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Ich klage an

Titel: Ich klage an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayaan Hirsi Ali
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Rechten basierende Gesellschaft bewahren sowie Rechtsextremismus und religiöse Intoleranz bekämpfen und andererseits den Muslimen bei ihrem Aufklärungsprozeß behilflich sein? Bis heute haben Politiker, Entscheidungsträger, aber auch Philosophen auf dieses Dilemma mit der Furcht davor reagiert, Muslimen ihre Denkweisen, Sitten und Gebräuche vorzuhalten, die zwar ein Produkt ihrer Religion sind, sich jedoch überaus nachteilig für sie selbst und die Gesellschaft auswirken.
    Noch haben die reaktionären Kräfte im Islam die Oberhand. Wie die Regimes im Nahen Osten die Unterstützung der USA mißbrauchen, um ihre eigene Macht zu konsolidieren, so gelingt es vielen islamischen Organisationen in den Niederlanden, ihre konservativen Auffassungen etwa bezüglich der Stellung der Frau beizubehalten. Auch die staatlichen Organe gehören zu den Parteigängern der reaktionären Kräfte. Ein Beispiel dafür ist der Bürgermeister von Amsterdam, Job Cohen, der mit seinem Aufruf, die bindende Kraft der Religion erneut lebendig werden zu lassen, zur Integration von Muslimen in die niederländische Gesellschaft beizutragen meinte. Doch wir Muslime saugen die Religion schon mit der Muttermilch ein, und das ist ja gerade mit ein Grund für unsere Rückständigkeit. Mit seiner Aufforderung scheint uns Cohen definitiv in dieser religiösen, vernunftwidrigen Isolation einmauern zu wollen. Deshalb verdient er den Ehrentitel »Scheich« der Reaktionäre. Ein anderes Beispiel ist Minister Roger van Boxtel, der halsstarrig an der Verteidigung des Is-lamunterrichts festhält, obwohl ausgerechnet das unsere Rückständigkeit zementiert. Deshalb kommt van Boxtel der Titel eines »Mullah« der Reaktionäre zu.
    Scheich Cohen und Mullah van Boxtel sollten sich allerdings klarmachen, daß wir bereits vom Glauben und Aberglauben durchtränkt sind. Was uns fehlt, sind Philosophieschulen und die Befreiung unserer Frauen. Ob Scheich Cohen in seiner Stadt wohl einmal ein Frauenhaus besucht hat? Dann hat er mit seinem schier endlos geduldigen Ohr bestimmt etwas von dem im allgemeinen verborgenen, aber dort massenhaft vorhandenen Leid der muslimischen Frauen gehört, über das die Stichting Islam en Burgerschap (Stiftung Islam und Staatsbürgerrechte) kein Wort verliert. Über das Leid der Frauen schweigt die islamische Gemeinschaft und schweigen alle 753 subventionierten islamischen Organisationen in den Niederlanden wie ein Grab. Nur Sozialhilfeeinrichtungen wie das RIAGG (das regionale Institut für ambulante Psychiatrie), der Raadvoorde Kinderbescherming (das Jugendamt) oder der Aanmeldpunt Kindermishandeling (Meldestelle für Kindesmißhandlung) wissen von dem Leid. Dort melden sich muslimische Frauen in großer Zahl, aber auch diese und andere soziale Einrichtungen dürfen aufgrund ihrer Schweigepflicht nichts sagen.
    In muslimischen Familien ist es ein schweres Tabu, über Verhütung, Abtreibung und sexuelle Gewalt zu sprechen. Das Tabu stammt direkt aus unserer Religion. Ein schwangeres Mädchen sagt zu Hause kein Wort darüber. Die bindende Kraft ihrer Religion wirkt sich ausschließlich negativ aus, als reine Unterdrückung. Das Ergebnis ist nicht Verbundenheit oder Zusammengehörigkeit, sondern innere Zerrissenheit und schreckliche Einsamkeit. Als einziger Ausweg bleibt die Abtreibungsklinik, wo muslimischen Mädchen regelmäßig geholfen wird, auch diese Belastung müssen sie anschließend heimlich ertragen. Sechzig Prozent aller Schwangerschaftsab-brüche in den Niederlanden werden an Immigrantinnen vorgenommen, darunter erschreckend viele, die aus einem muslimischen Umfeld stammen.
    Es gibt bereits heute in den Niederlanden Angst vor dem Islam. Politiker und Entscheidungsträger in den Niederlanden fürchten sich viel zu sehr davor, uns Muslime mit unserem Wahn zu konfrontieren. Aus Angst zu verletzen, bleiben Ungerechtigkeit und menschliches Leid aufrechterhalten.
Unvereinbare Normen - Integration als Initiation in die Moderne
5,
Der Fall Anab
Submission Teil I

Unvereinbare Normen - Integration als Initiation in die Moderne
    Das Integrationsproblem ist wie kein anderes eine normative Frage. Von Migranten wird de facto erwartet, daß sie bestimmte, in den Niederlanden geltende Normen und Werte übernehmen und entsprechend handeln. In der Integrationsdebatte neigen wir dazu, das von diesen Normen abweichende Verhalten von Muslimen zu kritisieren, aber dessen Grundlagen nicht in Frage zu stellen oder gar zu rechtfertigen. Wir

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