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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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anstarrte.
    »Genau hier«, sagte sie. »Hier ist er rausgekommen.«
    »Okay«, sagte ich, und sie ging rasch um mich herum und stellte sich auf den Pfad, die Hände in die Hüfte gestemmt.
    »Und ich war hier und ging in diese Richtung.«
    »Okay«, sagte ich.
    Emma nickte eifrig.
    »Was hast du eigentlich im Park gemacht?«, fragte ich Emma. »Mutterseelenalleine dort rumzulaufen. Das ist keine gute Idee.«
    Emma sah weg, und Chloe rollte mit den Augen.
    »Sie lag im Gebüsch, breit wie ein Eimer, und hat mit ihrem Freund gepoppt – was glaubst du denn, was sie gemacht hat?«, sagte sie, und dann lachte sie, und Emma lachte auch, und die beiden brüllten so laut, dass ich dachte, es sei ein Witz – dass die bloße Vorstellung, Emma könnte einen Freund haben und Chloe nicht, zum Totlachen war – , also lachte ich mit und fragte kein zweites Mal.
    Abgesehen von dem Traum, den Chloe mehr aus einer Laune heraus erwähnt hatte, um mich zu unterhalten, statt mir ihre Ängste anzuvertrauen, hatte sie plötzlich kein Interesse mehr daran, über das Thema zu sprechen. Nach ihrer anfänglichen Begeisterung und Hysterie schien der ganze Vorfall sie nun zu langweilen. An dem Abend, an dem sie mir zeigte, wo es passiert war, machte sie mich später mit Carl bekannt, und nicht lange danach begann er auch jedes Mal aufzutauchen, wenn wir im Park waren. So brauchte sie sich wenigstens keine Sorgen zu machen wegen seltsamer Typen, die zwischen den Büschen herumkrochen und sie überraschten.

11
    Ich stehe und sehe Emma an, die auf meiner Couch sitzt, und ich warte einen Moment, als würde sie noch etwas sagen. Nichts. Also setze ich mich neben sie. Wir verfolgen die wechselnden Bilder im stummen Fernseher. Nichts Neues. Die Wiederholung von der Wiederholung von der Entdeckung: der Bürgermeister, der sich auf seinen Spaten stützt, der Luftballon, der nach oben schwebt in die feuchte Luft.
    »Hast du live gesehen, wie es passiert ist?«, fragt Emma.
    »Ja.«
    »Bist du sicher, dass ich nichts verpasst habe? Auf dem Weg hierher? Wissen die schon, ob es ein Mann ist oder eine Frau? Oder wie alt die Person ist? So etwas muss sich doch rasch feststellen lassen.«
    Ich schüttele den Kopf. »Fehlanzeige«, sage ich.
    »Hast du überlegt, ob du hingehst zum Spatenstich?«
    Die Polizei hat eine Absperrung gezogen mit gelbem Flatterband und uniformierten Beamten. Terry steht davor und deutet auf das Kommen und Gehen der Gerichtsmediziner hinter ihm. Sie tragen tatsächlich Ganzkörperanzüge aus weißem Plastik. Ich dachte, das machen die nur in Filmen. Hin und wieder fängt jemand außerhalb des Kamerabilds Terrys Blick auf, und er nickt oder runzelt leicht die Stirn.
    Es ist viel los. Eine Menge Leute sind da. Die Ersten sind schon früh gekommen, wegen Chloes Gedenkstätte. Jetzt, wo es dunkel ist und die Leiche aus der Umklammerung der Erde gegraben wird, sind die Gaffer da.
    »Nein«, antworte ich bedächtig. »Du?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Ich hatte Angst, ich könnte erkannt werden.«
    Mir fällt etwas ein. »Weißt du, woran ich heute Abend gedacht habe?«, sage ich. »An das eine Mal, als du und ich und Chloe in der Stadt waren und lauter Zeug geklaut haben und Carl uns hinterher abholte. Weißt du noch? Es war arschkalt und spiegelglatt auf den Straßen, aber er hat darauf bestanden, uns nach Hause zu fahren.«
    Emma nickt. »Ich erinnere mich«, sagt sie. »Chloe ist mit der halben Make-up-Vitrine unter dem Pulli rausgelaufen, während du dir bloß eine Handvoll Bonbons aus der Auslage geschnappt hast.«
    »Nein«, sage ich. »Das ist nicht richtig. Du hattest lauter Polaroidfilme, und Chloe hatte einen Haufen seltsames Zeug – Schrauben und Bolzen und Nägel und so. Carl hat euch losgeschickt mit einer Einkaufsliste. Er brauchte die Sachen für seine Dunkelkammer. Ich frage mich, ob sie jemals fertig geworden ist.«
    Emma runzelt die Stirn. »Das war keine richtige Dunkelkammer. Er hat hinten im Schlafzimmer das Fenster mit ein paar alten Holzlatten zugenagelt und eine rote Glühbirne in die Lampe geschraubt. Er hat die Tapete von den Wänden abgekratzt und alle Möbel rausgeworfen bis auf das Bett. Ich glaube nicht, dass er wusste, was er tat, nicht wirklich. Seine Mutter wäre Amok gelaufen, wenn sie es gesehen hätte.«
    »Woher weißt du das?«
    Sie zuckt mit den Achseln. »Er hat es mir erzählt. Und es mir sogar einmal gezeigt. Seine Mutter kam nie nach oben. Sie war halb taub und saß im Rollstuhl. Sie hatte

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