Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Rücken bohren. Wahrscheinlich würde Biggi morgen bei Jürgen anrufen und ihm erklären, ich hätte ihn bereits betrogen. Die Vorstellung amüsierte sie, und sie drehte sich nach ihrer neuen Bekanntschaft um, die hinter ihr die Treppe zu ihrer Wohnung hochstieg.
»Schöner Altbau«, sagte er anerkennend. »Liebevoll gemacht und sehr gepflegt.«
Vor ihrer Wohnungstür merkte sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Hatte das Gefühl mit dem Mann hinter ihr zu tun? Sie blickte sich schnell nach ihm um. Nein, er stand in völlig entspannter Haltung da. Sie zog den Schlüssel aus ihrer Tasche und betrachtete dabei das Schlüsselloch. Sie konnte keine Veränderung erkennen, aber das unbehagliche Gefühl blieb. Zögernd schloss sie auf.
»Nun, also«, sagte sie, »das ist mein Reich.« Sie trat zur Seite, um ihn hereinzulassen. Er trat in die Diele.
»Ich liebe diese hohen Decken«, sagte er.
»Ja, sie schaffen Weitläufigkeit.«
Sie ging ins Wohnzimmer voraus und schaltete die Deckenbeleuchtung ein. Irgendetwas hing in der Luft, aber rein optisch hatte sich nichts verändert.
Du spinnst, dachte sie und öffnete die Balkontür.
»Das ist also der besagte Balkon. Ich hole nur schnell zwei Gläser und eine Flasche … apropos … es muss ja nicht Weißwein sein?«
»Um diese Zeit wäre mir Rotwein fast lieber.«
Als sie aus der Küche zurückkam, stand er höchst dekorativ auf dem Balkon. Gut gebaut, dachte Liane. Und größer als Marius, sie schätzte ihn auf über eins neunzig. Fast wünschte sie sich, Cindy könnte sie jetzt sehen. Die wäre sicher für einen Moment sprachlos. Liane reichte ihm die Flasche mit dem Korkenzieher und zündete die Kerzen an, die sie überall auf dem Balkon verteilt hatte.
»Romantisch«, bemerkte er und reichte ihr ein gefülltes Glas. »Das passt nun gar nicht mehr so richtig zu unserem Thema.«
Sie standen dicht beieinander am Balkongeländer, und Liane stieß mit ihm an. »Wieso?«
»Weil wir es sachlich angegangen sind. Nicht, dass ich jetzt romantische Gefühle bekomme …«
»Dann setzen wir uns mal lieber.«
»Vorher sollten wir uns vielleicht einmal vorstellen?«
Liane sah zu ihm hoch. Sie war mit ihrer Körpergröße von einem Meter sechsundsiebzig um einiges kleiner als er. Außerdem standen sie wirklich sehr nah beieinander. Sie trat einen Schritt zurück.
»Ich heiße Jochen.«
»Ich bin Liane.«
Sie stießen miteinander an. In diesem Moment hörte Liane ein Geräusch aus ihrer Wohnung.
»Haben Sie das gehört?« Sie zog die Augenbrauen zusammen.
»Was?« Er lauschte. »Ich höre nichts.«
»Es hörte sich an, als ob die Haustür zugefallen ist.«
»Aber die war doch gar nicht offen?« Jochen lauschte in Richtung Wohnzimmer. »Vielleicht ist ja Ihr Mann zurück?«
Liane antwortete nicht, sondern stellte ihr Glas ab und lief in die Diele. Nichts hatte sich verändert, alles war wie vorher. Ich werde noch paranoid, dachte sie. Wahrscheinlich wäre es gut, wenn sie morgen wieder ins Büro gehen würde, das brächte sie auf andere Gedanken.
»War was?«, wollte Jochen wissen. »Soll ich mal nachschauen?«
»Nein.« Liane winkte ab. »Ich habe mich getäuscht. Dachte, ich hätte die Tür gehört, aber es war wohl nur der Korken einer Weinflasche …« Sie deutete nach unten, wo noch immer dichtes Treiben herrschte.
Sie setzten sich beide, und Liane stellte ihr Glas ab. »Also«, begann sie, »um aufs Thema zurückzukommen, wie ist es mit Romantik und Sex bei Männern? Und wieso glauben Sie, dass das Prickeln etwas mit Fremdgehen zu tun hat?«
»Weil«, sagte er und beugte sich über die runde Tischplatte leicht zu ihr hinüber, »weil Verbotenes prickelt. Wie beim Kirschenstehlen von Nachbars Baum.«
»Aber ich könnte mich doch auch verlieben, ohne etwas Verbotenes zu tun. Jetzt, beispielsweise, in Sie.«
»Ah?« Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. »Das hat aber lange gedauert. Normalerweise geht das schneller!«
Liane musste lachen. »Okay, gut. Ich quäle Sie nicht damit, bleiben wir beim Fall x. Da sitzen nun also eine Frau und ein Mann auf einem Balkon, sind sich nicht unangenehm, denn sonst würden sie dort nicht sitzen, und reden über Sex. Wie hört sich das an?«
Jetzt lachte er auch. »Seltsam, ich gebe es zu.«
»Noch mal die Frage: Sind Sie liiert?«
»Ich hatte eine heiße Liebesaffäre, ganz kurz nur, aber ich habe es ihr erzählt, weil ich das nicht zwischen uns stehen lassen wollte.«
»Und?«
»Ja, das war’s dann …«
»Dabei
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