Ich klage an
Gruppe versucht sich zu bereichern, oft mit Hilfe von Bestechung und Erpressung. Ein Großteil der Bevölkerung nimmt die Situation hin, wie sie ist, denn man kann sich eigentlich nicht erinnern, daß es je anders gewesen wäre.
Fundamentalismas: Die Fundamentalisten sind der stark wachsende Teil der Bevölkerung, welcher die existierenden Machtverhältnisse ablehnt. Auch unter gut ausgebildeten Berufstätigen (Anwälten, Ärzten und so weiter) ist der Fundamentalismus im Kommen, weil sie von säkularen Ideologien wie liberaler Demokratie, Nationalismus und Kommunismus enttäuscht sind. Fundamentalisten glauben, die Antwort auf Lewis’ Frage »What went wrong?« laute, daß die gesellschaftliche Misere von der Vernachlässigung islamischer Werte und Normen herrühre. Beispiele dafür sind die Islami-sehe Bruderschaft, Bin Ladens Al-Qaida oder Erbakans Milli Görüs in der Türkei. Diese Gruppen werfen vor allem den USA vor, sie würden den Despotismus in ihren Ländern unterstützen. Gelegentlich werden die Fundamentalisten als die einzige authentische Opposition in der islamischen Welt beschrieben, ohne die Tatsache zu berücksichtigen, daß in zahlreichen Ländern auch eine demokratische und/oder weltliche Opposition existiert. Die Macht der Fundamentalisten beruht auf einer sehr aktiven Missionsarbeit, auf der Aversion gegen die vom Staat gestützten Geistlichen, auf der Gewalt der Verzweifelten (Terror und Märtyrertum) sowie eigenen religiösen Zentren wie der bereits 988 in Kairo gegründeten islamischen Al-Azhar-Universität in Ägypten.
Was diejenigen betrifft, die flüchten - die Emigranten: Die größten Verlierer der Stagnation sind die vom Land stammenden landlosen Bauern. Durch die Landflucht entwurzelt wurden sie zu »niedrigen« Arbeiten verdammt und werden deshalb in einer Ehr- und Schamkultur nicht selten grausam und unmenschlich behandelt. Oft können sie kaum lesen und schreiben oder sind sogar Analphabeten. Auch viele andere ohne den richtigen Stammes- oder Sippenhintergrund (Gewerbetreibende, Menschen mit einer einfachen Berufsausbildung, rangniedere Beamte und so weiter) sind von der Armut bedroht. Ein Teil der vom Land stammenden Massen wurde seit den sechziger Jahren als Gastarbeiter nach Westeuropa geholt; außerdem sind zahlreiche Menschen aus den von Bürgerkrieg und Hungersnöten heimgesuchten Ländern geflohen. Zahlenmäßig ist diese Gruppe der als Asyl- oder humanitäre Migranten nach Europa Gekommenen relativ gering. Der übergroße Teil der Flüchtlinge bleibt in den Nachbarländern, meist in Lagern, die vom UN-Flüchtlingshochkommis-sariat (UNHCR) verwaltet werden. Der Arab Human Deve-lopment Report stellt übrigens fest, daß bei vielen Einwohnern der islamischen Welt der Wunsch, in die reichen westlichen Länder zu emigrieren, besonders hoch ist.
Die Muslime in den Niederlanden
Der größte Teil der in die Niederlande zugewanderten Muslime (Türken und Marokkaner und ein Teil der Asylmigranten) hat sich nicht bewußt für die Niederlande entschieden, sondern ist aus Not hierhergekommen. Diese Migranten stammen aus ländlichen Gebieten mit einer immer noch dominierenden Stammestradition.
Wenn wir Kultur als das Repertoire von Wissen, Symbolen, Sitten und Gebräuchen, Meinungen, Fertigkeiten und Verhaltensregeln einer Gemeinschaft definieren 18 , dann lebt die Mehrheit der Muslime in ihren Kulturäußerungen noch in der prämodernen Zeit. Ihr kultureller Hintergrund hat drei wichtige Kennzeichen: Als allererstes eine hierarchisch-autoritäre Einstellung. Als zweites eine patriarchalische Familienstruktur, in welcher die Frau eine reproduktive Funktion hat und dem Mann zum Gehorsam verpflichtet ist. Tut sie es nicht, macht sie der Familie Schande. Ein drittes Element ist das gruppengebundene Denken, in dem die Gruppe immer wichtiger ist als das Individuum; es existiert eine starke soziale Kontrolle; das leidenschaftliche Wachen über die eigene Ehre macht die Menschen davon besessen, Schande zu vermeiden, wobei das Ignorieren oder schlichte Leugnen des wirklich Vorgefallenen sehr üblich und weithin akzeptiert ist. Diese traditionelle Gedankenwelt ist getränkt von versteinerten religiösen Auffassungen.
Erwartungsgemäß entstehen dadurch große Integrations-
Probleme; ein Beispiel dafür ist die Disfunktionalität von autoritärem Denken am Arbeitsplatz. Wenn ein marokkanischer Lagerverwalter eines großen Supermarktes seine Untergebenen mit Einschüchterung und verbaler
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