Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
Jan und übernachtete manchmal in seiner eher kargen Junggesellenbude in Frankfurt. An den Wochenenden kam er zu ihr nach Wiesbaden. Dann schlenderten sie über den Wochenmarkt, plünderten die Delikatessengeschäfte, kochten gemeinsam oder gingen essen.
Ela freute sich unbändig für ihre Freundin, obwohl sie sich beschwerte, dass sie Vivi kaum noch sah, allenfalls für einen schnellen Kaffee zwischendurch. Aber da sie inzwischen eine Affäre mit Maximilian Sell angefangen hatte, verzieh sie Vivi leichten Herzens, dass Jan neuerdings Vorfahrt hatte.
»Wer hätte das gedacht?«, lachte sie. »Wir beide sind wieder bemannt! Der Sell ist zwar nur ein Übergangsmann, aber bei dir wird es langsam ernst, oder?«
»Das kannst du laut sagen.«
»Dann halt ihn fest, er ist der Jackpot!«, beschwor Ela ihre Freundin mit einer Überzeugung, um die Vivi sie beneidete.
Zumindest sprach alles dafür, dass Jan tatsächlich der Richtige war. Nach und nach eröffnete er Vivi eine neue Welt, in jeder Hinsicht. Er mochte exotisches Essen, und so lernte sie die Raffinesse der asiatischen, indischen und südamerikanischen Küche kennen. Im Bett wurden sie immer wilder, probierten gewagte Dinge aus und verirrten sich in wahren Labyrinthen der Lust. Nie hätte Vivi für möglich gehalten, dass ihr so etwas Aufregendes noch einmal widerfahren würde.
Auch als sie sich schon zwei Monate kannten, war der Zauber des Anfangs nicht verflogen. Ihr Verhältnis wurde zusehends enger, und Jan sprach jetzt offen von einer Beziehung. Ein Leben ohne ihn war sowieso nicht mehr vorstellbar. Siemochten dieselben Filme, lachten über dieselben Witze, lasen dieselben Kochzeitschriften. Absoluter Gleichklang. Es war wie ein Wunder.
Vivi blieb dennoch wachsam. Unablässig suchte sie den Haken an Jan, aber so kritisch sie ihn auch unter die Lupe nahm, sie fand einfach nichts. Er war aufmerksam, stets guter Laune und behandelte sie wie ein rohes Ei. Keine Bemerkungen mehr über hässliche Dinge wie Umfeldrecherche oder Anfangsverdacht. Keine Anspielungen auf irgendwelche Männer, die es dahingerafft hatte.
Von seiner Arbeit erzählte Jan nur selten, vermutlich aus Taktgefühl und Diskretion. Vivi nahm es erleichtert hin. Auch über Geld sprachen sie nie. Alle Ausgaben wurden geteilt. Wenn sie essen gingen, bezahlten sie abwechselnd, die vielen Millionen jedoch, die Vivi besaß, erwähnten sie mit keinem Wort.
Für Vivi war die Erbschaft nur insofern ein Thema, als sie sich den Kopf darüber zerbrach, was sie damit anfangen sollte. Ihre spontane Idee nahm immer deutlichere Gestalt an. Sie wollte ein Haus einrichten, wo Kinder aus prekären Verhältnissen umsonst essen konnten, Hilfe bei den Schularbeiten bekamen und zur Not auch übernachten konnten, wenn es zu Hause Probleme gab. Täglich las sie in der Zeitung von vernachlässigten und misshandelten Kindern und dass die Jugendämter sich nicht um alle kümmern konnten. Das tat ihr in der Seele weh. Dagegen wollte sie etwas tun. Als Clou hatte sie sich Kochkurse für Kinder ausgedacht, damit die Kleinen lernten, sich anständig zu ernähren, statt in irgendwelchen Frittenbuden abzuhängen.
Eines Sonntagnachmittags, als sie am Rhein spazieren gingen, eröffnete sie Jan ihre Pläne.
»Großartig«, sagte er, obwohl er ein wenig verhalten klang. »Aber willst du dein Geld denn nicht auch ein wenig genießen?«
Vivi kickte einen Stein beiseite, der auf dem Spazierweg lag. »Ich genieße unser Leben so, wie es ist. Mehr brauche ich nicht. Und du?«
»Geht mir genauso«, versicherte er. »Ich dachte nur, wir könnten uns ja mal einen schönen Urlaub gönnen. Oder ein neues Auto. Werners Opaschlitten passt gar nicht zu dir, und meine alte Kiste gibt bald ihren Geist auf.«
Komisch, warum fiel Vivi in diesem Moment auf, dass Jan immer noch seine billige Rolex-Kopie trug? Ob er sich wohl eine echte Rolex wünschte? Sie hatte sich fest vorgenommen, ihn nicht großspurig zu beschenken. Andererseits hatte er bald Geburtstag, und vielleicht lag ihm ja etwas daran. Männer sind nun mal wie kleine Jungs, wenn es um teure Uhren und schnelle Autos geht, dachte sie.
Wenig später überraschte sie Jan zum Geburtstag mit einer goldenen Rolex. Sie war so teuer gewesen, dass Vivi ein schlechtes Gewissen wegen des Kinderhauses hatte, das nun viele tausend Euro verloren hatte. Jan schien das nicht zu stören. Überschwänglich umarmte und küsste er Vivi. Am Samstag darauf streiften sie durch einige Autohäuser und
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