Ich krieg die Krise! (German Edition)
aber unbedingt draufhaben: »Sitz«, »Platz« und »Verpiss dich«. Wobei der letzte Befehl in der Hundepädagogik als umstritten gilt.
Der häufigste Satz eines jeden Hundebesitzers neben »Lass das!« dient der Dauermotivation des Tieres, denn es gilt bei der Erziehung das Prinzip der positiven Verstärkung. Der Satz lautet: »Das hast du aber fein gemacht!«, und wird nach hinten raus mit einer maßlos übertrieben erfreuten Intonation gebracht, die man in dieser extremen Form sonst nur vom Shopping-Kanal kennt. Dieser Satz findet in so gut wie allen Situationen Anwendung, sei es nach dem erfolgreichen Stuhlgang, bei Kunststückchen oder unmittelbar nach dem Bisslösen. Vielen geht der Satz sogar so sehr in Fleisch und Blut über, dass sie im Alltag auch schon mal dem Postboten, dem Kellner oder der eigenen Frau auf diese Weise danken.
Nach den ersten Monaten an Sallys Seite können wir vermelden, dass manche Sachen zum Glück nur Welpen machen. Der Hundetrainer jedenfalls hat uns versichert, dass die meisten Unarten schon nach spätestens drei Jahren aufhören. Und man spürt auch, dass es besser wird oder, anders ausgedrückt, dass die Gewöhnung einsetzt. Wenn Sally mal wieder ohne Vorwarnung ordentlich einen aus dem Fell schießt, dann treten einem nicht mehr automatisch die Tränen in die Augen, und ein überraschender Richtungswechsel mit kreuzender Leine bringt einen längst nicht mehr so schnell ins Taumeln wie früher.
Das alles mag sich anhören, als hätte man sich durch die Anschaffung eines Hundes eine neue Krise geschaffen, statt den eingangs erwähnten Krisen vorzubeugen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Auch wenn es Tage gibt, an denen Sally sich so schlecht benimmt, dass sie quasi mit einem Bein im Wok steht, möchte man sie nicht mehr missen. Gleiches muss auch Heinz Rühmann gedacht haben, als er sagte: »Natürlich kann man ohne Hund leben – es lohnt sich nur nicht.« Na ja, vielleicht hat er aber auch nur die Firma Fressnapf gemeint.
Moritz Netenjakob: Glaubenskrise
Wir befinden uns in einer Glaubenskrise. Das liegt schlicht und ergreifend am Überangebot: Früher wurde man einfach getauft – Feierabend. Heute hat man die Qual der Wahl: Die katholische Kirche hat zwar den besten Beerdigungsservice, aber der Buddhismus die effizienteste Atemtechnik. Der Islam verspricht Jungfrauen im Jenseits, dafür kriegt man von den Zeugen Jehovas kostenlos bunte Heftchen im Diesseits.
Es gibt nur eine Möglichkeit, aus dem Glaubens-Wirrwarr herauszufinden: Die Religionen müssen zu einem objektiven Vergleich antreten – zu einer OLYMPIADE DER RELIGIONEN …
»Die Olympiade der Religionen wird Ihnen präsentiert von Leib Christi, dem Energy-Snack.«
»Ja, schönen guten Abend, ich melde mich hier aus dem Nirwana, dem diesjährigen Austragungsort. Es ist wirklich ein wunderschönes Fleckchen hier, aber das Problem an dieser Location ist, dass man nur als Erleuchteter hierherkommt, was wiederum jahrelange Meditationspraxis voraussetzt – all das hat zur Folge, dass bisher nur sehr sehr wenige Athleten eingetroffen sind.
Hier im Nirwana existiert bekanntlich auch keine Materie, das bedeutet: Bandenwerbung ist praktisch unmöglich. Mehrere hundert Marketing-Experten haben schon versucht, die Erleuchtung zu erlangen, um hier vor Ort Reklame machen zu können, aber der Einzige, der es hierhergeschafft hat, hat das Interesse an weltlichen Dingen verloren.
Tja, die erste Disziplin heute, der imaginäre Stabhochsprung, muss mangels Athleten verschoben werden – ich sehe hier nur eine Handvoll Buddhisten, vielleicht zwei, drei Hinduisten und, vielleicht etwas überraschend, Udo Lindenberg, der sich mit ein paar Eierlikören hierhergesoffen hat.
Zum Glück finden auch einige Disziplinen in der Welt der Materie statt, und deshalb rufe ich jetzt meine Kollegin Rita Giersemehl in Golgata.«
»Ja, Golgata ist traditioneller Austragungsort des Synchron-Wiederauferstehens. 20 Athleten aus zehn verschiedenen Religionen haben sich qualifiziert. Sie wurden vom Schiedsrichtergespann aus Rom vorschriftsmäßig gekreuzigt – ihre Leichen liegen jetzt aufgebahrt in der Wettkampfhöhle, und bisher lässt sich noch kein Trend feststellen.
Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Juden und Christen vorausgesagt, aber auch die Schamanen sind immer für eine Überraschung gut, während die Zeugen Jehovas bei den Buchmachern mit 1: 85 die höchsten Gewinnquoten bringen. Wie Sie wissen, zählt die
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