Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
Monaten so umbauen, dass wir zwei getrennte Personal-WCs haben.«
»Was ich total übertrieben finde«, bemerkt Mama.
»Gerade ist nur das Problem«, erklärt Papa weiter, »dass wir momentan nicht liquide genug sind, um das fristgemäß zu erfüllen. Wenn wir es nicht tun, können sie uns aber den Laden schließen, was natürlich eine Katastrophe wäre.« Er macht eine Pause und spielt etwas nervös mit seiner Gabel herum. »Es ist uns auch sehr, sehr unangenehm, dich zu fragen – aber vielleicht könntest du uns einen Teil unseres Kredits zurückzahlen?«
»Das muss euch doch nicht unangenehm sein«, meine ich.
»Ist doch schließlich euer Geld, und mein Geschäft läuft ja derzeit ganz gut. Wie viel braucht ihr denn? Fünftausend Euro hab ich noch auf der hohen Kante, die kann ich euch überweisen.«
Jetzt guckt Papa richtig unglücklich. »Wir bräuchten eher um die fünfundzwanzigtausend Euro.«
»Oh.«
Notiz an mich selbst:
Bank überfallen.
»Fünfundzwanzigtausend Euro?«, wiederhole ich fassungslos. »So teuer ist das?«
»Leider ja«, bestätigt mein Vater. »Und wenn wir letztes Jahr nicht das Kaminzimmer komplett neu eingerichtet hätten, wäre das auch kein Problem. Aber wir haben die Investition eben jetzt noch nicht wieder eingespielt.«
»Was ist denn mit der Bank?«, will ich wissen. »Gibt die euch keinen Kredit?«
»Doch«, sagt mein Vater. »Aber der reicht nicht, fünfundzwanzigtausend Euro müssen wir selbst noch dazuschießen. Wir haben schon stundenlang hin und her gerechnet.«
»Hm«, meine ich etwas ratlos. Und natürlich fällt mir in diesem Moment das Buchprojekt von Ingos Tante ein. Ist es Zufall, dass meine Eltern genau in dem Moment finanzielle Schwierigkeiten haben, in dem ich die Möglichkeit hätte, ihnen zu helfen? Schließlich waren sie immer für mich da, habe ich da nicht die Verpflichtung, sie zu unterstützen? Auch wenn sich mir bei dem Gedanken an das Experiment innerlich der Magen umdreht? Doch, ich denke schon, dass ich die Verpflichtung habe.
»Wisst ihr …«, setze ich an, werde aber von meiner Mutter unterbrochen.
»Jetzt mach dir mal keine Gedanken, Schätzchen«, meint sie. »So schlimm ist es wirklich nicht. Wir haben dich auch nur gefragt, weil wir dachten, dass du vielleicht ein paar mehr Ersparnisse hast. Aber wir wollen auf gar keinen Fall, dass du uns dein letztes Geld gibst.«
»Wir finden schon eine Lösung«, fügt jetzt auch mein Vater hinzu. »Außerdem glaube ich auch nicht, dass das Amt uns wirklich den Laden schließt, wenn wir die Frist um ein halbes Jahr überziehen. Mit denen kann man doch reden.«
»Meinst du?«, frage ich zweifelnd. Meine bisherigen Erfahrungen haben eigentlich immer ergeben, dass sich die Begriffe »Amt« und »miteinander reden« im Wesentlichen gegenseitig ausschließen.
»Doch, doch, das klappt schon«, gibt mein Vater sich wieder gewohnt optimistisch. Allerdings habe ich den Verdacht, dass er die Sache in Wahrheit nicht ganz so positiv sieht. Ich bin zerrissen. Soll ich ihnen doch von der Buchidee erzählen und ihnen anbieten, dass ich da mitmache?
»Was haltet ihr von Nachtisch?«, beendet meine Mutter meine Grübeleien. »Selbstgemachte Rote Grütze mit Vanilleeis.«
Mein Vater strahlt. »Wer könnte dazu nein sagen?«
Die nächsten Tage muss ich immer wieder an das Abendessen mit meinen Eltern denken. Schwer zu sagen, wie groß die Schwierigkeiten tatsächlich sind, in denen sie stecken. Die beiden Male, die wir seitdem telefoniert haben, haben sie nichts mehr davon erwähnt. Trotzdem muss ich andauernd über die Buchidee nachdenken, zumal Luzie es sich auch nicht nehmen lässt, immer wieder darauf herumzureiten.
»Tja«, stellt sie schnippisch fest, als ich am Freitagmorgen zweimal zum Großmarkt fahren musste, weil ich die neuen Topfpflanzen nicht alle auf einmal in meinen Corsa bekommen habe, »ein größeres Auto wäre natürlich echt praktisch.« Dann macht sie eine Kunstpause. »Aber dafür ist ja kein Geld da. Und Ingos Angebot willst du ja nicht annehmen.«
»So ist es«, stelle ich knapp fest und setze den Tontopf mit dem großen Elefantenfuß, den ich gerade aus dem Auto geholt habe, energisch ab. Leider direkt auf Luzies Zehen.
»Autsch!«
»Oh, sorry.« Dabei kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
»Ich werde meine Meinung nicht ändern«, erklärt Luzie mürrisch, »da kannst du noch zwanzig Topfpflanzen auf meinem Fuß abstellen.«
»Aber, aber«, wehre ich ab, »das war
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