"ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)
Dr. Glickman
131, Boul. Brune, Paris 11e
(oder Litnr 3553 (Telefon))
geben.
Bleib nicht zu lang hier!
Ich küsse Dich
b
Gruß an Barbara! 2
1
Der Céline-Übersetzer Isak Grünberg, an den Brecht 1937 wohl Die Gewehre der Frau Carrar sendet (vgl. Brief Nr. 114).
2
Dieser Brief empfängt Helene Weigel im Hotel in Paris; der beiliegende Umschlag ist lediglich mit » helli « adressiert.
Nachdem Brecht und Weigel im Oktober 1948 gemeinsam nach Berlin gereist sind und dort – u. a. durch eine Aufführung von »Mutter Courage und ihre Kinder« mit Weigel in der Titelrolle – erste Theatererfolge feiern, kehrt Brecht im Februar 1949 nach Zürich zurück. Seit Januar bemühen sich Brecht und Weigel intensiv um die Gründung eines eigenen Theaterensembles mit Weigel als Intendantin. Auf seiner Reise nach Zürich verhandelt Brecht mit Schauspielern und entwirft Spielpläne, ohne daß das neue Ensemble offiziell genehmigt ist. Am 18. Mai 1949 erhält Weigel schließlich vom Amt für Kultur der Sowjetischen Besatzungszone den Auftrag zur Gründung eines Theaterensembles, des Neuen Berliner Ensembles. Ab 30. Mai 1949 lebt auch Brecht wieder in Berlin.
168 25./26. Februar 1949; A: Zürich, E: Berlin, masch. (Augsb.)
Liebe Helli,
die Reise ging gut und vor allem schnell, ich konnte von Prag nach Zürich fliegen (mit einem Vorschuß auf die »Kalendergeschichten«). 1 Kam gestern, Donnerstag, hier an. Barbara ist wieder gesundheitlich in Ordnung, die Untersuchung der Lunge ergab, daß die in Ordnung ist, es war nur eine Grippe, erst eine Darm-, dann eine Halsgrippe. Jetzt ist sie etwas blutarm und kriegt anscheinend Eisen. Freut sich sehr auf Berlin, langweilt sich hier, hat »nichts zu tun gehabt«, was sie im Ton der Klage äußert, d. h. sie hat Gedichte geschrieben. Steff hat unablässig Gedichtbücher geschickt, ohne die sie nicht abreisen könnte. Im Zimmer kann sie nur bis 1. April bleiben. Ich habe ein Zimmer gefunden, sehr klein, aber selbständig. Cas war schon da – er ist hier, nicht in Salzburg. Bereit, am 1. September nach Berlin zu kommen, zumindest für 8 Wochen. Heute werde ich mit Therese, Steckel, Seyferth reden. 2 In Prag gibt es ein wunderbares Marionettentheater, das zu uns käme (geeignet für die Kammerspiele). 3 Das Theater der Satire könnte vermutlich im Oktober mit Pantomimen in die Kammerspiele kommen oder dann, wenn in den Kammerspielen eine Lücke entsteht, weil sie im Oktober nur 4 Wochen probieren können (wenn wir im November das Gorkistück 4 probieren). Also etwas später. Gib Engel auch »Die Gesichte der Simone Machard«, da könnte die Jette Ziegler die Simone spielen (sie spielte das Kind in dem Nexøfilm und ist herrlich). 5 Dies nur ein Einfall. Ich las jetzt »Die Niederlage«, zeig das niemandem mehr, es ist erstaunlich schlecht, aber man kann es, glaube ich, ändern, ich machte viele Notizen. 6 Ich verstehe jedenfalls jetzt Engels Horror. Jedoch hat dasStück gute Rollen und kann noch bessere kriegen. Den kleinbürgerlichen Unsinn werde ich eliminieren und auch etwas Schwung hineinbringen, mich nur an den Stoff halten.
Freitag: Sprach mit Therese, die Dich herzlichst grüßen läßt. Sie ist einverstanden mit Kommen (1. November bis 1. Februar), muß aber noch mit Hirschfeld über den Termin reden. Mit dem Reisen aus Berlin ist sie auch einverstanden. 7
Samstag: Sprach mit Steckel. Er will ebenfalls kommen. Wichtig für ihn, daß er den Haushalt in Zürich weiterführen kann. Sagt, er brauchte 300 $. Scheint mir viel, jedoch ist es vielleicht nötig, das zu zahlen. Werde handeln. (Therese wird wohl nicht mehr als 100 $ brauchen.) Da Steckel hier weiterarbeiten will, sprach ich mit Hirschfeld wegen der Termine. Mehr als vier Monate, meint der, werden sie ihn hier nicht weglassen, ohne kratzbürstig zu werden und unter Umständen einen andern Regisseur zu suchen. Es gäbe also folgende Möglichkeit:
Er fängt an am 1. Febr., probiert »Puntila« 8 bis 15. März und spielt ihn bis 1. Juni. (Und wir besetzen den Gorki anders.) 9
Wir müssen darauf sehen, daß »Puntila« halbwegs ausgespielt werden kann und so spät endet, daß man ihn in der nächsten Saison wieder aufnehmen kann. Zehn Wochen gibt ja nur etwa 20 Aufführungen in Berlin und dann höchstens 20 sonstwo!
Das Schema wäre also so:
1. Sept. - 1. Nov.
Proben im DT
»Untergang der Kommune«
1. Nov. - 1. Jan.
»Untergang der Kommune«
1.
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