Ich komme von Charlie!
verfügte. Und warum hatte Sandra ausgesehen, als
ob sie an Auszehrung litte? Antwort: Weil irgend
etwas sie so sehr bedrückte, daß ihr Nervensystem an ihrer
körperlichen Substanz zehrte! Okay, das konnte ich, abgesehen von dem darin
enthaltenen Kannibalismus, akzeptieren. Aber warum war sie so rüde gewesen, als
ich bei ihr aufgetaucht war, und hatte sich dann wie ein normaler Mensch mit
Gefühl verhalten, als sie mir über ihre Hochzeitsnacht erzählte — um sich
danach plötzlich, ganz am Ende, wieder als ein ausgesprochenes Mistvieh zu erweisen? Antwort: Weil sie Angst hatte. Vor
mir? — Nicht eigentlich, aber vielleicht hatte sie am Schluß plötzlich den
Verdacht gehegt, daß auch von mir eine gewisse Gefahr drohte — du lieber
Himmel, war das eine Antwort auf meine Überlegungen! Aber es war auch
schließlich eine verdammte Frage gewesen, Freundchen!
Ein schwaches Klingeln brachte
mich wieder zurück in die Realitäten außerhalb meines Geistes, und ich stellte
fest, daß Kate gerade aufgelegt hatte. Auf ihrem Gesicht lag ein bedrückter
Ausdruck, als sie vom Bett aufstand und auf mich zukam.
»Larry — Darling?« Sie
knabberte mit ihren perlweißen Zähnen ein paar Sekunden lang an ihrer schönen Unterlippe
herum. »Ich weiß, das klingt alles vollkommen verrückt und du wirst es einfach
nicht glauben .«
»Versuch’s«, sagte ich
vertrauensvoll.
»Ich habe einen Vetter in Riverdale «, sagte sie langsam. »Einen Vetter, den ich seit
mindestens drei Jahren nicht mehr gesehen habe; aber — rat mal, wer am Telefon
war !«
»Was will der Vetter also ?«
»Er ist unten am Empfang und
wartet auf mich«, sagte sie unglücklich. »Er müsse eine halbe Stunde mit mir
reden, behauptet er, und es sei schrecklich wichtig und könne nicht
aufgeschoben werden .«
»Ich hatte eine Cousine in Hoboken , die ich fünf Jahre lang nicht gesehen hatte«,
sagte ich gelassen. »Dann rief sie mich eines Nachts an und sagte, sie müsse
mich sofort sprechen, es handle sich um eine Sache auf Leben und Tod und ich
möchte doch bitte zu ihr in einen Drugstore in einer Vorstadt draußen kommen.
Ich stürzte sofort dorthin, und sie wartete auf mich, ein Schinkenbrot in der
einen Hand, und die andere leer und ausgestreckt, die Innenfläche nach oben.
Sie brauchte dreißig Dollar für ein neues Kleid, denn der Mann, mit dem sie am
Samstagabend verabredet war, war schwierig — wenn ihr der Bursche dann keinen
Heiratsantrag machte, würde er es nie tun, das wußte sie. Also unterhielten wir
uns drei reizende Minuten lang über diesen Tropf, den sie zu heiraten
beabsichtigte, während sie meine dreißig Dollar in ihren Geldbeutel stopfte.
Dann erleichterte sie mich auf dem Hinausweg noch um zehn Dollar für ein Paar
neue Schuhe .«
»Larry!« Kate lachte
erleichtert. »Du hast also nichts dagegen? Es wird nicht lange dauern, ich
verspreche es dir !«
»Ich habe etwas dagegen«, sagte
ich. »Aber ich weiß auch, was es mit Cousins auf sich hat .«
»Ach, verdammt !« Sie blickte mich mit tragischer Miene an. »Ich werde
etwas anziehen müssen .«
»Im Augenblick, in dem dich der
Vetter anknabbern will, beiß zurück«, sagte ich. »Ein ordentlicher, kerniger
Biß in den Zeigefinger kann einen Vetter fürs Leben einschüchtern .«
» Führ mich nicht in Versuchung«, murmelte sie. »Je schneller ich hinunterkomme, desto
schneller bin ich wahrscheinlich wieder zurück .«
Sie zog den Reißverschluß ihres Morgenrocks auf, entledigte sich seiner mit einer einzigen
schlangenartigen Bewegung und warf ihn aufs Bett. Ich starrte stumm auf die
gloriose Aussicht, die sich mir bot, ängstlich an meinem eigenen Glück
zweifelnd für den Fall, daß sie plötzlich verschwinden würde. Abgesehen von
einem trägerlosen Büstenhalter, der keinen ernsthaften Versuch unternahm, die
wunderbare Fülle ihrer Brüste zu fassen, und einem schwarzen Spitzenhöschen,
das unsicher ihre geschwungenen Hüften umgab und nervös die Ansätze ihrer
runden Oberschenkel umraschelte , war Kate nackt.
Ich lehnte mich gegen die Wand
und erfreute mich an einer Art umgekehrtem Striptease, bei dem sie immer mehr
Kleidungsstücke überzog, bis sie schließlich fertig angezogen dastand, bereit,
den Vetter von Riverdale zu begrüßen.
»Kate, Süße«, sagte ich, als
sie sich der Tür zuwandte, »ich bin zwar überzeugt, daß es dein Vetter ist, der
unten in der Halle auf dich wartet, aber dieser Polyp draußen ist schließlich
dazu da, um auf dich aufzupassen,
Weitere Kostenlose Bücher