Ich krieg die Krise! (German Edition)
aus europäischen Königshäusern –, entschieden wir uns für eine kerngesunde Mischlingshündin aus einem privaten Wurf. Sally, ein schwarz-weißer Labrador-Dalmatiner-Mix mit einem Schuss Springer-Spaniel, fiel uns gleich am ersten Besuchstag beim engagierten Spiel mit ihren neun Geschwistern auf. Sie zeigte keine Angst, führte das Rudel selbstbewusst an und konnte unglaublich süß gucken. Als Hundehalteranfänger wussten wir zu diesem Zeitpunkt die versteckten Hinweise der Privatzüchterin natürlich noch nicht richtig zu deuten. Sätze wie »Sie wird überhaupt nicht müde« oder »Sie lässt sich nichts gefallen« wirkten auf uns mehr wie eine Kaufempfehlung und so hinterfragten wir auch nicht die Tatsache, dass die süße Sally als Einzige noch zu haben war.
Sehr schnell nach dem Einzug unseres neuen Hausbewohners wurde uns klar, dass man sich vielleicht mal mit dem Thema »Erziehung« auseinandersetzen sollte. Es war gar nicht mal das stundenlange Jaulen, das hemmungslose Verrichten der Notdurft auf dem Teppich oder das gezielte Durchbeißen der Elektrokabel, was uns auf die Idee brachte. Es war vielmehr der Gedanke, dass das nie mehr aufhört.
Es wurde Zeit für wichtige Hintergrundinformationen, wie zum Beispiel, dass der Hund je nach Nation als Spaß-, Fell- oder Fleischlieferant gilt. Schon daran merkt man, dass ein Hund im Urzustand im Prinzip zu gar nix zu gebrauchen ist. Es sei denn, die Fußleisten müssten dringend abgeknabbert werden oder der Teppich könnte noch einen Schuss Urin vertragen. Da Hunde nix können, besteht die Kunst darin, das, was sie nicht können, zu fördern. So ähnlich muss man sich jedenfalls die Arbeit an einer Hundeschule vorstellen. Und genau da haben wir unsere Sally natürlich so früh wie möglich angemeldet. Es war sogar noch so früh, dass wir die Inhaberin aus dem Bett klingeln mussten.
Eine Hundeschule ist eine gute Idee, hat aber einen Haken. Da eine Gruppe immer nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied, werden die Unterrichtsinhalte natürlich an der Intelligenz des blödesten Hundes ausgerichtet. Und so passiert es immer wieder, dass erwachsene Menschen sich mit umgebundenen Leinen über den Platz ziehen lassen oder kläffend vor ihrem Liebling die ideale Pfötchenhaltung demonstrieren. Dinge, die im SM -Studio zum guten Ton gehören, wirken in der Öffentlichkeit allerdings schnell etwas bizarr. Und deshalb ist es auch gut, dass das Hundetrainingsgelände durch hohe Zäune von der Außenwelt abgeschirmt ist. Andernfalls würde wahrscheinlich jeden zweiten Tag ein von besorgten Nachbarn alarmiertes Sondereinsatzkommando vor der Tür stehen.
Abgesehen jedoch von ein paar Übungen, die zum Verlust der eigenen Würde führen, bekommt man als Hundehalterneuling zwei sehr wichtige Regeln mit auf den Weg. Die erste lautet: Man darf nicht zu viel mit dem Hund reden. Denn der Hund – das kommt für viele überraschend – versteht unsere Sprache gar nicht. So gerne man sich auch einredet, dass man mit einem Hund über die Sprache kommunizieren kann, so sehr sollte man sich dabei klarmachen, dass er ursprünglich von einem wilden Tier, dem Wolf, abstammt und irgendwann einfach domestiziert wurde. Domestizieren klingt zwar nach Desinfektionsmittel, meint aber eigentlich die langsame Heranführung eines Wildtieres an das Zusammenleben mit dem Menschen. Ein prominentes Beispiel für eine halbwegs gelungene Domestikation ist Olli Kahn nach seinem Karriereende als Torwart-Titan.
Die zweite Regel besagt, dass ein Hund sehr vergesslich ist. Eine Eigenschaft, die vielen Ehemännern nicht unbekannt ist. Denen sagt man ja gerne nach, dass sie schon mal den Hochzeitstag, den Geburtstag oder den Namen der Ehefrau vergessen. Gerade für solche Menschen ist ein Hund die ideale Ergänzung für die Lebensgemeinschaft, denn ein Hund steht für eine ganz neue Dimension von Vergesslichkeit. Der zeitliche Rahmen für eine Assoziation ist bei ihm nämlich noch enger gesteckt als beim Mann. Hunde leben in einer sogenannten 1-Sekunden-Welt, das heißt, sie vergessen alles sofort und auf der Stelle! Das würde zwar bedeuten, dass sich ein Hund zu Ostern die Eier selbst verstecken könnte, aber eine Erziehung gestaltet sich dadurch aus nachvollziehbaren Gründen äußerst schwierig. Hunde können sich im Höchstfall eine Handvoll Signale oder Kommandos merken. Und das auch nur, wenn man sie ungefähr 10.000 Mal wiederholt. Die wichtigsten Kommandos sollte man als Halter und Hund
Weitere Kostenlose Bücher