Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)
Vertrauensbeweise!
Aus dem Agentenhandbuch
Platzieren Sie an der richtigen Stelle einen Vertrauensvorschuss.
Gehen Sie verantwortungsvoll mit den Informationen um, die Ihnen anvertraut werden.
Unterstützen Sie andere Menschen, wann immer es Ihnen möglich ist.
Sorgen Sie dafür, dass sich Ihre Mitmenschen in Ihrer Gegenwart sicher und wohlfühlen.
Rechnen Sie Geben und Nehmen nicht gegeneinander auf.
Vertrauensbeweise
Am Tag nach dem Zugriff trafen wir uns in Berlin am Alexanderplatz, direkt vor dem Eingang eines großen Mediamarktes. Pünktlich um vierzehn Uhr tauchte Tichow aus dem U-Bahn-Schacht auf. Ich rief ihn an, als seine Stoppelfrisur auf der Rolltreppe erschien, und beobachtete, wie er sein Handy aus der Jackentasche zog und es aufklappte: »Da?«.
»Ich bin’s, hallo«, antwortete ich.
»Kommst du nicht?«
»Bin schon da. Am Eingang vom Mediatempel«, sagte ich.
Er schaute in meine Richtung, erkannte mich, ließ den Blick jedoch weiterschweifen, ohne sich irgendetwas anmerken zu lassen.
»Gut gemacht«, sagte ich anerkennend. Auch ein scharfer Beobachter hätte keine Verbindung zwischen uns feststellen können. Tichow hatte sich unter Kontrolle.
»Folge mir in einem unauffälligen Abstand«, bat ich ihn. »Okay?«
»Da«, erwiderte er.
Ich ging auf dem Alex Richtung Mitte. Mit meinem Knopf im Ohr hielt ich die Verbindung zu Claus und Robert, die Tichow seit seiner Ankunft auf dem Alex observierten.
»Er folgt dir«, berichtete Robert mir.
»Bin dabei«, meldete Claus sich. »Unsichtbar.«
Die Observation hatte diesmal auch den Zweck, festzustellen, ob Tichow bemerkte, dass er verfolgt würde. Wie würde er reagieren? In solch einer brisanten Situation durfte er keine Fehler machen, die uns beide in Gefahr bringen konnten. Nach überraschend kurzer Zeit meldete Robert sich: »Er hat mich entdeckt, denke ich.«
»Wow, das ging aber schnell«, warf Claus ein.
»Bin gespannt, was er macht«, sagte ich.
»Blickkontakt hat er jedenfalls vermieden«, ließ Robert mich wissen.
Ich konnte mir ein gemurmeltes »Ausgezeichnet« nicht verkneifen. Wenn Tichow Blickkontakt aufgenommen hätte, würde sich ein dilettantischer Verfolger entlarvt fühlen und wäre alarmiert. Er könnte annehmen, dass der Observierte ab sofort nach einem Notfallplan handeln und brisante Kontaktstellen meiden würde. Wesentlich intelligenter ist es, keinen Blickkontakt herzustellen und seine Schatten an bedeutungslose, unübersichtliche Stellen zu führen, um sich im richtigen Moment in Luft aufzulösen.
»Er schaut sich um, und zwar sehr geschickt«, meldete Claus. »Sieht nicht nach Suchen aus. Also, wenn ihr mich fragt: Das macht der nicht zum ersten Mal.«
»Achtung! Er telefoniert!«, rief Robert.
»Wen wird er wohl anrufen?«, fragte ich und hegte nicht den geringsten Zweifel. Bis jetzt hatte ich Tichow richtig eingeschätzt. Ja, er war ein Profi. Mein Handy klingelte. Mit überraschter Stimme meldete ich mich und fragte: »Ja? Alles klar?«
»Wir werden verfolgt«, sagte Tichow. Er klang gepresst.
»Einer von euren Leuten?«, fragte ich schnell und spürte Genugtuung, weil Tichow Wir gesagt hatte. Wir wurden verfolgt. Er und ich.
»Hab den Typen noch nie gesehen. Aber das muss nichts heißen. Der fiel mir vorhin schon auf. Er stand an der U-Bahn, als ich ankam.«
»Du …«, begann ich.
»Wenn das deine Leute sind, brauchen sie Nachhilfe«, unterbrach Tichow mich.
Seine Aufmerksamkeit beeindruckte mich. Ich ließ mir das jedoch nicht anmerken, sondern sagte cool: »Okay. Häng ihn ab. Wir treffen uns in fünfzehn Minuten in dem Café südlich der S-Bahn unten im Fernsehturm.«
»Da«, erwiderte er und legte auf.
Ich steckte mein Handy weg und verabschiedete mich von Robert und Claus: »Bis später.«
»Jep«, meldete Robert sich. »Ich lass mich jetzt mal abhängen, aber leicht mache ich es ihm nicht!«
»Typisch«, kommentierte Claus.
Robert lachte. Er liebte solche Spiele.
»Na, dann viel Spaß«, wünschte ich und verschwand in einem großen Kaufhaus, wo ich mir den Knopf aus dem Ohr nahm. Gut gelaunt verließ ich das Kaufhaus durch einen Nebenausgang. Mit seinem Verhalten hatte Tichow bewiesen, dass er mich und sich als Team betrachtete, ohne dass es ihm vielleicht bewusst war.
Eine Viertelstunde später saßen Tichow und ich uns in dem Café am Fernsehturm gegenüber.
»Das war kein Russe«, sagte Tichow nachdenklich.
»War jemand bei ihm?«, fragte ich.
»Ich glaube nicht. Ich habe nur den
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