Ich komme von Charlie!
ein
widerwärtiger Hampelmann obendrein.
»Sie hörten Miss Dunne
schreien«, sagte er barsch, »und gingen danach in ihr Zimmer. Sie erzählte
Ihnen, derselbe Mann, den Charlie geschickt hat, habe auf der Feuertreppe
gestanden und mit einer Pistole in der Hand zu ihr hereingesehen. Dann habe er,
als sie geschrien habe, einen Schuß auf sie abgegeben; und sie zeigte Ihnen
auch das Loch über dem Spiegel. Ja?«
»Stimmt, Lieutenant«, murmelte
ich.
»Wann war das ?«
»Ich weiß es nicht .« Ich zuckte die Schultern. »Zwei, halb drei — jedenfalls
schrecklich spät oder schrecklich früh, das kommt ganz auf Ihren Standpunkt an .«
»Miss Dunne behauptet, es sei
beinahe drei Uhr gewesen«, brummte er. »Jedenfalls war es verdammt viel früher
als neun Uhr morgens — als sie sich schließlich bequemte, es dem
Polizeidepartement zu melden .«
»Oh !« brachte ich mit erstickter Stimme hervor.
»Ein Kerl schießt auf sie,
versucht sie umzubringen, und sie hält es erst sechs Stunden später der Mühe
wert, es der Polizei zu melden«, sagte er gelassen. »Glauben Sie, daß sie
verrückt ist ?«
»Ganz entschieden«, knurrte
ich.
»Ist das Ihre Ausrede ?« brüllte er.
»Ausrede? Wofür?« ‘
»Daß Sie es selber auch nicht
für nötig gehalten haben, es zu melden !«
»Ach so!« Ich lächelte ihm matt
zu. »Nun ja, um bei der Wahrheit zu bleiben, Lieutenant, war ich zu diesem
Zeitpunkt beschäftigt .«
»Das hat mir Miss Ansel erzählt«, sagte er heiser. Seine Augen schlossen sich
flüchtig, und als er sie wieder öffnete, lag ein fast sehnsuchtsvoller Ausdruck
in ihnen.
»Mit dem einen Mädchen in deren
Zimmer herumzuknutschen, während in Ihrem eigenen bereits ein anderes wartet«,
sagte er mit belegter Stimme. »Wie schaffen Sie das bloß, Baker? Haben Sie ein
Geheimrezept ?«
»Nur mein natürlicher Charme
vermutlich«, sagte ich bescheiden.
»Das kann doch alles nicht euer
Ernst sein«, schnaubte er. »Je mehr ich von der ganzen Bande, die in diese
Angelegenheit verwickelt ist, sehe, desto mehr habe ich den Eindruck, daß ihr
euch da nur einen Jux leistet. Ich habe noch niemals eine solche Ansammlung von
Spinnern und Verrückten auf einem Haufen gesehen .«
»Ist Ihnen noch nie der Gedanke
gekommen, Lieutenant«, sagte ich tapfer, »daß Sie, anstatt bei einem Haufen von
Spinnern und Verrückten herumzulungern, mal was Nützlicheres tun könnten? Wie
zum Beispiel in ein Flugzeug zu steigen, zur Westküste zu fliegen und sich nach
Charlie Renitz ’ genauem Aufenthaltsort während der
Zeit, als Neil LeFoe ermordet wurde, zu erkundigen! Und
zum Beispiel nachzuprüfen, ob das Skelett auf seiner Lohnliste steht oder
nicht.«
»Ich habe mich gestern abend erkundigt«, sagte Kublin .
»Womit sind Sie denn so schnell
dorthin- und wieder zurückgekommen ?« sagte ich
spöttisch. »Mit einem Besenstiel?«
»Charlie Renitz ist hier in der Stadt, in seiner Wohnung am East River«, knurrte er. »Eins
dieser schicken kleinen Dachapartments am Sutton Place.«
»Und was war los ?« fragte ich begierig.
»Nichts, was sonst?« Er zuckte
gereizt die massiven Schultern. »Charlie Renitz war
gestern den ganzen Vormittag über in seiner Wohnung, und es gibt drei Zeugen,
die bereit sind zu schwören, daß sie bei ihm waren. Eine Beschreibung des
Burschen, der Sackville bedroht hatte, besagte ihm gar nichts, und was diese
>Charlie-schickt-mich<-Masche anbelangt, so nimmt er an, daß irgendein
Bursche mit Sinn für Humor sich das alles ausgedacht hat! Bei Sackvilles Frau —
die frühere Sandra Mace — mußte Charlie hart nachdenken, bevor er sich auch nur
an sie erinnerte. Er fand, Sackville gehöre in eine Nervenheilanstalt, wenn er
sich einbilde, er, Charlie, sei nach wie vor scharf auf das blöde Frauenzimmer
— um Mr. Renitz ’ genaue Worte zu zitieren.«
»Und Sie kaufen ihm das ab ?« fragte ich.
»Wenn ich etwas Greifbares
finde, womit ich nachweisen kann, daß er lügt, werde ich zurückgehen und noch
einmal mit Charlie reden«, knurrte Kublin . »Im Staat
New York gibt es diese umständliche Justiz genannte Einrichtung. Den Gesetzen
zufolge muß ich Beweise haben, bevor ich jemanden festnehmen kann .«
»Inzwischen steht es Renitz und seinem Halunken frei, einen erneuten Mordversuch
an Eddie Sackville und Kate Dunne zu unternehmen !« rief ich. »Und von Ihnen erwartet man, daß Sie die Öffentlichkeit beschützen .«
»Da habe ich ausgezeichnete
Chancen, solange Burschen wie Sie es nicht für
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