Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
alles in Ordnung bei dir?«
»Klar«, brülle ich zurück. »Alles super! Versuche nur gerade, mich in der Kloschüssel zu ertränken. Ist nicht ganz einfach, aber ich hab’s gleich.«
Von draußen erklingt ein Kichern. Wenigstens einer kann hier noch lachen.
»Schließ doch mal die Tür auf«, bittet Luzie mich.
»Keine Lust.«
»Jetzt komm schon, das ist doch albern.«
»Bin albern.«
»Das stimmt. Aber ich würde trotzdem gern mit dir reden.« Einen Moment zögere ich noch, dann stehe ich auf, öffne die Tür und komme heraus.
»Du hast geweint«, stellt Luzie fest.
»Gut beobachtet«, erwidere ich sarkastisch.
»Fällt es dir denn immer noch so schwer?«
Ich seufze. »Es fällt mir vor allem schwer, direkt daneben zu stehen und mir Ingos und deine wunderbaren Paarurlaubspläne anzuhören.«
Luzie macht ein zerknirschtes Gesicht. »Tut mir leid. Das war wohl nicht so sensibel von uns.«
»Nicht im Geringsten. Aber langsam gewöhne ich mich daran.« Ich setze mich auf einen der Stühle in unserem Aufenthaltsraum, Luzie tut es mir gleich.
»Ich verstehe nicht, warum du nicht schon längst mal mit Ingo gesprochen hast.« Luzie ist der Meinung, dass Ingo und ich dringend ein klärendes Gespräch brauchen. Der Meinung bin ich allerdings nicht. Denn was soll das bringen? Ich gestehe Ingo meine Liebe, der daraufhin nur schulterzuckend feststellt, dass ihm das jetzt irgendwie leid tut, er aber nun einmal mit Julia alt werden möchte? Nein, ehrlich, das muss ich mir nicht geben. Und genau das erkläre ich Luzie nun zum etwa hundertsten Mal.
»Aber dann wüsste er wenigstens, wie es um dich steht, und könnte auf deine Gefühle Rücksicht nehmen.«
»Wie soll das aussehen? Indem er gar nicht mehr von Julia spricht und ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekomme, wenn sie dabei ist. Will heißen: So gut wie gar nicht mehr.«
Luzie guckt angestrengt auf den Boden und scheint über irgendetwas nachzudenken. Dann blickt sie auf einmal auf und guckt mich an, als wäre ihr der Heilige Geist persönlich begegnet.
»Ich hab auf einmal einen ungeheuerlichen Verdacht!«, ruft sie aus.
»Einen ungeheuerlichen Verdacht?«, echoe ich.
»Ja!« Mit einem Mal wirkt sie ganz aufgeregt und fahrig. Sie springt auf und läuft unruhig im Raum umher. »Ich musste gerade darüber nachdenken, was du gesagt hast.«
»Äh, was genau meinst du denn?«
»Na, dass du Ingo so gut wie gar nicht mehr allein zu Gesicht bekommst.«
»Ja, weil immer Julia dabei ist!« Ich weiß nicht so recht, worauf Luzie hinaus will, im Moment verstehe ich nur Bahnhof.
»Aber findest du das alles nicht ein bisschen übertrieben? Also, wenn du mal genauer darüber nachdenkst?«
»Die zwei sind halt frisch verliebt, da hängt man eben rund um die Uhr aufeinander.«
»Das vielleicht schon«, meint Luzie. »Aber die wöchentlichen Blumen, dieses demonstrative Zurschaustellen ihrer Liebe – ich weiß nicht.«
»Ingo war schon immer sehr euphorisch, wenn es um die Liebe geht.«
»Aber nicht so wie jetzt«, wendet Luzie ein.
»Bisher war auch noch keine so hübsch und nett wie Julia. Das gebe ich natürlich nur ungern zu, aber so ist es doch.«
»Ja, mag sein. Vielleicht ist die Sachlage aber auch anders.«
»Und wie bitteschön?«
Luzie kommt auf mich zu, beugt sich zu mir herunter, stützt ihre Hände auf meinen Stuhllehnen ab und guckt mich ernst an.
»Denk doch mal nach«, fordert sie mich auf. »Ingo hat eine Tante. Sie heißt Ilse und ist Paartherapeutin. Und welchen Tipp hat Tante Ilse mir mal gegeben, als Matze nicht mehr mit mir zusammensein wollte?« Es dauert ein, zwei Sekunden, dann macht es klack!
»Du solltest ihn eifersüchtig machen!«, rufe ich aus.
»Richtig.«
»Und du meinst, dass Ingo vielleicht gerade versucht, mich mit Julia eifersüchtig zu machen?«
»Exakt.«
»Hm.« Ich denke einen Moment darüber nach. Klingt gar nicht sooo absurd, das Brimborium, das Ingo gerade veranstaltet, wirkt manchmal schon etwas aufgesetzt. »Aber«, fällt mir dann ein, »das hätte ja nur Sinn, wenn Ingo auch in mich verliebt wäre. Und davon hat er noch nie etwas gesagt, er war sogar der Meinung, dass die Therapie doch nichts bringt, genau wie ich.«
Luzie richtet sich wieder auf und betrachtet mich von oben herab.
»Da kenne ich ja zufälligerweise noch jemanden, der seine Gefühle dem anderen gegenüber noch nie zugegeben hat.«
Notiz an mich selbst:
Unterschätze nie wieder
deine Mitarbeiter!
10. Kapitel
Die Hoffnung
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