Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
heraus, ehe ich es verhindern kann. Mist, jetzt habe ich mich verraten.
»Carla.« Ingo sieht mich an und nimmt meine Hand. »Du brauchst wirklich nicht eifersüchtig zu sein.« Ach, brauche ich nicht? Dann ist ja gut. Blöd nur, dass ich es trotzdem bin.
»Darum bin ich heute bei dir vorbeigekommen«, fährt er fort. »Weil ich schon gemerkt habe, dass du meinen Auftritt gestern nicht so gut gefunden hast. Und weil ich dir versichern möchte, dass du – Julia hin, Julia her – immer meine
beste Freundin bleiben wirst. Das muss du mir glauben.«
»Okay«, seufze ich. Und denke im selben Moment: Aber das ist doch, verdammt noch mal, genau das Problem! Ich will gar nicht deine beste Freundin bleiben! Ich will mehr, mehr, mehr! Trotzdem lächele ich ihn tapfer an. Und füge dann hinzu: »Danke, dass du gekommen bist, das ist mir sehr wichtig. Außerdem freut es mich echt, dass du glücklich bist.«
Notiz an mich selbst:
GRRRRRRRRRRRRRRR!!!
In den nächsten drei Monaten wird mein emotionales Nervenkostüm auf eine ziemlich harte Probe gestellt. Nicht nur, dass Ingo fast jede Woche bei uns einen großen Strauß Blumen für Julia kauft – das könnte ich unter unternehmerischen Aspekten ja noch klasse finden –, nein, seit unserer »Aussprache« im Café haben wir auch wieder sehr regelmäßig Kontakt und sehen uns häufig. Was ja eigentlich auch ganz schön ist. Wenn nur bei unseren Treffen nicht in siebzig Prozent aller Fälle auch die liebe, liebe Julia mit anwesend wäre. Die noch dazu nicht nur saugut aussieht, sondern auch noch unglaublich nett, eloquent, witzig und schlau ist.
Kurz: ICH HASSE DIESE FRAU!
Plus: Ich hasse es, wie Ingo sie ansieht, wie er seinen Arm um sie legt, wenn wir uns in einer Kneipe gegenübersitzen, wie er sie »Herz« und »Schatz« und »Zuckerschnute« nennt. Okay, die Zuckerschnute war ausgedacht. Aber sie passt so schön in die Reihe. Mehr als eine Million Mal habe ich mir in den vergangenen Wochen schon in den Hintern getreten. Dass ich meine Chance mit Ingo nicht einfach genutzt, dass ich ihn nicht einfach bei einer der zahllosen Möglichkeiten, die ich hatte, verführt habe. Ich bin mir absolut sicher, er hätte nicht nein gesagt. Aber leider bin ich mir genau so absolut sicher, dass er jetzt nein sagen würde, wenn ich es versuchen würde.
Und auch jetzt muss ich mal wieder die Faust in der Tasche machen, als Ingo gegen Mittag ins Geschäft kommt und einen großen Strauß Rosen für Julia haben will.
»Schon wieder?«, frage ich leicht genervt. »Dir muss doch langsam mal die Kohle ausgehen!«
»Julia ist es mir wert«, stellt er fest und grinst mich an. »Außerdem haben wir heute dritten Monatstag, da müssen es schon ein paar Blumen sein.«
»Klar, sicher«, stelle ich lapidar fest und fange an, Ingos Rosenstrauß zu binden.
»Hallo, Ingo!« Luzie kommt von hinten nach vorne. »Wie geht’s?«
»Alles bestens«, antwortet Ingo. »Und selbst?«
»Wunderbar«, erwidert Luzie.
»Wie läuft’s mit Matze?«
»Super. Wir planen gerade einen Trip nach Italien.«
»Das ist ja lustig!«, meint Ingo und lacht. »Julia und ich auch! Wir haben überlegt, mit einem Billigflieger in die Toskana zu jetten.«
»Wir haben uns auch schon erkundigt«, erzählt Luzie daraufhin, »ist ja echt günstiger als mit dem Auto.«
»Das Geld kann man lieber für ein schönes Essen oder beim Shoppen ausgeben.«
»Finde ich auch. Matze meint …«
»So«, gehe ich dazwischen und halte Ingo ruppig den Rosenstrauß unter die Nase. »Fertig.«
Etwas irritiert nimmt er ihn entgegen. »Macht fünfundzwanzig Euro.«
»Schon wieder Blumen für Julia?«, fragt Luzie.
»Ja«, erklärt Ingo, während er mir das Geld gibt. »Wir haben Dreimonatstag.«
»Ach, wie schön. Macht ihr was Nettes?«
»Ich lade sie zum Essen ein. In das französische Restaurant direkt hier um die Ecke.«
Notiz an mich selbst:
So. Jetzt reicht’s. Ingo geht mit
Julia also zu dem Franzosen,
bei dem WIR romantisch essen
waren. Jetzt gehe ich nach
hinten ins Lager, suche die
versteckte Kalaschnikow raus
und mähe ihn nieder.
»Entschuldigt mich, ich muss mal eben aufs Klo.« Mit diesen Worten stürme ich nach hinten, reiße die Tür vom WC auf, donnere sie hinter mir ins Schloss, drehe den Schlüssel um und lasse mich auf den Toilettensitz sinken. So bleibe ich hier zehn Minuten lang hocken. Und dabei heule ich. Irgendwann klopft es gegen die Tür.
»Carla?«, höre ich Luzies Stimme. »Ist
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