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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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den Auslagen wehtaten. In der Stadt war viel los, sodass ich die beiden ständig verlor – und sie durch Regale mit Kleidern und Schuhen verfolgte, die scheinbar immer länger wurden und sich teilten und mich einschlossen wie ein Traum, während in meinen Augen Tränen brannten, weil ich das Gefühl hatte, dass die zwei das absichtlich machten und mich abschütteln wollten.
    »Komm schon, Lola!«
    Ich folgte ihnen durch das Einkaufszentrum. Es war, als hätten sie eine Liste abzuarbeiten. Jessops, Superdrug, Wilkinson. Emma trug eine Strickjacke, die Chloe gehörte – ein hellblaues Teil, das vorne gekreuzt wurde und in der Taille gebunden. Es war zu zart für Emmas eckige, breite Schultern. Sie war größer als ich und Chloe. Sehr unfeminin, dachte ich und fragte mich, ob sie gestern bei Chloe übernachtet hatte.
    »Kommst du oder nicht?«
    Carl wollte sich mit uns in dem Parkhaus über dem Busbahnhof treffen. Er war ganz oben, und wir nahmen den Aufzug. Es roch komisch darin, nach Bleichmittel und Pisse und der dünnen Hühnersuppe, die man an den Automaten im Bahnhof kaufen konnte. Die Tür war orange lackiert und glitt mit einem klapprigen, nicht gerade beruhigenden Scheppern zu.
    »Chloe, bist du sicher, dass er da ist?«, fragte Emma. »Wenn ich um drei nicht zu Hause bin, bringt mein Dad mich um.«
    Chloe lächelte. »Er wird da sein«, erwiderte sie. »Er hat uns noch nie enttäuscht, oder?«
    »Das würde ich ihm auch nicht raten.«
    »Wen kümmert schon dein Dad? Ich werde jedenfalls den ganzen Abend draußen verbringen.«
    »Deine Mutter kriegt Zustände, wenn du das tust«, sagte ich. »Und du bekommst für den Rest deines Lebens Wochenend-Hausarrest.«
    »Sie hat mich zu meiner Großmutter geschickt«, entgegnete Chloe. »Sie hat gesagt, ich soll anrufen und mich selbst einladen.«
    »Warum? Fahren sie weg?«, fragte Emma, während ich an das leere Haus dachte, den abschließbaren Barschrank, den Chloe mit einer Haarspange öffnen konnte, den Computer ihres Vaters und das teure Fußmassagegerät ihrer Mutter, das nicht aus der Schachtel genommen werden durfte.
    »Nö«, antwortete Chloe, während der Aufzug langsam nach oben fuhr und meinen Magen unten zurückließ. »Sie haben Eheprobleme .«
    Emma runzelte die Stirn. »Wollen sie sich trennen?«
    »Das bezweifle ich. Sie ist ihm und seiner kleinen Freundin auf die Schliche gekommen. Sie hat die Teekanne nach ihm geworfen, die sie damals zur Hochzeit geschenkt bekommen haben.« Sie musterte uns mit verschlagenem Blick, als wollte sie unsere Reaktion testen. Ich schaute zu Emma, die eine perfekte mütterlich-besorgte Miene aufgesetzt hatte.
    »Kommst du damit klar?«, fragte sie.
    Chloe lachte. »Ich finde es ekelhaft, dass er es mit einer Grundschullehrerin treibt. Aus dem Alter sollte er raus sein. Ihm wachsen Haare aus den Ohren, und er schneidet seine Zehennägel in der Badewanne und drückt sie anschließend in den Abfluss. Ich werde ihr einen Besuch in ihrer Schule abstatten und ihr das erzählen.« Sie streckte den Zeigefinger aus und stach damit im Takt zu ihren Worten in die Luft. »Direkt vor ihrer Klasse. Ich werde sagen, dass er ein dreckiger alter Mann mit Schweißrändern in seinen Arbeitshemden ist und dass er einmal ›du liebe Güte‹ rief, als irgendein Arsch uns von hinten an der Ampel anrempelte. Dann wird sie bestimmt nicht mehr mit ihm bumsen wollen.« Sie schnalzte mit der Zunge gegen die Zähne und zwinkerte. »Problem gelöst!«
    Ich kicherte. Chloe war erstaunlich. Die Sache war die: Sowas Durchgeknalltes war ihr jederzeit zuzutrauen.
    »Wie ist deine Mum dahintergekommen?«, fragte Emma.
    »Ja, hat sie die beiden in flagranti erwischt? In ihrem Ehebett?«
    »Von wegen.« Chloe schüttelte den Kopf. »Ich habe mitbekommen, dass er von dem Apparat oben mit ihr telefonierte. Lauter kitschiges Liebesgeflüster. Er hörte sich an wie ein absoluter Volltrottel. Das hat mich angestunken, also habe ich es ihr gesagt.«
    Emma schien abzuwägen, ob sie Chloe sagen sollte, dass das keine gute Idee gewesen war, als sich die Fahrstuhltür ruckelnd öffnete und Chloe als Erste hinausstürzte.
    »Kommt schon, ihr Weicheier!«, rief sie.
    Das Parkhaus war düster und windig, und Carl hatte seinen Wagen an der Vorderseite geparkt. Er saß auf der gewölbten Außenrampe, die auf die Hauptverkehrsstraße und die Geschäfte zeigte. Er hatte dunkles Haar, das zum letzten Mal vor einem Vierteljahr geschnitten worden war und zottig über seine

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