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Ich lebe lebe lebe - Roman

Ich lebe lebe lebe - Roman

Titel: Ich lebe lebe lebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison McGhee
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Lange sitze ich nur da und konzentriere mich darauf, einzuatmen und wieder auszuatmen, einzuatmen und wieder auszuatmen.
    »Wir sind da«, sagt Tom. »Steh jetzt auf.«
    Er folgt mir die Stufe hinunter.
    »Arschloch«, zischt Katie ihm hinterher. »Du hast bei mir im Bus gar nichts zu suchen.«
    »Ich war aber doch da«, sagt Tom.
    »Komm mir nicht noch einmal mit dem Scheiß!«
    »Ich hab's nicht vor.«
    Zusammen gehen wir meine Einfahrt hoch. In mein Haus. Es knarrt bei jedem Schritt, so wie leere Häuser das machen. Man merkt das sofort. Die Luft in einem Haus ist anders, wenn auch nur eine Person da ist, selbst wenn es nur ein Mensch ist, der in einem verschlossenen Schlafzimmer ein Schläfchen hält. Ein Haus weiß, wenn jemand da ist, und es verändert sich entsprechend, passt sich an das Wesen und die Stimmung und die Gegenwart desjenigen an. Aber wenn ein Haus leer ist, dann ist das Haus selbst an der Reihe. In ihm sind die ganze Leere und die ganze Fülle seiner Jahre enthalten. Die Fußspuren all der Menschen, die je durch seine Räume gegangen sind, kommen zusammen. Die Luft ist voller Erwartung. Gedämpfte Stille. Still. Lausche dem Haus. Was erzählt es dir?
    »Warum machst du das?«, fragt Tom wieder.
    Wir stehen in der Küche meines leeren Hauses, er sieht mir ins Gesicht, über meiner einen Schulter hängt mein Rucksack, schwer, schwer, schwer. Tom trägt nichts.
    »Warum machst du das?«, fragt er wieder. »Antworte mir.«
    Ich schüttle den Kopf.
    Eine dunkle Nacht, Sterne stehen dicht an dicht am Himmel.
    Ein Sturm zieht auf, die Fliegengitter vor den Fenstern sind mit Holzstöcken gesichert. Der Nachtnebel stiehlt sich von allen Seiten in mein Zimmer, das von den drei geöffneten Fenstern durchlüftet wird. Frühmorgens, noch vor Sonnenaufgang, senken sich an manchen Sommertagen die Wolken auf die Erde, und aus dem Gras steigen ihnen Nebelschleier entgegen. Manchmal windet sich eine weiße Ranke durch die Maschen meines Fenstergitters. Ein Finger. Eine Hand, die sich wölbt und winkt: Komm heraus, komm spielen. Komm.
    Ich kann nicht schlafen. Auf die Ellbogen gestützt, starre ich in die Dunkelheit, lausche den Eulen. Scheinwerferlicht windet sich den Jones Hill herunter, ich sehe zu, wie es näher kommt, erst ohne Geräusch, dann höre ich das vertraute Motorengeheul. Tom Miller fährt in Spooners Truck vorbei. Ich sehe ihm durch mein Fenster nach, dann stehe ich, ohne Licht zu machen, auf und ziehe Shorts und T-Shirt an.
    Die Straße ins Dorf schimmert in der Dunkelheit, so als ob man in Stein und Schotter und Teer irgendetwas hineingemischt hätte, das sie zum Leuchten bringt. Glühwürmchen flackern in der Luft um mich herum. Kiefern und Ahornbäume und Eichen stehen stumm am Straßenrand, der Saft in ihren Adern ruht.
    Ich laufe. Meine Mutter hinter mir schläft. Unser Haus ist dunkel, eine dunkle Gestalt in der Dunkelheit. Ich laufe durchWellen warmer Luft und Wellen kalter Luft, eine frühe Sommernacht, ein Mädchen allein auf der Straße.
    Im Dorf bleibe ich beim Stoppschild stehen und biege nach rechts ein. Ich weiß, wo Tom Miller ist, wo er sein muss. Stumm erhebt sich der weiße Pavillon auf der Dorfwiese.
    CHASE MILLER. Und dicht bei dem Stein Tom, sein Sohn.
    Ich setze mich ins Gras. Grillenflügel streichen über Grillenflügel und erfüllen die Nacht mit ihrem Klang. Fledermäuse fliegen über meinem Kopf, irgendwo in der Dunkelheit ruft ein Streifenkauz. Nach einer Weile schließt Tom die Augen und lehnt sich an den Stein. Tagsüber ist der Stein immer kühl. Selbst in der Mittagshitze, wenn die Sonne stundenlang daraufbrennt, ist seine Wärme nur oberflächlich.
    »Tom?«
    Er sieht mich an.
    »Hilft es dir, dass du den Stein hast?«
    Er nickt.
    Ich wünschte, ich hätte so einen Stein. Ich spüre wieder diesen Strudel in mir, das Wasser steigt. Tom Miller lehnt am Stein seines Vaters, und ich kann fühlen, wie ich mich fühlen würde, wenn auch ich an diesem Stein lehnte. Stein unter mir und Jimmy Wilson auf mir. Stein in meinem Rücken. Stein, der über das dunkle Wasser springt, unten am Fluss.
    »Rosie?«
    Noch nie hat Tom Miller mich Rosie genannt, nicht einmal, als wir noch ganz klein waren und alle Kindernamen so endeten: Rosie und Tommy und Ivy und Joey.
    »Kann ich mich neben dich setzen?«, frage ich, und dann kommen die Tränen. Jetzt, in der Kühle der Nacht, fühlt sich der Stein in meinem Rücken warm an. Tom Miller hat seine Arme um mich gelegt. Tom und ich sitzen

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