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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Sache der Welt. Gott, die Sonne war die Sonne, der Mond war der Mond, niemand konnte das bestreiten, ohne als bekloppt zu gelten, und Jossa war Jossa, er war er.
    Seine Eltern waren lange tot, die verbliebenen Verwandten lebten alle in der DDR, teilweise in ihren Kadern so weit nach oben gestiegen, daß Westkontakte ausgeschlossen waren, insbesondere das Reisen nach Bramme in die BRD.
    Die engsten Freunde? Ritchie war nach Indien gegangen, diente beim Max-Mueller-Bhagwan, wie sich das Goethe-Institut dort unten nannte, als Vermittler bundesdeutscher Überbau-Produkte, fiel also aus. Ebenso wie Thomas, der seit kurzem als Lateinamerikakorrespondent in Rio residierte. Manfred Tuschinski, der Große Manitou, war zwar nicht total in andere Welten abgedriftet, nur ins Niederbayerische hinunter, wo er ja derzeit mit seiner Band herumtingelte, von hier aus kaum erreichbar, zumal er, Jossa, vom Tourneeplan keine Ahnung hatte.
    Von daher also war er rettungslos allein gelassen.
    Und in Bramme hier? Er überlegte.
    Lachmund natürlich! Der war auch hochkarätig genug, um bei Zweeloo Eindruck zu machen, beredt und juristisch clever genug, den Anstaltsleiter zu zwingen, ihn auf der Stelle gehen zu lassen.
    An die Kollegen vom Brammer Tageblatt dachte er noch, und da war es vor allem Heike, Heike Hunholz, auf die er setzen konnte. Sie kannte ihn hinreichend gut und war sensibel genug, um, wenn sie seine Stimme am Telefon hörte, den Hilfeschrei darin zu spüren, dann aber auch so couragiert, ihn hier rauszupauken.
    Erleichtert sank er auf seine Pritsche zurück, gleich darauf aber von einem Wutanfall gepackt, voller Aggressionen gegen sich selbst. Du Arschloch du, du Hirnie! Er schlug mit der Faust gegen die Wand, und es schmerzte erheblich. Anstatt am ersten Abend auszuflippen und im Bunker zu landen, hätte er nur ganz seelenruhig als Mugalle um die Erlaubnis zum Telefonieren nachsuchen brauchen, Anja anrufen, und wäre dann sofort…
    Anja! Gott, ja, die hatte er vergessen, total verdrängt. Bei allem Krach und allem Zorn: Sie würde auch jetzt noch alles stehen- und liegenlassen, um ihm zu helfen.
    Nein!
    Ich kann ohne dich leben, hundertprozentig!
    Und ich erst recht!
    Unmöglich, sie da anzurufen, sie anzuflehen, ihn hier rauszuholen! Was für eine Niederlage!
    So seine ersten Impulse, doch sein Stolz war schnell dahin. Kein Wunder bei den über siebenhundert Tagen Knast, die noch drohend vor ihm standen, und seiner Angst, sich selber zu verlieren. Dann schon lieber den Kotau vor ihr. Und: vielleicht waren sie vom Schicksal – oder wem auch immer – doch noch füreinander bestimmt, Schnulze hin, Schnulze her, und es hatte erst so haarig kommen müssen, um das zu checken. Na gut!
    Seine Telefonliste war also fertig, fing an mit Anja, schloß mit dem Brammer Tageblatt, Lokales – Heike Hunholz, und hatte zwischendrin den HÖV-Professor.
    Wie aber sollte er, wenn er als Mugalle zu Kassau ging, dem guten Manne klarmachen, daß es für ihn lebensnotwendig war, eine von ihm bis dahin noch nie erwähnte Person namens Anja Naujocks telefonisch zu kontakten; der würde doch nichts weiter tun, als sich an den Kopf zu fassen, hatte sicherlich die Weisung, furchtbar restriktiv zu sein, um jeden Verdacht von Zweeloo zu nehmen, er betriebe seine JVA als eine Art «Hotel-Vollzug», was sehr karrieremindernd war. Genauso verhielt es sich natürlich bei Lachmund und der Hunholz.
    Was nun? Jossa schwitzte, ging zum Wasserhahn, ließ sich das kalte Wasser über den Hinterkopf laufen, rieb sich Brust und Stirn mit einem nassen Handtuch ab.
    Die Frage war, wen Kassau bei Mugalle als Bezugsperson akzeptiert hatte? Die Antwort war nicht schwer: Chantal ganz sicher. Aber was war zu erwarten, wenn er, Jossa, Mugalles Verlobte wirklich an den Apparat bekam? Hohngelächter, denn wahrscheinlich lag Mugalle neben ihr im Bett, zumindest aber steckte sie im übertragenen Sinne mit ihm unter der berühmten einen Decke.
    Nun gut, gab er eben Chantal an und nannte oder wählte dann Anjas Nummer in Hannover, 05 11 / 41… und so weiter, die kannte er natürlich noch.
    Er konnte es gar nicht erwarten, bis wieder aufgeschlossen wurde, stieß den wachhabenden Beamten, der das machte, fast zur Seite und stürmte in Kassaus Büro, das auch nur eine wenn auch besser ausgebaute Zelle war, hatte auch Glück, seinen Gruppenleiter noch am Schreibtisch zu finden.
    «Na, Mugalle, wieder an der Rolle?»
    «Ja und nein. Ja, weil das mit Jossa, die Idee, mich als Jossa

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