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Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)

Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)

Titel: Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag , Wiebke Lorenz
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hinwegkommen, wenn er wüsste, was Sache ist.«
    »Auf gar keinen Fall! Das würde ihm das Herz brechen, dann würde er sich noch schlechter fühlen.«
    Plötzlich fällt mir eine Sache ein, die ich vollkommen vergessen hatte. Oder sagen wir eher, verdrängt. Es gab da nämlich mal etwas, da habe ich mich selbst nicht gerade mir Ruhm bekleckert. Ist schon ewig her und mittlerweile verjährt. Aber gemein war es in jedem Fall. Ich war dreizehn, Ingo vierzehn, da haben wir in den Sommerferien in Hohwacht mal miteinander geknutscht. Ich glaube, ich wollte damals einfach nur wissen, wie das ist. Es war der letzte Ferientag. Wir waren am Strand, sind schwimmen gegangen, und als wir wieder aus dem Wasser kamen, hat Ingo mich aus Spaß gejagt. Als er mich hatte, sind wir zusammen hingefallen. Tja, und da ist das eben passiert, die Sache mit dem Kuss. War ja auch nichts Dramatisches, aber für eine Dreizehnjährige schon irre aufregend. Bei meinem eigentlichen Schwarm, einem Jungen, der zwei Klassen über mir war, hätte ich mich das nicht getraut. Aber bei Ingo eben schon.
    Als wir dann zurück nach Hamburg gefahren sind – Ingo mit Tante Ilse, ich im Auto meiner Eltern –, hat Ingo mir zum Abschied eine Muschel geschenkt und mich auf die Wange geküsst. Was ich ein bisschen komisch fand, weil wir uns zu Hause ja sowieso bald wieder sehen würden. Pubertierendes Teenager-Mädchen halt, da denkt man von zwölf bis mittags.
    Und in der Woche drauf war der Kuss am Strand bei mir dann sowieso vergessen. Auf der Eröffnungsfete meiner Schule passierte dann nämlich das Unglaubliche: Der Junge, den ich schon länger so süß fand, forderte mich zu einem Engtanz auf. Und danach war ich dann mit ihm zusammen. Drei Wochen zwar nur, aber immerhin. Ich glaube, Ingo war ein bisschen traurig, als ich ihm auch noch total unverblümt erzählte, dass ich jetzt einen Freund habe.
    Irgendwann mit Mitte zwanzig fiel mir beim Aufräumen mal ein Kästchen in die Hände, in der ich lauter alte Erinnerungen aufbewahrt hatte. So auch die Muschel von Ingo. Ich nahm das zum Anlass, Ingo zu fragen, ob er mich damals eigentlich für eine sehr blöde Kuh gehalten hat. Zu meiner Erleichterung hat er aber nur gelacht und gesagt: »Das hab ich schon längst vergessen. Wenn du mich nicht daran erinnert hättest, wüsste ich gar nicht mehr, dass wir mal geknutscht haben.« Wirklich ein Glück, dass er mir die Sache nicht krumm genommen hat. Sonst hätte ich heute keinen besten Freund. Oder jedenfalls keinen, der mich in- und auswendig kennt.
    »Gut, sagen wir es ihm halt nicht«, meint Luzie. »Obwohl ich trotzdem denke, dass es für ihn ein heilsamer Schock wäre und er die Tussi so wesentlich schneller vergessen würde.«
    »Glaub mir, ich kenne ihn besser als du. So ein heilsamer Schock ist überhaupt nicht nötig.«
    »Wie du meinst.«
     
    Notiz an mich selbst:
    Zu Hause mal nach der Muschel
    suchen. Und Ingo auf keinen Fall
    sagen, dass Andrea ihn offenbar
    schon eine Weile betrogen hat.
     
    Zwei Monate später frage ich mich, ob ein heilsamer Schock vielleicht doch ganz hilfreich gewesen wäre. Es ist Ostersonntag, Tante Ilse, meine Eltern, Ingo und ich sind zum Mittagessen bei einem leckeren Italiener, die Stimmung ist ausgelassen – nur Ingo sieht immer noch aus, als hätte man ihn irgendwo ausgesetzt. Während ich selbst glücklicherweise an dem Punkt bin, an dem ich mich frage, was ich eigentlich an Tom mal so toll gefunden habe, hat sich bei Ingo in den vergangenen acht Wochen nichts getan. Und zwar rein gar nichts. Täglich mindestens zwei Anrufe von ihm, in denen er mich fragt, ob er sich nicht doch mal wieder bei Andrea melden sollte und ob ich nicht auch glaube, dass sie noch immer an ihn denkt. Mindestens viermal die Woche Rotweingelage auf meinem oder Ingos Sofa (wobei ich aus gesundheitstechnischen Gründen nur jedes zweite Mal mittrinke, schließlich will ich nicht wegen Andrea an einer Leberzirrhose verenden), und auch jetzt erwische ich Ingo dabei, wie er unterm Tisch heimlich im Nachrichtenspeicher seines Handys alte SMS von Andrea liest.
    Ich beuge mich zu ihm rüber und flüstere ihm ins Ohr:
    »Ingo, hör doch damit mal auf. Das ist doch selbstquälerisch und bringt nichts.«
    Er seufzt. Aber immerhin legt er sein Handy weg. »Du hast ja recht. Aber ich kann sie einfach nicht vergessen.«
    »Das kommt schon noch.«
    »Ich frage mich nur, wann.«
    Das frage ich mich mittlerweile allerdings auch. Sicher, sie war eine hübsche,

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