Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
Laufschritt zu Blütenfest. Durch die Scheibe kann ich sehen, dass sie bereits drin sind und sich mit Luzie unterhalten.
»… ist krank«, höre ich meine Mitarbeiterin noch sagen, als ich durch die Tür gestolpert komme. Luzie guckt mich groß an, Ingo und Julia drehen sich zu mir um.
»Sieh da«, ruft Ingo aus. »Eine Spontangesundung!«
»Äh«, sage ich, weil mir auf Anhieb nichts anderes einfällt.
»Ich dachte, du hättest eine schwere Grippe«, erklärt Luzie und zwinkert mir dabei unauffällig zu, damit ich weiß, was sie den beiden erzählt hat.
»Grippe? Ich?«, wiederhole ich, um etwas Zeit zu gewinnen. Zu schade, dass ich nicht im Geringsten vergrippt aussehe.
»Ja, genau«, bestätigt Luzie.
»Da … da …« Ich lache nervös. »Da hast du mich am Telefon komplett falsch verstanden. Ich hatte gesagt, dass ich heute später komme, weil ich noch zum Schlachter muss. Hohe Rippe abholen.«
»Ach, sooo!«, ruft Luzie aus. »Hohe Rippe!«
»Genau«, ich nicke zur Bekräftigung noch mal. »Eine hohe Rippe.«
»Da hab ich dich wohl echt missverstanden«, meint Luzie noch einmal, »dein Handy hatte ja auch so schlechten Empfang.«
»Wie lecker«, wirft Julia ein. »Steht was Besonderes an?«
»Ja, ich … ich … bekoche wen.«
»Aha«, sagt Ingo. »Wen denn?«
»Kennst du nicht«, sage ich schnell.
»Klingt ja spannend«, stellt Julia fest und zieht die Augenbrauen hoch.
»Äh, ist es auch.«
»So, so.« Julia grinst noch immer.
»Wie dem auch sei. Wolltet ihr denn was Bestimmtes?«
»Ja«, erklärt Julia. »Ich brauche einen großen Strauß für meine Mutter, sie hat heute Geburtstag und hat Ingo und mich zum Brunch eingeladen. Da ist es ja Ehrensache, dass ich ihn bei dir kaufe.« Sie lächelt mich an. Verdammt! Warum muss sie auch nur so furchtbar nett sein?
»Kein Problem, dann suchen wir mal was Hübsches aus.«
Zehn Minuten später ist der Strauß fertig gebunden und verpackt, dreißig Euro wechseln ihren Besitzer.
»Danke«, meint Julia und nimmt die Blumen entgegen. »Die werden meiner Mutter sicher gefallen.«
»Das hoffe ich doch.«
»Dann wollen wir mal«, meint Ingo und hält Julia die Tür auf.
»Macht’s gut!«, rufe ich ihnen noch hinterher. Julia dreht sich in der Tür nach mir um.
»Und dir viel Spaß … mit deiner hohen Rippe!«
»Das war ja überaus erfolgreich«, stelle ich fest, nachdem die beiden den Laden verlassen haben und ich Luzie berichte, dass ich Julia heute Morgen eine Stunde lang gefolgt bin.
»Hast du denn gar nichts Interessantes herausgefunden?«, will Luzie wissen.
»Oh doch!«, erwidere ich gewichtig.
»Erzähl!«
»Also«, fange ich an. »Zum einen kauft Julia ihren Kaffee bei Tchibo – und sie isst gern Leerdammer und Gouda.«
»Toll!« Luzie grinst. »Aber mal ehrlich. Du musst ein bisschen Geduld haben, es war doch klar, dass das etwas dauern kann.«
»Ach, wozu das alles noch? Die Sache liegt doch auf der Hand. Ingo und Julia sind gerade mit einem Blumenstrauß auf dem Weg zum Geburtstag ihrer Mutter. Da taucht man doch nicht auf, wenn man kein Paar ist!«
»Zum einen«, erinnert mich Luzie, »bist du mit Ingo auch schon ein paarmal als Pärchen aufgetreten, zum anderen wissen wir doch gar nicht, ob sie wirklich zu Julias Mama fahren. Kann doch auch ausgedacht sein.«
»Ja, möglich ist es schon«, gebe ich zu. »Aber ich habe trotzdem keine Lust mehr, mich zum Deppen zu machen. Am besten, ich vergesse Ingo einfach und gut. Alles andere zerrt zu sehr an meinen Nerven.«
»Das schaffst du doch eh nicht«, wendet Luzie ein und hebt zu einem kleinen Vortrag an: »Du bist doch viel zu verliebt in ihn, um ihn zu vergessen. Außerdem müsstest du dann erst einmal den Kontakt zu ihm abbrechen, wenn du ihn vergessen willst. Sonst wäre das ja so, als würde ein Alkoholiker mitten in einer Kneipe seinen Entzug versuchen. Tja, und wenn du den Kontakt zu Ingo abbrichst, wird er bestimmt wissen wollen, warum – womit wir wieder am Ausgangpunkt wären, dass du ihm das ja auf gar keinen Fall sagen willst.« »Hast ja recht«, gebe ich mich geschlagen. »Dieser Argumentationskette kann ich wirklich nicht widersprechen.«
Notiz an mich selbst:
Wie kocht man eigentlich
eine hohe Rippe?
Montagmorgen, Punkt sieben Uhr, stehe ich wieder vor Julias Haustür. Eigentlich ist es egal, ob ich um diese Zeit zum Großmarkt fahre oder im Kuhnsweg rumlungere, müde bin ich trotzdem. Aber dafür muss ich keine Ware schleppen, das ist ja auch schon
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