Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
sein, dass du wirklich glücklich bist.«
»Da mach dir mal keine Sorgen.« Er strahlt mich an. »Das bin ich. Wirklich, absolut und tausendprozentig.«
»Dann ist ja gut.«
»Okay, lass uns wieder nach vorne gehen.« Mit diesen Worten verlässt er die Küche. Ich bleibe zurück. Allein. Verwirrt. Konzeptlos. Und leider passiert in diesem Moment etwas, von dem meine Eltern schon so oft gesprochen haben:
Es macht Bumm! Und zwar so laut und deutlich, dass man es wahrscheinlich sogar draußen im Lokal hören kann. Scheiße.
Notiz an mich selbst:
Carla Gottlieb, du wirst es nicht
für möglich halten. Aber es ist
leider wahr. Du bist verliebt.
In Ingo Becker. Deinen besten
Freund. Deinen besten Freund,
der gerade mit „Julia, ich bin
ein Himmelsgeschöpf“ auf deinem
Geburtstag aufgetaucht
ist. Darauf einen Dujardin!
Der Rest der Party ist schnell erzählt: Ingo und Julia bleiben noch zwei Stunden, stehen in einer Ecke herum und können die Finger nicht voneinander lassen. Um ein Uhr nachts entschwinden sie kichernd und händchenhaltend – und ich gebe mir daraufhin so richtig, richtig, richtig die Kante, um gegen drei Uhr morgens volltrunken und heulend Luzie in die Arme zu sinken. Peinlich. Glücklicherweise sind weder meine Eltern noch Tante Ilse oder irgendwelche anderen nüchternen Menschen zu diesem Zeitpunkt zugegen, um Zeitzeuge des persönlichen Tiefpunkts meines bisherigen Lebens zu werden.
»Warum passiert ausgerechnet mir das?«, sabbere ich
Luzies Schulter voll. »Weshalb habe ich vorher nie gesehen, dass ich Ingo liebe?«
»Du weißt doch«, tröstet Luzie mich, »das Schicksal.«
»Ach, hör mir doch auf mit deinem Scheißschicksal«, fahre ich sie heftiger an als beabsichtigt. »Tut mir leid, aber ich finde das Schicksal gerade ziemlich ungerecht und gemein.«
»Kann ich verstehen«, meint Luzie, »aber im Moment kannst du es wohl nicht ändern.«
»Das ist mir auch schon aufgefallen.«
»Komm«, sagt Luzie, schnappt sich eine Sektflasche und gießt ein großes Wasserglas bis zum Rand hin voll, »trink das. Das hilft.« Ich nehme das Glas und kippe es quasi in einem Rutsch hinunter.
Eine halbe Stunde später weiß ich, dass Luzie leider nicht recht hat. Es hilft nicht. Aber wenigstens merke ich es nicht mehr. Denn ganz plötzlich wird es dunkel um mich …
Ich schrecke aus dem Schlaf hoch, weil es an der Tür klingelt. Benommen setze ich mich im Bett auf und stelle fest, dass ich noch in voller Montur stecke. Nur die Schuhe liegen neben dem Bett, den Rest auszuziehen habe ich in meinem Zustand wohl nicht mehr geschafft. Ich sehe zum Wecker: 11.53 Uhr, eigentlich müsste ich ausgeschlafen sein. Aber nachdem Luzie und ich gemeinsam das ehrgeizige Projekt »Wir trinken alles, was noch da ist« in Angriff genommen haben, kann ich von Glück sagen, dass ich überhaupt noch einmal aufgewacht bin. Dunkel kann ich mich daran erinnern, dass Matze uns irgendwann gewaltsam in ein Taxi geschoben und etwas von »besoffene Weiber« geschimpft hat. Aber wie genau ich die Treppe zu meiner Wohnung hochgekommen bin – das weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Schätze, Matze hat dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Auweia, ich bin fast Mitte dreißig und benehme mich wie in der Spätpubertät!
Wieder klingelt es an der Tür, und ich versuche aufzustehen. So ganz gehorchen mir meine Gliedmaßen noch nicht. Als ich endlich Boden unter den Füßen spüre, muss ich feststellen, dass ich doch ziemlich wackelig auf den Beinen bin. Mühsam schleppe ich mich zur Tür. Auf dem Weg dahin fällt mein Blick in den Spiegel im Flur. Huch! Da soll noch mal einer sagen, dass Alkohol konserviert – ich sehe gerade aus wie hundertzwei!
Noch einmal klingelt es, dann habe ich die Tür erreicht und reiße sie auf. Vor mir steht Ingo – und weicht bei meinem Anblick und meiner vermutlich beeindruckenden Alkoholfahne spontan ein paar Zentimeter zurück.
»Oh«, entfährt es ihm. »Ich hab dich wohl geweckt.«
»Hast du.«
»Das tut mir leid. Aber ich habe ein paarmal versucht, dich anzurufen.« Ich gehe einen Schritt zur Seite, damit er hereinkommen kann. Ermattet schlurfe ich vor ihm her in Richtung Wohnzimmer und lasse mich aufs Sofa fallen.
»Da hab ich wohl das Klingeln nicht gehört.«
Ingo grinst etwas anzüglich. »Mit Verlaub: Wenn ich dich so sehe, kann ich mir das vorstellen.«
»Sehr witzig«, erwidere ich.
»Ging wohl noch länger gestern, oder?«
»Keine Ahnung«, antworte
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