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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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mehr davon übrig war.
    »Jetzt bist du dran«, sagte ich.
    »Dran? Womit?«
    »Erzähl mir was von ihr, was ich nicht weiß. Ich habe dir von den Ladendiebstählen erzählt, oder nicht? Ihr habt zusammen Sachen gemacht. Ohne mich. Erzähl mal, was ihr so getrieben habt.«
    Emma schüttelte den Kopf und forderte mich auf, etwas mitgehen zu lassen. »Na los, mach schon, geh los und steck dir was in die Tasche. Ein Paar Ohrringe. Eine Sonnenbrille. Irgendwas Kleines.«
    »Nein!«, sagte ich. Lauter als beabsichtigt. »Erzähl mir von Chloe. Glaubst du wirklich, sie … « – ich konnte ihr nicht in die Augen sehen – »… hat getan, was allgemein behauptet wird?«
    Niemand spricht von Selbstmord. Das wirft kein gutes Licht auf uns alle. Wir sagen Tragödie .
    »Mach schon«, wiederholte Emma und lächelte in ihre Tasse. »Oder hast du Schiss?«
    Wir sind jetzt erwachsen, und doch ist Chloe immer noch bei uns und wartet darauf, beeindruckt zu werden.
    »Wir verhalten uns zu auffällig, um was zu klauen«, sagte ich.
    Die Leute starrten bereits. Zwei erwachsene Frauen, die sich benahmen wie unartige Schulmädchen. Die zu laut lachten. Unsere Jacken waren verwaschen, fleckig, hatten ihre beste Zeit hinter sich. Wir hätten gut nach billigem Wodka und Zwiebeln stinken können oder nach ungewaschener Unterwäsche und schalem Bier.
    »Du bist schon bestraft worden«, sagte sie. »Du hast noch was gut.«
    Das ist Emmas Denkweise. Sie geht gern spazieren und schlitzt Autoreifen auf oder bricht Außenspiegel ab als eine Art Rache, weil sie glaubt, dass Autos die Umwelt vernichten. Sie trägt einen WWF -Button und einen aufgestickten Regenbogen am Revers ihrer Jacke. Sie hat selbst ein Auto, aber sie macht es wieder gut, indem sie es nur benutzt, wenn sie ein bisschen was getrunken hat, die Roststellen unter Greenpeace-Aufklebern versteckt und ehrenamtlich arbeitet. Sie ist menschenscheu, aber sie hat ein Herz für Pflanzen und Tiere. Sie hasst Männer, und sie regt sich über alles auf.
    »Wenn man mich beim Klauen erwischt, bin ich meinen Job los«, sagte ich.
    Beim Gedanken an meine Arbeit höre ich die Musikberieselung und das Quietschen von Gummiabziehern an der gläsernen Aufzugtür. Ich habe eine künstliche Grünpflanze in einem Topf vor Augen, vermeintlich gefüllt mit Baked Beans, aber tatsächlich sind es nur Styroporkugeln, die angemalt sind, damit sie aussehen wie Kiesel. Das ist nicht viel. Das ist mein Zuhause.
    »Ich bin auf meinen Job angewiesen.«
    Emma zuckte mit den Achseln. Sie hat keinen anderen Job als ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten, wo man nicht gefeuert werden kann, darum spielt es für sie keine Rolle.
    »Dann lass uns verschwinden«, sagte sie und stieß ein leises Glucksen aus, während ich mich an ihr vorbeiquetschte, um vom Tisch aufzustehen. Sie machte eine Bewegung, und ihre Untertasse kippte um, sodass sich die restlichen Zuckerkörner über den Boden mit Marmormuster verteilten. »Gehen wir eine Kneipe suchen.«
    Aber so einfach war es nicht. Wir schauten uns noch einmal bei den Damenaccessoires um. Dort war es damals passiert. Sie bestand darauf, dass es höchste Zeit war, mich meiner Vergangenheit zu stellen.
    »Schau mal«, sagte sie und zupfte einen rot-weißen Chiffonschal aus einem Korb auf der Verkaufstheke, schwenkte ihn durch die Luft wie eine Papierschlange und wickelte ihn sich dann um die Hand. Sie lachte laut, und jemand ging stirnrunzelnd zwischen uns durch. Emma hat gelbe Zähne, weil sie jeden Tag eine Selbstgedrehte nach der anderen qualmt. Sie stinkt. Wenn ich meine Haare nicht zu einem Knoten drehe und unter der Wollmütze verstecke, habe ich eine verfilzte dunkle Matte aus feuchten Locken, die nach Talg riechen. Wir schminken uns nicht. Ich habe Aknenarben, und Emma läuft ständig mit Fieberbläschen herum.
    Wir sind nicht die Mädchen von früher.
    Ich beobachtete Emma, während sie herumwirbelte, aber ich verpasste den Moment, als sie den Schal verschwinden ließ, beziehungsweise, als er von ihrer Jackentasche in meine wanderte. Ein Taschenspielertrick. Ein Kniff, ein Zauberkunststück. Bestimmt hatte Chloe ihr das gezeigt. Ein vertrauter Stich von Eifersucht. Wie kommt es, dass Emma das lernen durfte und ich nicht?

5
    Ein Vormittag irgendwann in dem Winter, bevor sie starb. Wir waren zu dritt in der Stadt unterwegs. Es muss kurz vor Weihnachten gewesen sein, weil in allen Geschäften diese dämliche Musik lief und mir bereits die Augen von dem ganzen Rauschgold in

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