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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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bisher gelaufen war, ob der Nobbys informelle Führerrolle voll akzeptiert hatte oder nicht, wußte nur, daß dieser kleine miese Schläger hier fast so sehr zu fürchten war wie Zweeloo. Zu viele Gefangene hatten sich schon «aus Versehen» Beine oder Rippen gebrochen.
    Nobby fixierte ihn. Gong, erste Runde! Tänzeln, den Gegner studieren. Jossa war sich klar darüber, daß man die Intelligenz dieses Mannes nicht unterschätzen durfte. «Du mußt unbedingt telefonieren, und Kassau läßt dich nicht…?»
    «Ja…»
    «Kennst du Ruppert?»
    «Ist das nicht einer von den Sozialarbeitern hinten?»
    «… von den Für-sich-Sorgern, ja, und der vergißt schon mal, sein Büro abzuschließen, wenn er plötzlich scheißen muß.»
    «Wie das?»
    «Man muß ihn nur ganz höflich drum bitten…»
    «Zu dem soll ich also hingehen…?» fragte Jossa.
    «Na, geh mal! Mal sehen, wie schnell der dich wieder rausgeschmissen hat!»
    Jossa hatte Schwierigkeiten, Nobby da zu folgen. «Und wenn du…?»
    «Mich läßt er!»
    «Und warum?»
    «Weil er nicht stempeln gehen will…» lachte Nobby. «Ich hab Freunde draußen, die ihm ein wenig beim Kauf seines Grundstücks helfen konnten… Sehr verschwiegene Freunde…»
    «Verstehe! Und was willst du von mir haben, wenn er mich mal ans Telefon läßt?»
    «Nichts!» Nobby schien fast ein wenig beleidigt. «Sieh’s als Geschenk von mir an…»
    «Warum schenksten mir was?»
    «Ich mag dich eben… Und Freundschaft ist alles im Leben…»
    «Du glaubst wohl auch an den Quatsch, was, daß ich ‘n paar Millionen irgendwo versteckt hab…?»
    Nobby drehte sich weg. «In fünf Minuten gehst du zu Ruppert!»
    Jossa sah ihm hinterher, dachte, daß der es wie ein Banker machte, jeden Tag Wertpapiere hortete, mit kleinen Gefälligkeiten anderen half und dann in der ganzen Republik Ansprechpartner hatte, die er mehr oder minder für seine Zwecke nutzen konnte.
    Nicht schlecht, und wäre er nicht irgendwo in Heimen aufgewachsen, sondern als der Sohn von Günther Buth, dann hätte er einen prächtigen Minister abgegeben.
    Kaum waren fünf Minuten vorbei, lief er zu Ruppert rüber, war erstaunt, daß er nicht bärtig war und öko-grün wie die meisten Jünger seiner Zunft, sondern, was das Äußere betraf, eher ihrem Anstaltspfarrer gleich, ihrem Himmelskomiker.
    Jossa war es flau im Magen, denn dahingehend erzogen, immer Treu und Redlichkeit zu üben, sehr streng sogar vom Bruder seines Vaters, einem Staatsanwalt, war er eigentlich unfähig zu solchen Sachen wie dieser. Wenn es den Gefangenen verboten war, allein ans Telefon zu gehen, dann war es halt verboten, und zwar mit gutem Grund! Es tat ihm geradezu weh, vor Rupperts Schreibtisch zu stehen und zu warten, daß sich der erpressen ließ. Er fühlte sich schmutzig und elend.
    Andererseits: Wer war denn hier das Opfer? Er doch eigentlich. Rechtfertigender Notstand war das, zwar rechtswidriges Tun, aber in seiner Lage, seiner Verzweiflung ganz sicher legitim.
    So fand er die Kraft, Ruppert anzusehen und zu sagen: «Nobby liegt im Bett, ‘n Hexenschuß, kann sich nicht bewegen, und bittet Sie, in ‘ner wichtigen Sache mal schnell zu ihm zu kommen…!»
    Ruppert wirkte nun noch um einige Grade blasser, schaffte es auch nicht, Jossa ins Gesicht zu sehen, war mit schnellen Schritten an der Tür, sah sich nach allen Seiten prüfend um, trat dann auf die Galerie hinaus, ließ die Tür zuknallen und schloß so geräuschvoll ab, daß es alle hören mußten.
    Jossa riß die Arme hoch, fühlte sich erlöst. Tor in letzter Minute! Triumph und Sieg!
    Schon hatte er den grauen Hörer vom Apparat gerissen und Anjas Vorwahl gewählt, Hannover, 0511…
    Nichts, alles tot. Es traf ihn wie ein Schock. Ebenso vergeblich der zweite Versuch.
    Er mußte sich setzen, seine Atemnot bekämpfen, diese leichte Form seiner üblichen Angina pectoris, hustete und wartete, daß sich seine Bronchien wieder entkrampften.
    Dabei fiel sein Blick ganz automatisch auf ein Merkblatt, das Ruppert an die Wand geheftet hatte: Ferngespräche nur nach vorheriger Anmeldung über die Zentrale – 111. Bei Ortsgesprächen erst die o wählen!
    Anja also ausgeschieden. Die Würfel gefallen. Das Schicksal hatte gegen sie entschieden. Nun ja…
    Blieben immerhin noch zwei, die eine Brammer Ortsnetznummer hatten. Er beeilte sich, im Telefonbuch nach Lachmund zu suchen.
    Laabs, Laatzig, Laboda, Lach, Lachajczak, Lachmann, Lachmuth, Lachnitt; Scheiße, kein Lachmund dabei, hatte wahrscheinlich

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