Dieser Ort war ihnen unheimlich, ein Labyrinth aus Gängen und Gräben,
     aber er war sicher. Ein Mitbruder, der Abt der Klosterkirche, hatte auf Bitten des Barons die Bauarbeiten unauffällig an eine
     andere Stelle verlegen lassen. Zudem verbargen jetzt riesige Felsbrocken den Eingang zum Saal. Der Baron hatte sogar eine
     Möglichkeit gefunden, ein Röhrensystem anlegen zu lassen, das ins Freie führte und frische Luft in die Tiefe leitete. Zwar
     bestand jederzeit Einsturzgefahr, aber dieses Risiko mussten die Brüder eingehen. Im Vergleich zu dem, was sie erwartete,
     wenn sie in die Hand ihrer Feinde fielen, war dies das kleinere Übel.
    An diesem Abend plagten die Fratelli andere Sorgen. Barone d’Altino und sein junger Begleiter waren immer noch nicht da.

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