Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
dass du ein Engel bist.« Er schickte ihr ein Luftküsschen über den Tisch. »Ich liebe dich. Auch für deine Bescheidenheit.«
Vivi griff zu ihrem Weinglas. »Dann lass uns auf das Kinderhaus Sonnenschein trinken. Wäre doch ein schöner Name, oder?«
»Wunderschön«, bestätigte Jan.
Zweifelnd sah Vivi ihn an. Sagte er die Wahrheit? Oder war ihm eine teure Villa am Ende doch lieber?
Das Hochzeitsfest fand an einem sonnigen, klaren Oktobertag statt. Sicher, es wäre vielleicht besser gewesen, das Trauerjahr abzuwarten, so wie es sich gehörte. Doch Vivi wollte nicht mehr die trauernde Witwe spielen. Die Zeit der Einsamkeit war vorüber.
Auf dem Standesamt hörte Ela gar nicht wieder auf zu weinen. Sie fungierte als Trauzeugin, was sie emotional völlig aus der Kurve trug. Am Arm von Übergangsmann Maximilian Sell hängend, schniefte sie so laut, dass man kaum den Standesbeamten hörte.
»Schätzelein«, schluchzte sie, als die Zeremonie vorüber war, »ich hab dich so unendlich lieb! Bleib glücklich, Vivi, du hast den besten Mann der Welt erwischt.«
»Den zweitbesten«, hüstelte Maximilian Sell, der sich offenbar für alles andere als einen Übergangsmann hielt.
Mit stolzem Besitzerblick legte er einen Arm um Ela, die ein dramatisches feuerrotes Cocktailkleid für diesen Anlass gewählt hatte. Auch ihr Make-up war eher dramatisch ausgefallen, zumal ihr die Wimperntusche samt Tränen mittlerweile bis zum Kinn gelaufen war.
Vivi trug ein hübsches cremeweißes Kostüm, das sie sich extra gekauft hatte. In ihrem ungewohnt gewagten Dekolleté baumelte eine goldene Kette mit einem Herzanhänger, Jans Hochzeitsgeschenk. Für die Frau mit dem goldenen Herzen, wie er ihr zärtlich ins Ohr geraunt hatte. Auch er machte bella figura in seinem neuen Maßanzug, den Vivi ihm zur Vermählung spendiert hatte.
Nach dem Standesamt ging es nach Hause. Vivi hatte tagelang in der Küche gestanden und schon am Morgen ein riesiges Buffet im Vorgarten des Reihenhauses aufgebaut. Das alte Fräulein Kellermann hatte aufgepasst, dass es nicht vorzeitig geplündert wurde. Es gab italienische Vorspeisen, verschiedene bunte Salate, Coq au vin, indisches Curry und einen ganzen Tisch nur mit Kuchen und Desserts. Das professionelle Catering, das Jan vorgeschlagen hatte, wäre nicht nach Vivis Geschmackgewesen. Liebe geht durch den Magen, hatte sie gesagt, und dass sie die ganze Welt umarmen und bekochen wolle.
Die Straße war für den Durchgangsverkehr gesperrt, der Vorgarten war mit Papiergirlanden geschmückt, und eine Blaskapelle spielte, als sie vorfuhren. Unter dem Applaus der Nachbarn und dem Gejohle sämtlicher Kinder der Siedlung tanzten Vivi und Jan einen Walzer auf dem Asphalt. Schwerelos lag sie in seinen Armen, während er ihr sagte, wie sehr er sie liebe.
Damit war das Fest eröffnet. Sogar Fräulein Kellermann tanzte, mit dem mürrischen Rentner von gegenüber, der sich sonst immer über den Kinderlärm beschwerte. Heute meckerte niemand. Alle freuten sich mit Vivi, alle langten zu, auch bei der selbstgemachten Erdbeerbowle, für die Vivi besten Champagner genommen hatte, auch wenn das keiner wissen durfte. Ihr Reichtum blieb ihr Geheimnis, so wollte sie es. Selbst Ela hatte keinen blassen Schimmer, dass ihre Freundin ein geradezu absurd großes Vermögen geerbt hatte. Vivi hatte ja auch nicht vor, es lange zu behalten.
Sie war überglücklich. Immer wieder musste sie Jan ansehen, ihren wunderbaren Jan, der sich mit allen glänzend verstand und sogar Fräulein Kellermann aufforderte, die ihm kichernd einen Tanz überließ. In jedem Satz, den Vivi an diesem Tag von sich gab, brachte sie mindestens einmal die Worte »mein Mann« unter.
Nur Tiger blieb dem Fest fern, schreckhaft, wie er war. Er hatte sich irgendwo im Haus verkrochen und wartete, dass der Lärm aus Musik, Kinderkreischen und Stimmengewirr endlich vorbei war.Am Abend gingen Vivi und Jan zusammen in die Badewanne, auf deren Rand Jan viele kleine rote Teelichter gestellt hatte. Im Wasser schwammen Rosenblätter, ein Duft nach Vanille erfüllte den Raum.
»In meiner Badewanne bin ich Kapitän!«, schmetterte Vivi.
Jan drängte sich so ungestüm an sie, dass das Badewasser überschwappte und ein paar Kerzen erledigte. »Aye, aye, Käpt’n, was kann ich für Sie tun?«
»Deck schrubben, Matrose«, befahl Vivi.
»Dein Vorderdeck oder dein Hinterdeck?«
Sie bewarf ihn mit einem nassen Schwamm. »Frechheit! Dafür setzt es Kombüsendienst!«
Ausgelassen
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