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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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zum Arzt bringen soll, gleich als es angefangen hat«, sagte Amanda kopfschüttelnd und stand auf, um wieder an den Karten herumzufummeln.
    Ich spürte das Papierdreieck hinten in meiner Jeans.
    »Fang jetzt nicht wieder an«, sagte Chloe. Amanda öffnete den Mund – stand kurz davor, glaube ich, zu versuchen, sie zu disziplinieren, als Nathan aufstand und, nach wie vor mit dem Rücken zu uns, auf den Fernseher zeigte. The Crystal Maze war vorüber, und es liefen die Nachrichten.
    »Mach lauter! Mal sehen, ob sie diesen Widerling geschnappt haben!«
    Nathan gehorchte der trällernden Stimme aus der anderen Ecke des Raumes und drehte an dem Regler.
    Terry erschien pünktlich und winkte den Kameraleuten und Regieassistenten, während er durch das Studio stolzierte, bevor er auf die Couch glitt und zu den letzten Takten der Titelmusik mit den Fingern auf den Couchtisch trommelte, wie er das immer tat. Fiona bekam keinen derartigen Auftritt – sie saß immer bereits auf der Couch und wartete auf ihn. Er lächelte. Sein Gesicht war angenehm asymmetrisch: eine hochgezogene Braue, ein Grübchen in seiner Wange. Seine Haare waren seitlich gescheitelt und schwarz und matt und üppig – dicht wie eine alte Pelzjacke.
    »Das ist mal eine Krawatte«, hauchte Amanda.
    In der Tat. Kein Weihnachtsmann oder Rentier mehr, schließlich war Dreikönige schon vorbei, sondern ein Schneemann mit schwarzen Zweigen als Arme und Kohlenstücken als Augen und Mund. Terry war der Liebling aller Mütter.
    »Guten Abend«, sagte er, »und willkommen zu den Lokalnachrichten um sechs.« Sein Ton war herzlich, aber sein Lächeln verblasst, was grundsätzlich schlechte Neuigkeiten bedeutete.
    »Im Laufe des Nachmittags haben wir von der Polizei Meldungen erhalten, wonach seit Kurzem ein Einwohner der Stadt vermisst wird: Daniel Wilson, aus dem Vorort Longton.«
    Sie blendeten sein Foto ein. Wilson, mit seinem roten Partyhütchen, der mit offenem Mund grinste und vermisst wurde. Vermisst seit dem Nachmittag des 26. Dezember, als er nach einem späten Frühstück einen Spaziergang gemacht hatte. Ein Schutzbefohlener. Spurlos verschwunden. Und das bei dem Wetter.
    Ich musste an mich halten, um Chloe nicht heimlich einen Stups zu geben, aber ihre Augen klebten ohnehin an der Mattscheibe. Das wollte ich dir die ganze Zeit sagen , lag mir auf der Zunge.
    »Während seine Eltern bereits in der ganzen Stadt Plakate mit dem Konter fei ihres Sohnes aufgehängt haben, hat die Polizei sich erst jetzt des Falls angenommen. Bei dem Vermissten handelt es sich schließlich um einen erwachsenen Mann«, sagte Terry. Er lehnt e sich auf der Couch zurück. Das waren Allerweltsnachrichten, die kaum was mit seiner aktuellen Story zu tun hatten und ihn daher wenig interessierten. Fiona, als wäre ein Schalter angeknipst worden, erwachte zum Leben, lächelte und übernahm den Telepromptertext an der Stelle, wo er abgebrochen hatte.
    »Wir werden nun die Telefonnummer am unteren Bildrand einblenden.« Sie deutete schräg mit den Fingern nach unten. »Falls Sie Informationen haben, welcher Art auch immer, dann rufen Sie uns an, und wir werden Ihre Angaben an die Polizei weiterleiten. Es hat bereits lange Tradition in unserer Sendung, dass die Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen wird, um solche Fälle zu lösen, nicht wahr, liebes Team?«
    Die Kamera machte plötzlich einen Schwenk zu den Kulissen hinter der Bühne, wo der Laminatboden und die cremefarbenen Studiowände mit Kreide markiertem schwarzem Filz wichen und wo eine Schar von Kameraleuten und Bühnenassistenten, alle in Jeans, eifrig nickte.
    »Die Polizei versucht, Wilsons Weg zu rekonstruieren, nachdem er an jenem Morgen das Haus in Richtung Stadt verließ. Jeder Hinweis kann nützlich sein. Seinen Eltern zufolge war Wilson eine kleine Lokallegende, nicht wahr, Terry?«
    »Er war ein sehr bekanntes Mitglied in seiner Gemeinde«, antwortete Terry mechanisch. »Trotz seiner Einschränkungen war er ein begeisterter Angler und häufig draußen anzutreffen, weil er oft durch die Gegend spazierte. Er war ein großer Fußballfan und hatte zwar keinen Lieblingsverein, aber dafür großen Spaß, wenn am Wochenende im Park gekickt wurde.«
    »Uns wurde gesagt, dass er gerne auf andere Menschen zuging, um neue Bekanntschaften zu schließen«, sagte Fiona, »was bedeutet, dass viele von Ihnen vor dem Bildschirm sein Gesicht kennen werden. Können wir das Foto noch mal zeigen?«
    Der Fernseher war Schrott – nur ein winzig

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