Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)
aufeinanderfolgende Treffen, die Sie, wenn nötig, auch akribisch planen.
Mit Ihnen zusammen erlebt man immer etwas: Sie inszenieren eine abwechslungsreiche Erlebnisdichte.
Verbindlichkeit ist oberstes Gebot. Andere wissen, dass sie sich auf Sie verlassen können. Immer.
Mit kleinen Gefälligkeiten präsentieren Sie sich als gern gesehener Partner.
3. SICHERHEITSSCHLEUSE: DIE KULTIVIERUNGSPHASE
Die Kultivierungsphase besteht, wie bereits die Anwerbephase, aus einer Reihe von Treffen. Grundsätzlich wird während dieser Phase das Vertrauen zwischen Werber und V-Mann weiter ausgebaut. Zuverlässigkeit, aber auch die Qualität der Informationen, die der V-Mann während dieser Phase liefert, sind von größter Bedeutung, denn nur dadurch lässt sich die Führbarkeit eines V-Mannes bestimmen. Ein V-Mann, der Termine vergisst, der zeitweise abtaucht, der keine oder unverwertbare Informationen mitteilt, ist bestenfalls eine Zeitverschwendung und im schlimmsten Fall eine Gefahr für die Mission und den Beschaffer. Deshalb wird der V-Mann in dieser Phase einer strengen Prüfung unterzogen. Wenn er diese Prüfung besteht, wird er später an seinen zukünftigen V-Mann-Führer übergeben, mit dem er — hoffentlich viele Jahre – erfolgreich zusammenarbeitet.
Es kommt nun also darauf an, zu testen, ob unser potenzieller V-Mann bereit ist, Informationen zu liefern, und zwar überprüfbare, verifizierbare — wahre Informationen. Selbstverständlich können wir nicht von Anfang an mit den ganz brisanten Fragen an ihn herantreten, dazu ist es noch zu früh. Wir werden also mit relativ unverfänglichen Fragen beginnen, die weder seine Hintermänner
noch aktuell laufende »Geschäfte« betreffen. Denn dergleichen würde ihn in dieser Phase zu sehr bedrängen. Seine Hemmschwelle ist noch zu hoch, seine Bereitschaft zu niedrig.
Auch Sie unterziehen neue Bekanntschaften einer solchen Kultivierungsphase mit verschiedenen Tests. Wir überprüfen die Menschen, denen wir unser Vertrauen schenken. Sind sie zuverlässig? Halten sie ihre Zusagen ein? Kommen sie pünktlich zu Verabredungen? Sind sie aufmerksame Zuhörer oder fragen sie fünfmal das Gleiche? Zeigen sie ein aufrichtiges Interesse an uns? Merken sie sich Details unserer Lebensumstände? Können wir uns darauf verlassen, dass die Dinge, die sie uns erzählen, wahr sind? Haben wir das Gefühl, ihnen liegt wirklich an uns?
Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten, öffnen Sie die Tür, damit aus einer Bekanntschaft eine vertrauensvolle Beziehung werden kann. Genau dies ist nun unser nächstes Ziel. Wir möchten, dass sich der Mann mit dem Decknamen Tichow zu einem Vertrauensmann entwickelt.
Die Testphase
Unsere nächste Begegnung sollte in meinem Dienstwagen beginnen. Wir hatten telefonisch verabredet, dass ich Tichow um vierzehn Uhr im Foyer des legendären Schmidts TIVOLI Theaters auf der Reeperbahn abholen würde. Ein mehr als angenehmes Ambiente, um sich ungestört zu treffen und eine Tour zu starten.
Relativ kurzfristig, nämlich um 13.30 Uhr an diesem Donnerstag, rief er an.
»Ja?«, meldete ich mich.
»Ich komme später. Geht nicht anders. In zwei Stunden.« Er klang gestresst.
»Ja, okay, bis nachher«, erwiderte ich und steckte nachdenklich mein Handy in die Jackentasche. Es gefiel mir nicht, dass er den Termin verschob. Und es gefiel mir außerordentlich gut, dass er den Termin — etwas später — trotzdem wahrnehmen wollte. Tichow hatte das Zeug dazu, Karriere als V-Mann zu machen. Sein Verhalten zeigte mir, dass er in unsere Beziehung investierte. Die Sache war ihm ernst. Er hatte mich angerufen. Das kam einem Meilenstein gleich. Bislang war ich derjenige gewesen, der den Kontakt zwischen uns herstellte. Tichow hatte sich lediglich gefügt. Nun meldete er sich. Er legte jetzt bereits ein Mindestmaß an Verantwortungsbewusstsein an den Tag und begegnete mir mit Respekt. Solche Verhaltensweisen sind in der Szene, in der er sich bewegte, nicht selbstverständlich. Tichow akzeptierte offenbar die ersten Spielregeln. In seinem Handy war ich als Leo-Amsterdam gespeichert. Ich war der Typ, der Jachten baute.
»Normale« Menschen, die weder eine Existenz in der Schattenwelt pflegen noch Hardcore-Networker sind, haben meistens einen
mehr oder weniger überschaubaren Bekanntenkreis. Wenn wir jemand Neuem begegnen, checken wir ab, ob wir ihn näher kennenlernen möchten oder nicht. Manchmal ist von Anfang an klar, dass ein bestimmter Mensch für immer ein bloßer
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