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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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doch höchstens ein Versehen…»
    «Ha-ha-ha!» Sie lachte furchtbar schrill und überzogen und begann nun wie ein verunsichert schnüffelndes Tier im Raume hin und her zu huschen, riß die Zeitungen vom Tisch und warf sie wieder hin, verspottete ihn: «Da weiß man, was man hat – in Bramme nur das Brammer Tageblatt. Großer Knall beim Feuerwehrball. Von Jens-Otto Jossa. Kinder stülpten Collie Tigerfell über – Großalarm in Bramme-Nord. O Gott, Jens-O.!» Fetzte seine Sofakissen von der Liege, roch daran. «Kein Parfüm, eher Samengeruch! Onanie immer – Aids nie! Mann, du…!» Wirbelte weiter, kickte mit dem rechten Fuß einen blau-roten Pullover vom Fußboden gegen den Fernseher. «Mein Weihnachtsgeschenk, selbstgestrickt, jetzt der Fußabtreter! O nein, du!»
    Mugalle erwiderte nichts, machte nur einen Schritt zur Seite hin, wo es noch ein wenig dunkler war, schloß erst jetzt die Tür vollends.
    «Und nach einem solchen Arschloch wie dir bin ich nun süchtig!» rief Anja, gerade vor der Heizung angekommen. «Aber die Koffer hast du auch schon wieder gepackt. Sieh da, sieh da, Timotheus…! Weiter nach Australien, was!? Abwarten, bis ich mal einen geglückten Selbstmord hinter mir habe!» Sie griff sich den Koffer und warf ihn aufs Sofa.
    Dabei sprang er auf, und ein Teil des in ihm verbliebenen Geldes ergoß sich auf den grauen Teppichboden.
    «Was denn, Jens-O. die Brammer Volksbank hast du auch noch überfallen!? Tüchtig, tüchtig, mein Junge!» Sie blieb stehen und sah ihn fordernd an. «Na, was ist denn da Sache?»
    «Von der High Society hier ist einer entführt worden, und ich bin da der Mittelsmann…» Mugalle hatte keine Mühe mit seiner Begründung. «Keine Polizei, weil sie sonst…»
    Anja erstarrte plötzlich. Nicht etwa als Folge seiner Erklärung, sondern eines rudimentären Instinkts wegen: der Mann da roch doch irgendwie ganz anders als Jossa, weniger nach Schweiß, ungewaschenen Socken und Männerumkleidekabine, mehr nach Duschmittel und teurem Rasierwässerchen, weiblicher und eleganter eben; das war nicht linke Szene, tip, zitty, Pflasterstrand sondern FAZ und Welt.
    Sie ging langsam auf Mugalle zu.
    «Sag mal, da stimmt doch was nicht…!»
    «Was soll’n nicht stimmen?»
    Das war die Assoziation: Die Stimme, ja! Höher war sie, viel mehr Bariton, und härter, norddeutscher.
    Anja wich wieder zurück.
    «Du bist doch gar nicht Jossa, du bist doch ‘n ganz anderer! Was wird’n eigentlich gespielt hier…!?»
    «Das erst mal!» Mugalle riß eine Schublade des Jossaschen Schuhschranks auf und holte seine Beretta hervor.
    Doch Anja war nicht der Typ, in dieser Situation alles über sich ergehen zu lassen.
    «Hilfe!» schrie sie mit aller Kraft und stürzte gleichzeitig in Richtung des kleinen Balkons, um die Leute ringsum auf sich aufmerksam zu machen. «Feuer!»
    Dann war alles eine Sache von Sekunden.
    Als sie mit ziemlicher Wucht gegen das Balkongitter stieß, riß dieses aus der Wand, und sie stürzte kopfüber auf die Straße hinunter.
    Mugalle dachte nichts weiter als «Scheiße, gottverdammte Scheiße!», war viele Pulsschläge lang ohne jede Kraft, ohne jeden Willen, hörte dann die Schreie auf der Gasse unten, wurde wieder aktiviert, riß die blaue Tennistasche hoch, stopfte das herausgefallene Geld in den Koffer zurück und lief mit beiden Stücken aus der Wohnung, rannte in die Technikzentrale und von da aus weiter ins Parkhaus hinüber.
     
     
    Das war am Montagabend, und als Jossa am nächsten Morgen in der Schneiderwerkstatt seiner JVA beim Auftrennen falsch gesteppter Nähte saß, ahnte er nicht das geringste von allem, war weder bestürzt noch sonstwie von unguten Gefühlen erfaßt, erfreute sich im ganzen Gegenteil schon vom Aufwachen an eines euphorischen Hochs, denn heute war der Tag, an dem Chantal kommen mußte. Wie immer, am letzten Dienstag des Monats.
    «Wenn Sie das bitte zu Protokoll nehmen würden: Das ist nicht Martin Mugalle, das ist ein ganz anderer Mann!»
    Er hörte ihre Stimme, immer wieder, hörte sie so reden.
    «Ich verlange einen Untersuchungsrichter, die Polizei, meinen Anwalt!»
    Kein Zweifel, daß Zweeloo da nachgeben mußte, wollte er noch retten, was zu retten war.
    Aber noch war es nicht soweit, noch hatte er zwei, drei Stunden zu warten, endlose Stunden.
    Hinter ihm diskutierten die Knackis.
    «Na, was sagt der Schlüsselspecht?»
    «Der Chien? Knieschuß wieder mal!»
    «Mensch, Schorse, du hast ja wirklich die Seuche diesen Sommer!

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