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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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auszugeben, ja nun wirklich ‘n schlechter Scherz gewesen ist, daß ich Sie damit reinlegen wollte…» Er hatte mit dieser kleinen Szene erhebliche Mühe, war längst nicht der geborene Schauspieler wie Martin Mugalle. «Nein, weil ich mit meiner Verlobten so Probleme habe…»
    Kassau hatte bis eben noch ungerührt Vormelder studiert und abgezeichnet, sah nun eben auf; die Schweinsäuglein blinzelten. «Oha!»
    «Ich muß, wenn ich darum bitten dürfte, ganz dringend mal bei ihr anrufen, was klarstellen… Das ist mir alles unheimlich an die Nieren gegangen…»
    «Mann, neulich im Besucherraum habt ihr doch fast miteinander gebumst beide!»
    «Ja, aber einer unserer Freigänger hat sie in Bramme mit ‘nem Italiener gesehen, wie sie aus’m Hotel rausgekommen ist; Chantal und er…»
    Kassau grinste. «Das muß derselbe Virus sein…»
    «Wieso?» Jossa konnte ihm nicht folgen.
    «Die Doppelgängeritis!»
    «Entschuldigen Sie bitte, ich seh da partout keinen Zusammenhang bei…?»
    «Na, Sie und der Jossa, und Chantal und der große Unbekannte.»
    «Ich versteh immer noch nicht ganz, was Sie da…?»
    Kassau schob ihm den stern hinüber. «Mensch, hier! Weil sie hier ganz groß was über Chantal bringen, daß sie Montag nach New York geflogen ist. Ein Broadway-Musical, wo sie mitmachen soll…»
    «Ach so, ja…» Jossa tat zerstreut, war angeschlagen, litt darunter, daß Kassau ihn so stinken ließ, wie Nobby, ihr Ex-Boxer das formuliert hätte.
    «Nein, mein lieber Mugalle, und wenn Sie fünf Jahre später wirklich einmal in Bonn sein sollten, Wirtschaftsminister, und bei Ihrer einschlägigen Vorstrafe, da haben Sie ja alle Chancen dazu, trotzdem: Auslandsgespräche sind hier vom Knast aus auch für Sie nicht drin!»
    Aus und vorbei! Jossa trottete die Galerie entlang, furchtbar niedergeschlagen, müde und schlaff und dachte an den einzigen Weg, vorzeitig und legal hier wieder rauszukommen: als Leiche im Sarg, Selbstmord durch Erhängen. Wozu denn alles noch? Lieber tot sein als hier den Knacki spielen und dann draußen vor die Hunde zu gehen. Als Jossa war er nicht mehr existent, und als Mugalle hatte er auf nichts weiter als auf no future zu hoffen: Von Banken und Krediten verstand er doch so gut wie nichts, konnte höchstens Karriere als Stadtstreicher machen. Und wenn er weiterhin behauptete, Jossa zu sein, sperrten sie ihn in die Nervenklinik Bramme-Ost.
    «Idiot, du!»
    Fast hätte er Nobbys Gruppe den gelben Zelluloidball zertreten, hatte gar nicht wahrgenommen, daß sie hinten in der Ecke Tischtennis spielten.
    Er ging zum Fernsehraum und setzte sich auf einen alten Hocker, sah irgendwas von drei alternden Damen, die Würstchen verkauften, Urgroßmutters Kolportageroman, aber unsäglich statt nostalgisch, berlinische Scheiße mit Sahne darüber, sprang wieder auf und lief zum sanften Balduin.
    «Du, hör mal…»
    Der hörte auch zu, hieß gar nicht Balduin, sondern Baldow, Bernhard, war auch nicht Figaro-Frisör, Kellner oder süßer Modemacher, sondern gelernter Verwaltungsinspektor, hatte seinem Staat auch über lange Jahre hinweg mit vollster Hingabe gedient, dann aber leider den Aufruf Bürgermeister Lankenaus «Brammer Beamte, werdet kreativ!» gänzlich mißverstanden, nämlich bei sich auf dem Sozialamt eine Reihe von Altenheimen, Jugendtreffs, Sozialstationen und dergleichen erfunden und denen erhebliche Zuschüsse gewährt, das heißt, auf die eigenen Konten überwiesen. Fast so genial wie «Balduin, der Geldschrankknacker», war ja auch ein wenig der Typ wie Louis de Funes, erzählte Jossa seine ganze Geschichte.
    «Was meinst du, Mugalle, wie vielen Bürgern ich schon mal geholfen hab; da wird sich für dich auch noch was finden… Warte mal, der Nobby, der hat da neulich mal so ‘ne Bemerkung gemacht…!»
    Schon war er draußen, und Jossa wartete, studierte dabei die Tabelle der Fußballoberliga Nord, von Baldow sauber an seine Schranktür geklebt, die Brammer Ballartisten alle aus dem Tageblatt geschnitten, Bernie Billerbeck beim Kopfballtor («Captagon, was ‘n Quatsch! Für Bramme zu spielen, ist für mich Doping genug!»); auf der Brust den Werbespruch: Wohne gut mit Buth.
    Jossa hatte das Gefühl, daß da was war, an das er sich eigentlich erinnern mußte, kam aber nicht weiter zum Grübeln, denn ganz überraschend stand nun Nobby hinter ihm.
    «Balduin sagt, daß du Schwierigkeiten hast…?»
    «Wer hat keine…» Jossa hatte keine Ahnung davon, wie es zwischen Nobby und Mugalle

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